Statt Schutzklausel anrufen, auf Inländer setzen
Würde die Schweiz wegen der hohen Zuwanderung aus dem EU-Raum die Ventilklausel anrufen, brächte das laut Seco-Direktor Serge Gaillard wenig. Ausserdem verdrängten die Ausländer kaum Eingesessene.

Für Serge Gaillard, Direktor Arbeit beim Seco, wäre die Wirkung einer Ventilklausel auf die Zuwanderung ausländischer Arbeitskräfte in die Schweiz gering. Damit liesse sich die Einwanderung um ungefähr 4000 Personen verringern. Die Ventilklausel könnte voraussichtlich nur gegenüber den acht neuen EU-Mitgliedsstaaten in Osteuropa angewendet werden, sagte Gaillard der «Zentralschweiz am Sonntag» in einem Interview (Artikel online nicht verfügbar).
Firmen könnten dann problemlos auf Arbeitskräfte aus den südeuropäischen EU- Staaten ausweichen. 2011 hätten insgesamt 53'000 EU-Bürger eine fünfjährige Aufenthaltsbewilligung erhalten. «Die Wirkung der Ventilklausel wäre also gering.»
Inländer bevorzugen
Wichtiger als die Ventilklausel sei, dass die Unternehmen weiterhin zuerst im Inland rekrutierten, bevor sie Neuzuwanderer anstellen, «was sie weitgehend auch tun», betonte Gaillard. Zudem müssten die Firmen eng mit den regionalen Arbeitsvermittlungszentren zusammenarbeiten, um den Arbeitslosen eine Chance zu geben.
Zwar sei das Gefühl, dass die Personenfreizügigkeit zu einer Verdrängung der Inländer geführt habe, weit verbreitet. «Nur: Die Arbeitslosigkeit von Inländern ist tief.» In nur eineinhalb Jahren sei die Arbeitslosigkeit auf weniger als 3 Prozent gefallen. «Das sind gute Resultate, die gegen eine Verdrängung in grösserem Ausmass sprechen», sagte Gaillard weiter. Die Arbeitslosigkeit steige leicht, weil die europäische Wirtschaft stagniere und der Franken überbewertet sei.
Mit Ventilklausel gegen SVP-Volksinitiative?
Der Bundesrat dürfte diesen Frühling entscheiden, ob er die Zuwanderung der osteuropäischen EU-8-Staaten vorübergehend beschränken will. Laut Bundesrat Johann Schneider-Ammann sind die Voraussetzungen für die Anwendung der Ventilklausel gegeben. Sie könnte erstmals per 1. Mai aktiviert werden. Die Ventilklausel hatte die Schweiz mit der EU ausgehandelt, um im Fall eines ausserordentlichen Ansturms die Zuwanderung vorübergehend wieder beschränken zu können.
Verschiedene bürgerliche Politiker sehen in der Ventilklausel ein Mittel, um der SVP-Einwanderungsinitiative den Wind aus den Segeln zu nehmen. Mit dem Mitte Februar eingereichten Volksbegehren «gegen Masseneinwanderung» greift die SVP die heutige Personenfreizügigkeit frontal an. Diese soll durch die Wiedereinführung von Kontingenten ersetzt werden. Die Initiative verlangt eine Neuverhandlung und Anpassung des Personenfreizügigkeitsabkommens innerhalb von drei Jahren.
Die Frage, ob mit der Ventilklausel die Chancen der SVP- Initiative sinken, wollte Gaillard nicht beurteilen. Bedeutsam seien die flankierenden Massnahmen. Diese verhinderten, dass man ausländische Arbeitskräfte nur bevorzuge, weil sie tiefere Löhne akzeptierten.
Flankierende Massnahmen besser kontrollieren
Der Bundesrat hatte Mitte Januar signalisiert, dass er die flankierenden Massnahmen gezielter überprüfen wolle. So sollen beispielsweise die Kontrollen professionalisiert werden.
Er reagierte damit auf die Forderungen der nationalrätlichen Geschäftsprüfungskommission (GPK). Diese war im vergangenen Jahr zum Schluss gekommen, dass mit der Öffnung des Arbeitsmarktes die Löhne der Arbeitnehmenden in der Schweiz unter Druck geraten sind und forderte die Verbesserung der flankierenden Massnahmen.
SDA/rub
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