«Steinmeier hatte mehrmals die Chance, mich rauszuholen»
Weil ihn die USA für einen Terroristen hielten, wurde Murat Kurnaz jahrelang in Guantánamo festgehalten und gefoltert – doch die deutsche Regierung unternahm offenbar nichts.
Als Murat Kurnaz – auch bekannt als der Bremer Taliban – am 24. August 2006 im Flugzeug nach Deutschland sass, blickte er auf fünf Jahre Haft in Afghanistan und auf Kuba zurück. Laut einem Bericht von Sueddeutsche.de wurde der heute 29-Jährige dort in Drahtkäfigen gefangen gehalten und auf unterschiedlichste Weise gefoltert.
Der Grund: Die USA hielten Kurnaz für einen Taliban, der etwas mit den Anschlägen auf das World Trade Center in New York zu tun hatte. Doch dem gebürtigen Türken konnte keine Verbindung zu Terroraktivitäten nachgewiesen werden. Schon bald hielten die USA den stämmigen Mann mit rotem Bart für harmlos. Bereits ein Jahr nach seiner Festnahme 2001 wollten die USA Kurnaz freilassen, doch die deutsche Regierung lehnte seine Rückkehr mehrmals ab.
Eine Entschuldigung erwartet
Für Kurnaz ist der deutsche Politiker Frank-Walter Steinmeier genauso schuld an seinen Schicksalsjahren wie Osama Bin Laden und der damalige US-Präsident George W. Bush. «Steinmeier hatte mehrmals die Chance, mich rauszuholen», sagt Kurnaz gegenüber Sueddeutsche.de. Von Terroristen erwarte er keine Entschuldigung, aber von Regierungen und verantwortlichen Politikern.
Später war es dann Bundeskanzlerin Angela Merkel, die sich für eine Entlassung von Kurnaz starkmachte. Der heutige Familienvater und Sozialpädagoge ist Merkel dankbar – hat aber Vorbehalte: «Die Amerikaner schlugen der deutschen Regierung vor, meine Freilassung könnte man als politischen Erfolg hinstellen», sagte Kurnaz. Sein Anwalt und er hätten Dokumente, die dies zeigen würden.
Nicht nur der Bart ist verschwunden
Seit seiner Rückkehr nach Deutschland sind fünf Jahre vergangen. Kurnaz hat sich äusserlich sowie innerlich verändert. Mit seinem langen roten Bart und den Haaren ist auch das Verständnis für die Unzufriedenheit vieler Deutscher verschwunden.
«Der Mensch will immer mehr, immer mehr. Es gibt Menschen, die sich damit kaputt machen», sagt er. Er geniesse jetzt sein Leben und wisse, was wirklich wichtig sei: Menschenrechte, Gerechtigkeit und die einfachen Dinge im Leben. «Nachdem ich in Haft war und teilweise eisiger Kälte ausgesetzt war, weiss ich zum Beispiel, wie wichtig Socken sind.»
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