Ständerat baut auf Zivilschutzkeller
Auch private Hausbesitzer sollen weiterhin Schutzräume bauen müssen. So will es der Ständerat. Ueli Maurer begrüsst den Entscheid. Er warnte vor mehreren Ländern, die Atomwaffen herstellen.

Im Gegensatz zum Nationalrat will der Ständerat an der Schutzraumpflicht für private Hauseigentümer festhalten. Mit 27 zu 12 Stimmen hat er sich am Dienstag dafür ausgesprochen.
Der Nationalrat hatte im März - zwei Tage vor der Katastrophe in Fukushima - beschlossen, die Baupflicht für Private ganz abzuschaffen. Damit ging er weiter als der Bundesrat, der vorgeschlagen hatte, die Baupflicht dort aufzuheben, wo bereits genügend Plätze vorhanden sind.
«Rückzug in alte Zeiten»
Die Diskussion in der kleinen Kammer drehte sich heute weitgehend darum, ob Schutzräume die Schweizer Bevölkerung gegen potenzielle Gefahren im 21. Jahrhundert schützen können oder ob sie ein Relikt aus der Zeit des Kalten Kriegs sind.
This Jenny (SVP/GL) sprach von einem «Rückzug in alte Zeiten, die wir offenbar herbeisehen». Und Claude Hêche (SP/JU) stellte fest, man sei «nicht mehr im kalten Krieg» - er warf die Frage auf, ob man heute die Bevölkerung nicht eher in sichere Gebiete evakuieren als sie in Schutzräumen einschliessen müsste.
Bruno Frick (CVP/SZ) entgegnete, es handle sich keineswegs um «heimelige Zivilschutzromantik», denn es gebe auch heute «Risiken, die wir nicht abschätzen können». Verteidigungsminister Ueli Maurer benannte mögliche Gefahren. Die Zahl der Länder, die Atomwaffen herstellen, werde immer grösser, sagte Maurer. Er wolle nicht den Teufel an die Wand malen, «doch die Risiken bestehen». Mittelstreckenraketen könnten auch die Schweiz treffen.
12 Milliarden für Bunker
Nach dem Willen von Bundesrat und Ständerat sollen Schutzräume künftig in grösseren Überbauungen ab 38 Zimmern erstellt werden. Bisher gilt die Schutzraumpflicht bereits ab acht Zimmern. Für kleinere Bauten mussten reduzierte Ersatzabgaben bezahlt werden. Pro Schutzplatz sollen es neu nur noch 400 bis 800 Franken statt wie bisher rund 1500 Franken sein.
Die Schweiz hat aktuell rund 8,6 Millionen Schutzplätze. Die Investitionen in die Räume belaufen sich gemäss Bundesrat auf rund 12 Milliarden Franken. Laut Bundesrat Maurer ist der Bevölkerungsschutz mit diesen bestehenden Anlagen gewährleistet. «Endgültig verloren» wären die Milliarden laut René Imoberdorf (CVP/ VS) hingegen, wenn die Schutzraumpflicht abgeschafft würde.
Material: Kantone müssen doch nicht zahlen
In einem anderen Punkt hat der Ständerat zurückbuchstabiert: Er ist seiner Kommission gefolgt und hat im Gegensatz zum Nationalrat den Passus gestrichen, der neu die Kantone statt den Bund dazu verpflichten wollte, Einsatzmaterial und Ausrüstung der Zivilschützer zu bezahlen.
Auch Ueli Maurer war damit einverstanden. Dieser Punkt werde noch für Diskussionen sorgen, sagte er - es sei klug, diese Frage zuerst mit den Kantonen zu verhandeln und allenfalls erst in einer nächsten Revision zu regeln.
Keine Chance hatte ein Minderheitsantrag, der Zivilschützer bereits mit 30 Jahren statt mit 40 aus dem Dienst entlassen wollte. Roberto Zanetti (SP/SO) versprach sich davon eine junge, «kecke Truppe». Bundesrat Maurer dagegen warnte erfolgreich vor einem Mangel an Zivilschützern in den Gebirgskantonen.
Die Revision des Bevölkerungs- und Zivilschutzgesetzes, die der Ständerat mit 29 zu 0 Stimmen bei 7 Enthaltungen gutgeheissen hat, geht nun zurück an den Nationalrat.
