Staatsanleihen für die gesamte Eurozone: Deshalb blockt Merkel ab
Italien drängelt, andere Länder auch. Deutschlands Bundesregierung aber wehrt sich gegen die Einführung von europäischen Staatsanleihen. Für die Zurückhaltung gibt es zwei Gründe.

In der aktuellen Debatte um die Schuldenkrise europäischer Staaten werden immer wieder Eurobonds als Ausweg bezeichnet. Das wären Staatsanleihen für die gesamte Eurozone. Sie dürften auch beim morgigen Gipfel von Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy in Paris besprochen werden.
Im vergangenen Jahr hatte Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker schon Eurobonds vorgeschlagen. Verlangt hat sie jüngst auch der Wirtschaftsweise Peter Bofinger, der die deutsche Bundesregierung berät. Doch die blockte den Vorschlag bislang immer ab. Noch am Wochenende erklärte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble im «Spiegel», es gebe keine Vergemeinschaftung von Schulden und «keinen unbegrenzten Beistand». Auf die Frage nach Aussetzung von Hilfen, wenn betroffene Länder die Bedingungen nicht ausreichend erfüllten, sagte Schäuble: «Es gibt keine Rettung um jeden Preis.» Warum eigentlich ist Schäuble so unnachgiebig? Dafür gibt es zwei Gründe.
Sorgen um höhere Zinsen
Erstens würden die Zinsen für Euro-Anleihen vermutlich höher liegen als für Bundesanleihen. Es würde für Deutschland daher teurer, sich zu verschulden. Am Montag lagen zehnjährige Bundesanleihen nur noch bei 2,34 Prozent. Sie waren damit die billigsten in Europa. Da die Euro-Anleihen aber für alle Staaten und ihre Risiken insgesamt gelten würden, wären ihre Zinsen vermutlich höher. Italien lag am Montag bei 5,02 Prozent, Spanien bei 4,99 Prozent.
So verschuldete sich der Euro-Rettungsschirm EFSF Mitte Juni mit 3,49 Prozent auf zehn Jahre für Portugal. Das waren immerhin 1,15 Prozentpunkte mehr als die derzeitigen deutschen Zinsen. Obwohl der EFSF mit den Bürgschaften der top-bewerteten Länder im Rücken das Geld aufnimmt, also auch mit den Garantien Deutschlands. Abwägen muss die Bundesregierung also, ob höhere Zinskosten nicht doch eine gute Investition sind, um das Auseinanderbrechen der Euro-Zone zu verhindern.
Denkbar ist auch, dass nicht die gesamten Schulden eines Landes über Eurobonds finanziert werden. Damit könnte Deutschland zum Beispiel für einen Teil seiner Schulden weiter niedrigere Zinsen bezahlen. Auch verliert das Zinsargument in Zukunft an Kraft. Denn die Schuldenbremse soll die deutsche Neuverschuldung in wenigen Jahren Richtung null drücken. Nur für Altschulden, die dann hoffentlich auch abschmelzen, könnte das Zinsargument dann noch gelten, wenn sie verlängert werden.
Schuldenbremse soll deutsche Neuverschuldung drücken
Das zweite Argument der Bundesregierung gegen die Euro-Anleihen ist aber die Haftung. Bei den Rettungsschirmen EFSF oder ESM haftet Deutschland nur für seinen eigenen Anteil an den Bürgschaften und Kapitaleinlagen. Der ist mit gut einem Viertel zwar gross, aber nicht völlig unüberschaubar.
Bei Eurobonds hingegen gäbe es eine gesamtschuldnerische Haftung. Das heisst die Haftung eines jedes einzelnen Landes für die gesamte Summe. Das ähnelt dem Hauskauf durch ein Ehepaar, wo jeder der Partner für die Schulden des anderen voll einspringen muss. Damit würde bei einem Ausfall eines Schuldners Deutschland vollständig haften. Allerdings träfe dies auch auf jedes andere Land zu.
Skepsis im Bundestag
Es erscheint aber politisch unwahrscheinlich, dass der Bundestag einer solchen Regelung zustimmen würde. Denn schon die gegenwärtigen Haftungssummen bereiten den Regierungsparteien erhebliche Kopfschmerzen. Der deutsche Bundestagspräsident Norbert Lammert zum Beispiel verlangt bei den anstehenden Beschlüssen zur Ausweitung des Euro-Rettungsschirms eine umfassende Beteiligung des Parlaments. Die Regierung könne «ohne Zustimmung des Bundestages nichts zusagen, was auch nur einen Cent kostet», sagte er der «Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung».
Skeptisch äusserte sich Lammert auch zum Fahrplan der Koalition, der eine Beschlussfassung von Bundestag und Bundesrat bis 23. September vorsieht. «Wie viel Beratungsbedarf wir haben, das entscheidet der Bundestag selbst», sagte Lammert. Im Klartext: Das Parlament will sich nicht unter Zeitdruck setzen lassen, egal, ob die Finanzmärkte in Minuten über das Wohl und Wehe von Nationen entscheiden.
dapd/jak
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