Übergangslösung in WinterthurStadt will Flüchtlinge unter Mattenbach-Schule einquartieren
Die Stadt Winterthur macht die Zivilschutzanlage Mattenbach als provisorische Unterkunft bereit. Damit reagiert man auf die steigende Zahl der Ukraine-Flüchtlinge.

Die Stadt Winterthur bereitet sich darauf vor, eine weitere Unterkunft für eine grössere Zahl an Geflüchteten aus der Ukraine zu eröffnen. Wie die Stadt am Mittwoch mitteilte, wurde deshalb die Zivilschutzanlage Mattenbach vollständig eingerichtet. Sie kann innert weniger Tage in Betrieb genommen werden.
In der Zivilschutzanlage unter dem Schulhaus Mattenbach könnten demnach ungefähr 80 erwachsene, nicht vulnerable Personen übergangsmässig untergebracht werden. Sprich: keine Kinder, tendenziell Männer. Die Zivilschutzanlage Mattenbach wurde bereits während der Fluchtbewegung 2015 genutzt, und zwar während eines halben Jahres.
Schulbetrieb läuft weiter
Da die Situation momentan sehr volatil sei, stehe noch kein Bezugsdatum fest, teilt die Stadt weiter mit. Falls die Zivilschutzanlage Mattenbach definitiv genutzt wird, werden die Anwohnenden und die Eltern der Schülerinnen und Schüler des Schulhauses Mattenbach vorab informiert. Der Schulbetrieb soll normal weitergeführt werden.
Die Unterkunft soll rund um die Uhr betreut werden. Dies primär durch städtische Mitarbeitende der Wohnhilfe, bei Bedarf unterstützt durch die Firmen ORS und Securitas. Die Stadt betont, dass eine Zivilschutzanlage keine optimale Lösung für geflüchtete Menschen sei. Deshalb sind Beschäftigungsmöglichkeiten und Tagesstrukturen ausserhalb der Unterkunft vorgesehen.
Adlergarten und Teuchelweiher füllen sich
Verpflegt würden die Bewohnenden im Fall einer Inbetriebnahme in der etwa einen Kilometer entfernten Mehrzweckanlage Teuchelweiher. Dort stellt die Stadt 150 Plätze bereit, von denen um die 120 belegt sind. Im ehemaligen Personalhaus des Alterszentrums Adlergarten sind von 100 Plätzen derzeit 75 belegt. Zurzeit sind bei den Sozialen Diensten Winterthur 1068 Geflüchtete und Asylsuchende gemeldet, davon 659 aus der Ukraine.

Für Daniel Knöpfli, Bereichsleiter Soziale Dienste bei der Stadt Winterthur, ist klar dass die Zivilschutzunterkunft Mattenbach nur eine Übergangslösung sein kann – Ziel sei immer, die rasche Unterbringung in Wohnungen. «Am liebsten wäre uns, wir müssten die Zivilschutzanlage Mattenbach gar nie eröffnen.» Es gehe aber darum, rasch reagieren zu können, wenn kurzfristig grössere Gruppen ankommen. Die Suche nach geeigneten oberirdischen Unterkünften sei im Gang. Angebote und Hinweise nimmt die Wohnhilfe der Stadt entgegen: wohnhilfe@win.ch.

Winterthur und Zürich kritisieren den Bund
In ihrer Mitteilung zum Mattenbach kritisiert die Stadt: «Der Bund leistet in der aktuellen Situation keinen wesentlichen Anteil an die Erstunterbringung der Geflüchteten aus der Ukraine.» Er delegiere diese Aufgabe – und die damit verbundenen Risiken bezüglich Planung und Finanzierung – praktisch vollständig an die Städte, Gemeinden und Kantone. «Das Departement Soziales bedauert, dass voraussichtlich unterirdische Unterkünfte in Betrieb genommen werden müssen, obwohl die Bundesasylzentren nicht ausgelastet sind», heisst es weiter.
Die Stadt Zürich teilt laut Heike Isselhorst, Leiterin Kommunikation des Sozialdepartements, die Einschätzung von Winterthur. «Die Stadt Zürich wäre ebenfalls froh, wenn der Bund einen Teil des Risikos übernehmen und die Geflüchteten länger in seinen Strukturen behalten würde», schreibt Isselhorst auf Anfrage.
Hinsichtlich der vielen Geflüchteten in privaten Unterkünften bestünden zudem grosse Unsicherheiten, weil nicht absehbar sei, wie lange die Menschen in den Gastfamilien bleiben könnten.
Neu sieben Tage länger im Bundesasylzentrum
Auf Bundesebene hat der Sonderstab Asyl (Sonas) am Mittwoch einen Entscheid gefällt, der den Städten und Gemeinden entgegenkommen dürfte. «Geflüchtete aus der Ukraine bleiben bis auf Weiteres sieben Tage länger als bisher in den Bundesasylzentren, wenn sie sich registrieren lassen», sagt Daniel Bach, der Leiter Information und Kommunikation des Staatssekretariats für Migration (SEM) auf Anfrage. Das gelte für jene Menschen, die noch nicht über eine private Unterkunft verfügten. Bis anhin seien diese meist nur zwei bis drei Nächte im Bundesasylzentrum geblieben.
«So können wir die Strukturen der Kantone und Gemeinden, die zurzeit sehr stark belastet sind, etwas entlasten», sagt Bach. Möglich sei das, weil der Bund die Zahl der Betten in den Bundesasylzentren von regulär 5000 auf 9000 aufgestockt habe. Rund 5000 Betten sind laut Bach in Moment frei.
Auf eine gewisse Reserve sei der Bund aber angewiesen, da sich täglich nach wie vor mehrere Hundert Personen aus der Ukraine meldeten, die untergebracht werden müssten.
«Es ist explizit vorgesehen, Menschen mit Schutzstatus S rasch den Kantonen zuzuweisen», sagt Bach. So wolle man verhindern, dass die Asylstrukturen des Bundes innert kürzester Zeit überlastet würden. Immerhin nehme der Bund – die Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine ausgenommen – pro Monat zusätzlich 1500 bis 2000 Asylsuchende auf, die er unterbringen müsse.
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