Die Linie zwischen eleganter Tradition und verstaubter Trostlosigkeit ist hauchdünn. Kein Hotelier überschreitet sie ungestraft. Schon gar nicht, wenn er, wie Jörg Arnold im Zürcher Hotel Storchen, einen fünften Stern anstrebt. Aber auch die Linie zwischen geschmackvoller Erneuerung und brachialer Modernität ist nicht sehr breit.
Ohne Zweifel ist nach der Renovation um «einen zweistelligen Millionenbetrag» für Gäste und Personal im Storchen vieles besser, moderner, angenehmer geworden. Am hinreissenden Blick vom Terrassenrestaurant über die Limmat hat sich ohnehin nichts geändert, und das Boulevardcafé hat durch lückenlose Beschattung gewonnen. In einem Punkt haben die Innenarchitekten aber versagt.
Unaufdringlich war einmal
Dazu muss man wissen: Vor dem Umbau war die Lobby im Parterre ein vielleicht versteckter, aber höchst angenehmer Treffpunkt zwischen Rathaus und Paradeplatz. Da mischten sich lokale Rotarier und Banker munter unter Touristen, Politikerinnen mit Powershopperinnen der umliegenden Trudie-Götz-Boutiquen. Man trank je nach Laune zu jeder Tageszeit Café crème, Cüpli oder Cognac. Das Interieur war so unaufdringlich, dass man sich heute nur noch vage an ein Cheminée und an Sitzgelegenheiten im Louis-Toujours-Stil zurückerinnert.
Ein gläsernes Büchergestell schauspielert internationale Wohnlichkeit.
Das neue Interior Design passt nun in dieses historische Haus und zu Zürich wie der Trump Tower an den Bürkliplatz. Den Marmorboden verstellen dicht an dicht glänzende Sofas und Sessel. Dazwischen steht ein Pult für offenbar dringende Schreibarbeiten. Darauf wird doch tatsächlich schon zu Apérozeiten auch Essen serviert. Ein gläsernes Büchergestell schauspielert internationale Wohnlichkeit. Wie ein Hausaltar dominiert der Servicecomputer den Raum.
Zürich ist wieder ein bisschen mehr wie Manhattan, Hongkong oder weiss der Teufel wo.
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Stilsünde im Zürcher Hotel Storchen
Das neue Interior Design passt in dieses historische Haus und zu Zürich wie der Trump Tower an den Bürkliplatz.