Steckt al-Qaida hinter dem Angriff von Benghazi?
Nach dem Tod des US-Botschafters Chris Stevens vermutet ein Think Tank mit Sitz in London, dass der Diplomat einem al-Qaida-Angriff zum Opfer fiel.
Der bei den Protesten in Benghazi zu Tode gekommene US-Botschafter ist nach Aussage eines libyschen Arztes offenbar am Rauch erstickt. Chris Stevens sei alleine von einer Gruppe Libyern ins Krankenhaus gebracht worden, wo niemand von seiner Identität gewusst habe, sagte der Arzt Siad Abu Seid der Nachrichtenagentur AP. Der 52-Jährige sei bei seiner Ankunft nach Mitternacht praktisch tot gewesen. «Wir haben anderthalb Stunden versucht, ihn wiederzubeleben, allerdings ohne Erfolg», sagte Abu Seid. Stevens habe aufgrund des Erstickens auch eine Magenblutung erlitten, aber keine anderen Verletzungen, sagte der Mediziner.
Stevens kam ums Leben, als er mit einigen seiner Mitarbeiter versuchte, das Konsulat zu evakuieren. Zuvor war dieses von einem Mob angegriffen worden, der gegen einen mutmasslich islamfeindlichen Film demonstrierte.
Laut dem US-Sender «CNN» spekuliert der in London ansässige Think Tank Quilliam, dass Christ Stevens Opfer eines al-Qaida-Rachefeldzuges geworden ist. Der Diplomat sei aus Vergeltung für den Tod von al-Qaida-Vize Abu Yaya al-Libi umgebracht worden. Eine Gruppe von rund 20 Kämpfern habe den Angriff geplant und ausgeführt, will der Think Tank von Quellen in Benghazi erfahren haben.
Der Sender berichtet weiter, eine anonyme Quelle aus den US-Behörden bestätigte die Theorie. Die Demonstration sei lediglich als Ablenkungsmanöver benutzt worden.
Mohammed als Frauenheld
Bei einem Angriff auf das US-Konsulat in Benghazi sind in der Nacht auf Mittwoch der US-Botschafter und drei weitere Amerikaner getötet worden. Auch die US-Vertretung in Kairo wurde angegriffen. Die Proteste entzündeten sich an einem obskuren Film.
Im mit einfachen Mitteln produzierten Streifen wird der muslimische Prophet Mohammed unter anderem als Frauenheld dargestellt. Im Islam ist die Darstellung Gottes oder des Propheten Mohammed verboten. Hinter der Produktion mit dem Titel «Innocence of Muslims» (»Die Unschuld der Muslime») steht nach Informationen des «Wall Street Journal» der US-Bürger Sam Bacile. Er wolle zeigen, dass der Islam eine hasserfüllte Religion sei, zitierte das Blatt aus einem Interview. «Islam ist wie Krebs», sagte Bacile demnach.
Bereits Anfang Juli war eine 14-minütige Vorschau des Films auf dem Videoportal Youtube hochgeladen worden. Der «New York Times» zufolge erhielt der Trailer wenig Aufmerksamkeit, bis in der vergangenen Woche eine auf Arabisch übersetzte Version auftauchte.
Auch libysche Sicherheitskräfte getötet
Gemäss dem stellvertretenden libyschen Botschafter bei der UNO in New York sollen beim Angriff in Benghazi auch mehrere libysche Sicherheitsbeamte getötet worden sein. Zum Einsatz kamen beim Angriff Brandbomben und Panzerfäuste. Ein Grossteil des Konsulats brannte nieder.
Aktivisten und Politiker in Libyen zeigten sich entsetzt über die Gewalt. Der Präsident der Nationalversammlung, Mohammed al-Megarjef, entschuldigte sich im Namen des libyschen Volkes bei den USA. Regierungsvertreter machten Anhänger des 2011 getöteten Machthabers Muammar al-Ghadhafi für den Angriff verantwortlich.
«Ich verurteile die empörenden Attacken auf unsere diplomatische Einrichtung auf das Schärfste», erklärte US-Präsident Barack Obama. Die USA erteilten jedweder Erniedrigung religiöser Überzeugungen anderer eine Absage, sagte Obama weiter. Dennoch «müssen wir eindeutig jene Art von sinnloser Gewalt ablehnen, die das Leben dieser Staatsdiener gekostet hat».
Weitere Proteste erwartet
US-Aussenministerin Hillary Clinton zeigte sich besorgt, dass sich die Proteste auf andere Länder ausweiten könnten. So kam es am Mittwoch etwa zu Protesten vor der US-Botschaft in der tunesischen Hauptstadt Tunis. Etwa 50 Menschen versammelten sich vor dem Gebäude, einige von ihnen verbrannten US-Flaggen oder traten sie mit Füssen. Ein verstärktes Aufgebot an Sicherheitskräften hielt die Demonstranten aber von dem Botschaftsgebäude fern. Auch im Gazastreifen wurden US-Flaggen verbrannt und «Tod für Amerika» skandiert.
In Kairo hatte sich am Dienstagabend vor der US-Botschaft eine wütende Menschenmenge versammelt. Einige Demonstranten kletterten die Mauern der Botschaft hoch und rissen die US-Flagge herunter. Auf die Wand des Botschaftsgebäudes sprühten sie am Jahrestag der Terroranschläge vom 11. September 2001 den Namen Osama bin Laden.
Die ägyptische Muslimbruderschaft verurteilte die Angriffe. Wer gegen den Film auf die Strasse gehe, solle seinen Ärger friedlich zum Ausdruck bringen, erklärte die Organisation. Das Departement für Auswärtige Angelegenheiten (EDA) in Bern verurteilte die gewalttätigen Übergriffe ebenfalls mit Nachdruck.
Pastor provoziert erneut
Sam Bacile, der gegenüber dem «Wall Street Journal» sagte, er habe den zweistündigen Film im vergangenen Jahr in Kalifornien gedreht, ist nach US-Medienberichten inzwischen untergetaucht.
Mit dem Film wird auch Pastor Terry Jones aus Forida in Verbindung gebracht. Jones hatte im Frühling 2011 mit der Verbrennung des Korans blutige Proteste in der islamischen Welt ausgelöst. Der evangelikale Pastor kündigte laut US-Medien an, Ausschnitte des Films in seiner Kirche zeigen zu wollen.
SDA/kpn
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