Steinbrück holt zum Gegenschlag aus
Während einer Stunde stand SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück in der TV-Sendung von Günther Jauch Red und Antwort. Vorwürfe der Nähe zur Bankenlobby wies er als «absurd und dämlich» zurück.

SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück geht gegen Kritik an seinen Honoraren für Auftritte bei Banken, Firmen und Verbänden weiter in die Offensive. Nach mehreren Interviews suchte der ehemalige Finanzminister gestern Abend eine Stunde lang in der ARD-Sendung «Günther Jauch» die öffentliche Bühne zur Rechtfertigung. Vorwürfe der Nähe zur Bankenlobby wies er als «absurd und dämlich» zurück.
Am Wochenende hatte sich die Debatte über Steinbrücks Honorartätigkeiten noch verschärft. Absolute Transparenz forderten Vertreter anderer Parteien. Die Gesamtsumme von 600'000 Euro bis über eine Million Euro für über 80 Vorträge schwirrte im Raum. Steinbrück betonte, er habe sich immer an Recht und Gesetz gehalten. Er habe unabhängige Wirtschaftsprüfer gebeten, die Fakten zusammenzustellen.
Steinbrück will keine konkreten Summen nennen
Daten und Durchschnittshonorare will Steinbrück nennen, was schon weit über derzeitige Regeln hinausgeht, seinen Kritikern aber nicht reicht. Dass er nicht die konkreten Summen nennen will, begründet Steinbrück mit privatrechtlichen Verträgen, bei denen auch die Partner einer Veröffentlichung zustimmen müssten. Im Übrigen habe er fast immer dasselbe Honorar genommen. Es sei nur manchmal nach unten und in ein oder zwei Fällen nach oben abgewichen.
Steinbrück forderte seine Kritiker zugleich auf, schärferen Transparenzregeln zuzustimmen. Er wäre dazu bereit und sei sehr gespannt, wie jene Parteien reagierten, die bisher gegen neue Richtlinien seien und diese Debatte gegen ihn losgetreten hätten. Verständnis äusserte der ehemalige Finanzminister, wenn sich Geringverdiener über die Höhe von Honoraren für Vorträge wunderten. Es gebe jedoch Nachfrage und Neugier für seine Beiträge.
Respektvoller Umgang mit Merkel im Wahlkampf
Steinbrück will Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit Respekt begegnen. Er schlug in der ARD-Sendung einen «Wahlkampfkodex» für einen fairen Wahlkampf vor. Zugleich warf der Herausforderer der Kanzlerin Wankelmut in der Europapolitik und das Fehlen eines Kompasses für den gesellschaftlichen Zusammenhalt vor. Spekulationen über eine Neuauflage der grossen Koalition, der Merkel und Steinbrück bis 2009 zusammen angehörten, wollte der SPD-Kandidat nicht anstellen. Er beschäftige sich nicht damit und wolle für eine Maximierung der SPD-Stimmenanteile sorgen. Da es für eine Alleinregierung der Sozialdemokraten nicht reiche, setze er auf Rot-Grün.
Präsentation des Wahlkampfteams steht an
In vier bis acht Wochen will Steinbrück sein Wahlkampfteam präsentieren, in das er auch eigene Leute seines Vertrauens mitbringen will. Abbitte tat Steinbrück gegenüber SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles, der er sinngemäss erklärt hatte, dass er sie nicht brauche. Die Äusserung tue ihm leid und er entschuldige sich dafür, sagte Steinbrück. Der Wahlkampf werde geführt mit und im Willy-Brandt-Haus. Dabei spiele die Generalsekretärin der Partei die Rolle, die ihr zustehe.
Sollte die SPD an die Regierung kommen, will sie nach Aussage Steinbrücks partiell auch die Steuern erhöhen. Der Spitzensteuersatz sollte von derzeit 42 Prozent (für Zahler der Reichensteuer 45 Prozent) auf dann 49 Prozent erhöht werden. Auch die Kapitaleinkünfte will Steinbrück stärker besteuern. Dabei müsse aber ein geeigneter Weg gefunden werden, dass Vermögen von Familienunternehmen nicht betroffen seien.
Familie von Kanzlerkandidatur «nicht sehr begeistert»
Seine Familie sei von seiner Kandidatur «nicht sehr begeistert», räumte Steinbrück weiter ein. Er möchte gern die Privatheit seiner Familie weiter schützen und hoffe, dass dies respektiert werde. Er würde hier gern Merkel «kopieren», die Privates weitgehend aus der Öffentlichkeit heraushält.
Sollte es für Steinbrück mit der Kanzlerschaft klappen, will er die Eidesformel mit dem Zusatz «so wahr mir Gott helfe» sprechen. Er sei nach Jahrzehnten vor einigen Jahren wieder in die Kirche eingetreten, weil sie karitativ wichtige Aufgaben wahrnehme. Er sei gläubig in dem Sinne, dass Gott als Prinzip für ein friedliches Zusammenleben gesehen werde.
dapd/mrs
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch