Sportlich top und wirtschaftlich ein Flop
Die Olympischen Spiele bringen der Wirtschaft Grossbritanniens nicht den erhofften Aufschwung. Im Gegenteil: Die Touristen bleiben aus. Einen Politiker jedoch katapultiert das sportliche Grossereignis in den Umfragehimmel.

Die Stadien in London sind vollbesetzt und die Zuschauer jubeln über jede britische Medaille bei den Olympischen Spielen. Doch auch wenn die britischen Fans viel Grund zur Freude haben, bringt das sportliche Grossereignis der Wirtschaft des Landes nicht den erhofften Aufschwung. «Alle Anzeichen deuten darauf hin, dass die Olympischen Spiele nicht mehr Besucher nach London und Grossbritannien gebracht haben», sagt die Leiterin des Tourismusverbandes UK-Inbound, Mary Rance. Es könnte sogar sein, dass die Besucherzahlen um rund ein Drittel zurückgehen.
Immerhin hätten die Hotels ihre Preise senken müssen und zahlreiche Läden, Restaurants und Theater einen deutlichen Einbruch verzeichnet, sagt Rance. Ein Teil der Touristen, die normalerweise nach London kommen, scheint die britische Hauptstadt dieses Jahr wegen Olympia zu meiden. Die Urlauber fürchten wohl volle U-Bahnen und saftige Preise und weichen auf andere Ziele aus. Auch der Verkauf von Maskottchen, Fahnen und Bier brachte nicht den erwarteten Kick für den Handel.
Der britische Einzelhandelsverband BRC meldete im Juli ein Verkaufsplus von 0,1 Prozent. Die ersten Wettkampftage am Monatsende glichen also nicht die mangelnde Kauflaune der Briten aus, die durch Rezession und Sparprogramm der Regierung weniger Geld ausgeben. Das grösste Plus für die Wirtschaft waren bereits vor Beginn der Spiele die Ausgaben für neue Stadien und Zugstrecken. 9,3 Milliarden Pfund (11,8 Milliarden Euro) stellte die Regierung für das Grossereignis bereit.
Werbung für Unternehmen
«Wir erwarten im besten Fall einen kleinen Beitrag zum Wachstum durch den Kartenverkauf und die Übertragungsrechte», sagte der Chefökonom der Bank von England, Spencer Dale, vergangene Woche. Die Wachstumsperspektive für dieses Jahr bleibe bei Null, auch wenn das Bruttoinlandsprodukt im dritten Quartal laut Experten um 0,3 Prozent wachsen dürfte.
Der Regierung bleibt also nur die Hoffnung, dass die Spiele die Wirtschaft langfristig ankurbeln. Premierminister David Cameron rechnet innerhalb von vier Jahren mit Einnahmen von 13 Milliarden Pfund, von denen sechs Milliarden durch ausländische Investitionen kommen sollen.
Slavena Nazarova von der Crédit Agricole Corporate and Investment Bank aber hält diese Zahl für «etwas übertrieben». Doch auch wenn die Prognose von Cameron stimmt, trägt sie in den kommenden vier Jahren jährlich nur 0,2 Punkte zum Wachstum bei. Das reicht nicht, um die Folgen der Sparpolitik und der Eurokrise abzumildern.
Die Regierung nutzt die Wettkämpfe deshalb auch, um für britische Unternehmen Werbung zu machen. Dazu diente beispielsweise das Treffen von Cameron mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin bei den Judo-Wettkämpfen, die Putin als begeisterter Judoka besuchte. Ob aber der britische Ölkonzern BP, dessen Russland-Geschäft in Schwierigkeiten steckt, von solchen Begegnungen am Rande der Judo-Matte profitiert, ist fraglich.
Johnson im Umfragehimmel
Einen jedoch katapultierten die olympischen Spiele in den Umfragehimmel: Londons Bürgermeister Boris Johnson. Einer landesweiten Erhebung zufolge wünschen sich 71 Prozent der Briten den konservativen Politiker als Premierminister.
Das Wettunternehmen Ladbrokes, das die Erhebung in Auftrag gab, bietet inzwischen Wetten an, dass der manchmal exzentrische Johnson in vier Jahren wiedergewählt und vor dem Jahr 2030 Regierungschef sein wird.
Der 48-jährige Johnson, der bis 2008 dem Unterhaus angehörte, bestreitet ein Streben nach höheren politischen Ämtern. Eher werde er von einer Frisbeescheibe enthauptet, als dass er Nachfolger von Premierminister David Cameron werde.
«Wer wählt schon einen Narren, der in einer Seilrutsche hängenbleibt?», spielte Johnson auf einen Zwischenfall in der vergangenen Woche an. Dabei hing er mehrere Minuten in der 46 Meter hohen Rutsche fest und schwenkte unverdrossen den Union Jack.
AFP/sda/kle
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