Weiter hat der Ständerat folgende Geschäfte beraten:
Nachrichtendienst: Der Ständerat hat Änderungen des Gesetzes über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (BWIS) einstimmig gutgeheissen. Über die umstrittene präventive Überwachung werden die Räte erst später entscheiden. Die Räte hatten das Gesetz vor zwei Jahren zurückgewiesen, weil ihnen der «Lauschangriff» zu weit ging. Nächstes Jahr will der Bundesrat einen neuen Anlauf nehmen. In der Zwischenzeit legte er aber dem Parlament die unumstrittenen Punkte vor - das «dringend Nötige», wie Verteidigungsminister Ueli Maurer sagte. Geregelt werden im Gesetz unter anderem die Entschädigung von Informanten und die Verleihung von Tarnidentitäten. Die Vorlage geht an den Nationalrat.
Immunität: Bundesratsmitglieder sollen bei Delikten ohne Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit auch in Zukunft vor Strafverfolgung geschützt sein. Anders als der Nationalrat möchte der Ständerat die geltende Regel beibehalten. Gemäss dem geltenden Recht kann gegen amtierende Bundesratsmitglieder nur dann ein Strafverfahren eingeleitet werden, wenn diese selbst oder der Gesamtbundesrat zustimmen. Der Nationalrat sprach sich bei der Revision der Immunitätsbestimmungen dafür aus, dies zu ändern. Der Ständerat dagegen hat beschlossen, daran festzuhalten. Er folgte damit dem Antrag des Bundesrats.
Schulsport: Der Streit um drei Turnstunden pro Woche ist auch nach der dritten Runde nicht beendet. Der Ständerat hat darauf beharrt, dass die Kantone und nicht der Bund die Mindestzahl der Sportlektionen an der Volksschule festlegen. National- und Ständerat streiten darüber, ob der Bund den Kantonen in dieser Frage Vorschriften machen darf, oder ob es sich dabei um einen Eingriff in föderalistische Prinzipien handelt. Sportminister Ueli Maurer warnte davor, das Sportförderungsgesetz an dieser einen Frage scheitern zu lassen. Nun muss die Einigungskonferenz eine Lösung suchen.
Ombudsmann: Angehörige der Armee sollen sich künftig an einen Ombudsmann wenden können. Der Ständerat hat sich dafür ausgesprochen, eine solche Stelle zu schaffen. Er hiess mit 13 zu 12 Stimmen eine Motion von Paul Niederberger (CVP/NW) gut. Der Bundesrat stellt sich nicht grundsätzlich gegen einen Truppenombudsmann. Er möchte aber erst später entscheiden. Vor allem möchte der Bundesrat noch nicht festlegen, welchen militärischen Grad der Ombudsmann bekleiden soll, wie Verteidigungsminister Ueli Maurer sagte. Er werde eine entsprechende Änderung der Motion im Nationalrat beantragen, kündigte Maurer an. Niederberger, der einen Brigadier als Ombudsmann gefordert hatte, zeigte sich damit einverstanden.
Auslandschweizer: Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer sollen künftig einfacher wählen und abstimmen können. Der Ständerat hat eine parlamentarische Initiative von Thérèse Meyer (CVP/FR) einstimmig angenommen. Neu soll die Wiederanmeldung im Stimmregister automatisch erfolgen, wenn Auslandschweizer an einem eidgenössischen Urnengang teilnehmen. Bisher müssen sie alle vier Jahre eine Wiederanmeldekarte persönlich unterzeichnen. Das Geschäft kann nun in die Schlussabstimmung.
Späte Ehre: 66 Jahre nach Beendigung des Zweiten Weltkriegs ehren Bundesrat und Parlament den Tessiner Oberst Mario Martinoni. Der Ständerat hat mit Einverständnis des Bundesrates eine Motion mit dieser Forderung angenommen. Der Bundesrat hatte sich schon im Zusammenhang mit einer anderen Motion zum Thema geäussert. Gebirgskommandant Martinoni verhinderte dank diplomatischen Geschicks die Invasion deutscher Truppen. Sein eigenmächtiges Handeln wurde damals aber nicht goutiert. Nun erfährt der Tessiner Oberst eine späte Rehabilitierung. Martinoni verstarb 1981 in seinem Haus in Minusio im Alter von 85 Jahren.
SDA/pbe
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