Staatsanwaltschaft stellt Blochers Immunität in Frage
Morgen wird sich die Immunitätskommission mit Christoph Blocher befassen müssen. Die Staatsanwaltschaft hat ein entsprechendes Gesuch eingereicht. Gleichzeitig wird auch SVP-Nationalrat Mörgeli aktiv.
Die neu geschaffene Immunitätskommission des Nationalrats trifft sich am Mittwoch zur ersten ordentlichen Sitzung. Und schon hat sie einen brisanten Fall auf der Traktandenliste. Ein Entscheid über die Immunität von Nationalrat Christoph Blocher (SVP/ZH) wird aber nicht fallen.
Dies sagte Kommissionspräsident Heinz Brand (SVP/GR) am Dienstag der Nachrichtenagentur sda. Dagegen spricht schon das Verfahren: Das Parlamentsgesetz sieht vor, dass das betroffene Ratsmitglied vor einem Entscheid angehört wird. Ohnehin müsse die Kommission zuerst grundlegende Prinzipien der Arbeitsweise klären, sagte Brand. Entschieden werden könnte daher allenfalls, ob und wann ein Hearing mit Blocher durchgeführt wird.
Gesuch eingereicht
Das für das Immunitätsverfahren nötige Gesuch hat die Zürcher Staatsanwaltschaft am Dienstagnachmittag eingereicht. Sie beantragt der Immunitätskommission festzustellen, dass sich im Zusammenhang mit dem Verfahren wegen Verletzung des Bankgeheimnisses für Blocher die Frage der Immunität nicht stellt. Falls doch, sei die Immunität aufzuheben.
Blocher seinerseits stellt sich auf den Standpunkt, dass seine Beteiligung an der Weitergabe von Bankunterlagen des ehemaligen Nationalbankpräsidenten Philipp Hildebrand von der parlamentarischen Immunität gedeckt ist. Seiner Ansicht nach war auch die vor einer Woche durchgeführte Hausdurchsuchung bei Blocher illegal, weil sie ohne Einwilligung der Ratspräsidien erfolgte.
Dagegen reichte Blochers Anwalt Walter Hagger Beschwerde beim Zürcher Obergericht ein. Im Parlamentsgesetz sei festgehalten, dass die Ermächtigung durch den Parlamentspräsidenten nötig sei, um Zwangsmassnahmen wie eine Hausdurchsuchung durchzuführen, sagte er am Dienstag zu einer Meldung der «Neuen Zürcher Zeitung».
Immunität eingeschränkt
Anderer Meinung ist Strafrechtsprofessor und Nationalrat Daniel Jositsch (SP/ZH), der als Mitglied der Subkommission an der Revision der Immunitätsbestimmungen mitgearbeitet hat. Wie die Parlamentsdienste ist auch er der Auffassung, dass es für eine Hausdurchsuchung die Zustimmung der Ratspräsidien nur dann braucht, wenn der betroffene Parlamentarier durch Immunität geschützt ist.
Wenn Blocher keine Immunität geniesst, wie die Zürcher Staatsanwaltschaft geltend macht, waren demnach weder die Aufhebung der Immunität noch eine Ermächtigung der Ratspräsidien nötig. Die Justizbehörden verzichteten folgerichtig darauf, vorgängig entsprechende Anträge zu stellen.
Jositsch stützt diese Auffassung. Nach seinen Angaben war das Ziel der Revision, die relative Immunität wenn schon nicht ganz abzuschaffen, so doch stark einzuschränken. Sie sollte nur gelten, wenn ein Mitglied des Parlaments Aussagen in unmittelbarem Zusammenhang mit der amtlichen Stellung oder Tätigkeit macht.
Nur bei eigenen Geschäften
Laut Jositsch bedeutet dies, dass nicht jeder beliebige Zusammenhang mit der parlamentarischen Tätigkeit von der Bestimmung erfasst ist, sondern nur jene Geschäfte, die das betreffende Ratsmitglied vertritt. Weil Blocher die Bankunterlagen Hildebrands schon vor seiner Vereidigung entgegengenommen hat, ist darüber hinaus umstritten, ob er zum Zeitpunkt der Tat überhaupt schon Nationalrat war.
All diese Fragen werden die Immunitätskommission des Nationalrats sowie die Rechtskommission des Ständerats nun klären müssen - wohl nicht ausschliesslich aufgrund juristischer Überlegungen. Nach Auskunft von Brand könnte es mehrere Wochen dauern, bis der Entscheid über Blochers Immunität gefallen ist.
Mörgeli legt Aufsichtsbeschwerde ein
Christoph Mörgeli hat derweil einen Anwalt damit beauftragt, die Aufsichtsbeschwerde vorzubereiten, sagt der SVP-Nationalrat auf Anfrage der sda. Er bestätigte damit eine entsprechende Meldung, die «Der Sonntag» auf seiner Website aufschaltete. Die Beschwerde laute auf «Verfehlungen im Amt», sagte Mörgeli weiter. Der SVP-Nationalrat ist mit der Erklärung, die Bürgisser am Montag auf der Website der Oberstaatsanwaltschaft aufschaltete, alles andere als zufrieden. «Das war ungenügend.»
Bürgisser räumte in dieser Mitteilung zwar ein, an diesem Abend im Pub über das Thema Nationalbank gesprochen zu haben. Er habe aber keinerlei Fakten erwähnt, die nicht bereits in den Medien veröffentlicht worden seien. Zudem habe er auch nichts gesagt, was unter «üble Nachrede» fallen würde, etwa dass die SVP zusammenbreche, wenn Blocher stürze. Dies entspreche absolut nicht seiner Ausdrucksweise und «wäre auch Unsinn», schrieb Bürgisser.
Belauscht wurde Bürgisser an diesem Abend ausgerechnet vom Zürcher SVP-Kantonsrat Claudio Schmid. Dieser ist selber kein unbeschriebenes Blatt in der Affäre um den ehemaligen Nationalbankpräsidenten Philipp Hildebrand. Gegen ihn läuft wegen der mutmasslichen Weitergabe der gestohlenen Bankdaten ein Strafverfahren wegen Verletzung des Bankgeheimnisses.
SDA/jak
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