Staunen über den Dächern von Stockholm
Die schwedische Hauptstadt kann man jetzt auch von oben erleben – auf einer schwindelerregenden Tour über der Altstadt.

Hier oben gilt es aufzupassen. Über die Dächer von Stockholm führt ein schmaler Pfad von Aussichtspunkt zu Aussichtspunkt. Nur etwa 30 Zentimeter breit, 330 Meter lang. Ein Adrenalinkick in 43 Meter Höhe.
Ein toller Einfall der Leute des Unternehmens Takvandring, auf Deutsch: Dachwanderungen. Allerdings keine gute Idee für Menschen, die nicht schwindelfrei sind oder unter Höhenangst leiden.Denn zum Teil führt der schmale Steg direkt über die Dachfirste. Rechts und links geht es in die Tiefe, ein Geländer zum Festhalten fehlt. Aber Angst, ins Bodenlose zu fallen, braucht niemand zu haben. Damit zahlende Stockholm-von-oben-Gäste nicht abstürzen und schlechtes Image für die schwindelerregende Tour bringen, lassen die Takvandring-Guides sie ausgerüstet mit Schutzhelm und Klettergeschirr an einem Stahlseil laufen, das in einer Schiene nebenbei geführt wird. Das reduziert die Gefahr erheblich, erhöht das Sicherheitsgefühl und schmälert kein bisschen den Genuss, Stockholm von oben zu erleben. So gut hatte es seinerzeit «Karlsson vom Dach» nicht, der drollige Hauptdarsteller aus Astrid Lindgrens Kinderroman. Mit einem Propeller auf dem Rücken war er auf gesicherte Stege aber auch nicht angewiesen.
Stadtgeschichte als Gruselkabinett
Stockholm aus der Vogelperspektive – das kann jeder erleben, der sich auf das Dach des alten Reichstagsgebäudes auf der kleinen Insel Riddarholmen begibt. «In einer Stunde siehst Du von hier oben ziemlich viel. Wir starten beim Blick auf die Altstadt, der Gamla Stan, und kommen via Södermalm und Kungsholmen zum modernen «Citycenter», sagt Robin, einer der Dachführer von Takvandring. Ein guter Start für einen Aufenthalt in der Hauptstadt, die über Jahrhunderte hinweg von Schweden, Franzosen und Deutschen erbaut wurde. Dabei erfährt man eine Menge über die schwedische Metropole, die sich auf 14 Inseln im Mälarensee ausbreitet. Ein bisschen Stadtgeschichte, ein bisschen Gruselkabinett, ein bisschen Staatspolitik, ein bisschen Tratsch und Klatsch übers Königshaus. «Eigentlich schauen wir von hier oben auf 800 Jahre Geschichte», kündigt Robin an, nachdem er uns mit dem Lift aufs Dach gebracht hat. Start der Tour durch die Epochen ist die Mitte des 13. Jahrhunderts. Weiter geht es in die Zeit, als Schweden eine Supermacht in Europa war. Dann folgen die Industrialisierung des Landes und die 1960er- Jahre, als das moderne Stadtzentrum erbaut wurde. Winzig klein erscheinen die Autos und Menschen von hier oben.
In den Geschichten, die der Guide mit 360-Grad-Blick über die Metropole erzählt, geht es um Birger Jarl, den Gründer von Stockholm, der um 1250 die erste Festung zum Schutz vor den plündernden Wikingern errichten liess. Genau dort, wo heute die berühmte Altstadt mit den schmalen, engen Gassen liegt. «Übrigens ist ein Teil dessen, was wir hier sehen, auf den Müll des Mittelalters gebaut.» Es geht auch um die Mönche, die früher auf der Insel der Ritter, Riddarholmen lebten, die Königliche Familie, die dort temporär Quartier bezog und die Paläste des Adels, die dieser im 17. Jahrhundert auf dem Mini-Eiland errichten liess. Stadtväter mit ehrgeizigen Plänen tauchen auf. Die 18-stöckigen Hochhäuser, für die 400 Holzhäuser abgerissen wurden, gewinnen Konturen. Sie veränderten das Bild Stockholms.
Natürlich erzählt Robin auch von Alfred Nobel, dem Stifter des Nobel-Preises und Erfinder des Dynamits, der 1833 in Stockholm geboren wurde. Bei Experimenten mit Nitroglycerin kam es immer wieder zu verheerenden Explosionen und tödlichen Unfällen. Die Geschichten in luftiger Höhe unterhalten. Auch weil sich gleich nebenan und 43 Meter tiefer die Sonnenstrahlen im Wasser spiegeln, Boote friedlich Runden ziehen und die Türme der Riddarholmskyrkan, der königlichen Begräbniskirche, zum Anfassen nahe scheinen. Genauso wie ein seltsamer, goldener Vogel, der auf der Kirche thront und wie ein Mix aus Schwan und Gans aussieht. «Das sollte eigentlich ein Pelikan werden», schmunzelt Robin: «Den hatte sich König Gustav Adolf II auf seiner Begräbnisstätte gewünscht. Aber da Pelikane in Schweden nicht vorkommen und der Künstler keine Ahnung hatte, wie einer aussieht, kreierte er einfach einen besonders grossen Vogel.» Der begleitet nun die Nachfolger von Karlsson auf dem Dach auf der Wanderung, bei der immer wieder ein Stopp eingelegt werden muss, zum Schauen und Staunen. Die Reise wurde unterstützt von Visit Stockholm
Anreise: Flug mit Swiss oder SAS von Zürich nach Stockholm, www.swiss.com; www.sas.com
Reiseveranstalter: Stockholm-Arrangements beim Skandinavien-Spezialisten Kontiki, www.kontiki.ch
Übernachten: Miss Clara Hotel, in einem Art-Nouveau-Gebäude mit nettem Restaurant, DZ ab 140 Fr., www.missclarahotel.com
Rooftop-Führung: Dauer: etwa eine Stunde, 65 Fr. p.P.; www.takvandring.com
Allgemeine Infos:www.visitstockholm.com
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