Steuerlast in den Kantonen: Wer aufsteigt, wer zurückfällt
Seit 2004 sind die Steuern für fast alle in der Schweiz gesunken. In einigen Kantonen deutlich mehr als in andern, wie eine Aufstellung zeigt.

Der Steuerwettbewerb unter den Kantonen hat gewirkt, und wie. Dies zeigt die Eidgenössische Steuerverwaltung in einer neuen Studie, die den Zugriff des Fiskus auf das Geld der Bürger zwischen 2004 und 2012 beleuchtet. Ausgewertet und verglichen wurde die Belastung für verschiedene Musterbeispiele von natürlichen und juristischen Personen – mit einem eindeutigen, übergreifenden Trend nach unten als Ergebnis. Im Einzelnen werden freilich bedeutsame Unterschiede zwischen den 26 Kantonen sichtbar.
- Wer um Reiche buhlte: In fast allen Kantonen ging zwischen 2004 und 2012 die Steuerlast für Einkommensmillionäre zurück. Am aggressivsten um Reiche geworben haben zwei vermeintlich unauffällige Mitspieler: Uri und Thurgau. Für ein kinderloses Ehepaar mit einem Bruttoeinkommen von einer Million Franken hat sich die Steuerbelastung in beiden Kantonen stark reduziert: In Uri sank sie um 7,3 Prozentpunkte auf nunmehr 13,3 Prozent; in Thurgau liegt die Entlastung bei 4,8 Prozentpunkten. Die beiden Kantone haben sich im Ranking damit auf die Plätze 5 (Uri) und 10 (Thurgau) vorgekämpft. Das Duo war auch führend bei der Senkung der Grenzsteuersätze für höchste Einkommen – die Grenzsteuersätze gelten als «Schlüsselindikatoren für die Standortwahl», wie es in der Studie heisst. Bei beiden genannten Kategorien bleiben indes Schwyz,Zug und Nidwalden die attraktivsten Destinationen. Ehepaare mit einer Million Einkommen wurden in Schwyz 2012 nur gerade mit 10,9 Prozent belastet. Auch Obwalden,Solothurn,Freiburg und Graubünden haben sich im untersuchten Zeitraum stark um Reiche bemüht.
- Wer bei den Reichen zurückfiel: Ein einziger Kanton griff bei kinderlosen Millionärspaaren 2012 stärker zu als 2004: In Neuenburg stieg die Belastung von knapp unter auf knapp über 25 Prozent. Vor allem Stadtkantone bekundeten Mühe, im Wettbewerb mitzuhalten. Zürich gehört zu den Hauptverlierern: Der einwohnermässig grösste Kanton konnte die Last für Millionäre um «nur» knapp 0,6 Prozentpunkte senken (auf 22 Prozent) und fällt damit um 4 Plätze auf Rang 17 zurück. Nur das Wallis, das sich von Rang 12 auf Rang 18 verschlechterte, verlor stärker. Bern büsste mit einem Rückfall auf Rang 24 weiter an Boden ein (Rang 23 im Jahr 2004); die Belastung betrug hier zuletzt 25,5 Prozent. Die Platzierungen der einwohnerstarken Kantone Basel-Stadt (Rang 20), Genf (Rang 22) und Waadt (Rang 25) sind unverändert schlecht. Für die Westschweiz gilt das in globo; die eigentliche Millionärshölle war und blieb der Kanton Jura (Belastung 26,7 Prozent). Bei den Grenzsteuersätzen für Bestverdiener zeigt sich ein ähnliches Bild. Hier ist Zürich, sieht man von einem Spezialfall ab, sogar am stärksten zurückgefallen, von Rang 12 auf Rang 18. Der Spezialfall ist der Kanton Schaffhausen, der bis 2008 regressive Einkommenssteuertarife führte, höchste Einkommen also prozentual entlastete: Er musste diese Praxis aufgrund eines Bundesgerichtsurteils aufgeben und stürzte von Rang 2 auf Rang 14 ab.
- Wer den Mittelstand entlastete: Nicht immer zeigten sich die Kantone bei Normalverdienenden so spendabel wie bei den Reichen. Untersucht wurde die Belastung für Ledige mit einem Bruttoeinkommen von 50 000 Franken sowie für Ehepaare mit zwei Kindern und 100 000 Franken Einkommen; bei der ersten Kategorie ist etwa Thurgau, der sich für Millionäre besonders ins Zeug legte, von Rang 13 auf Rang 19 abgestiegen. Allerdings haben sämtliche Kantone die Steuerlast auch für Durchschnittseinkommen gesenkt – am stärksten Basel-Stadt für Ledige (um 2,5 Prozentpunkte) und Genf für Familien (um 3,6 Prozentpunkte). Genf ist bei den Normalverdienern ohnehin deutlich besser platziert (Rang 7 für Ledige, Rang 3 für Familien) als bei den Reichen. Ähnliches gilt für Zürich: Ledige werden hier besonders gut behandelt (Belastung 6,2 Prozent, Rang 3), und auch für Mittelstandsfamilien ist der Kanton attraktiv (Belastung knapp 5 Prozent, Rang 6). Im Übrigen fährt, auch wer nur durchschnittlich verdient, ob ledig oder gebunden, in Zug wiederum am besten.
- Wer beim Mittelstand zurückfiel: Auffällig sind zwei Abstürze auf der Rangliste. Aargau brachte für vierköpfige Familien mit 100 000 Franken Einkommen nur eine Minientlastung von 0,3 Prozentpunkten zustande und landete am Ende auf Rang 15 (anfänglich Rang 5). Bern wiederum zeigte sich bei den Ledigen mit 50 000 Franken knausrig (Entlastung um 0,7 Prozentpunkte) und stieg von Rang 14 auf Rang 21 ab. Der Hauptstadtkanton ist für Otto Normalverdiener ebenso unattraktiv wie für Otto Superreich: Auch in der untersuchten Familienkategorie belegt Bern bloss Rang 22. Am meisten werden die Durchschnittseinkommen in Neuenburg und, wie auch die Reichen, in Jura belastet.
- Wer sich um Firmen bemühte: Bei Steuersenkungen für Kapitalgesellschaften mischten vor allem die Innerschweizer Kantone zuvorderst mit. Geradezu kometenhaft stieg Luzern mit seinen Steuern auf Reingewinn und Kapital zur Nummer eins bei bestimmten Verwaltungsgesellschaften (Domizil/Gemischt) auf. Auch bei den übrigen juristischen Personen gehört Luzern zuletzt meist zur Spitzengruppe. Uri und Obwalden senkten die Belastung ebenfalls für diverse Unternehmenstypen. Verloren haben in der Tendenz die Westschweiz und Zürich: Bei einer der untersuchten Musterkategorien (Gesellschaften mit 2 Millionen Franken Kapital und 4 Prozent Rendite) musste Zürich als einziger Kanton die Belastung leicht anheben (um knapp 2 Prozentpunkte). Das brachte dem Kanton den höchsten Rangverlust (neu 20 statt 10) ein, wie auch im Domizilbereich (neu 22 statt 9). Auch Bern fiel im Wettbewerb weiter zurück.