Strassenbau: Zürich und Winterthur kommen an die kurze Leine
Der Kanton will die Federführung bei grossen Strassenprojekten in den Städten übernehmen. Die Zürcher Stadträtin Ruth Genner (Grüne) reagiert gereizt auf die Vorlage von Regierungsrätin Rita Fuhrer (SVP).
Zürich - Der Krach um die Baustellen in der Stadt Zürich erhält neue Nahrung. Gestern präsentierte Volkswirtschaftsdirektorin Rita Fuhrer (SVP) im Namen des Regierungsrates den Entwurf des revidierten Strassengesetzes. Darin wird darauf verzichtet, den Städten die Planungshoheit beim Bau und Unterhalt von überkommunalen Strassen vollständig zu entziehen, wie es die SVP im letzten Sommer gefordert hat. Der Kanton will die Strassenplanung in Zürich und Winterthur aber auch nicht mehr den Städten überlassen. Laut Fuhrer ist der Regierungsrat der Meinung, das vom Kantonsrat überwiesene SVP-Postulat werde mit dieser Vorlage erfüllt: «Zürich und Winterthur werden keine weissen Flecken in der kantonalen Strassenplanung mehr sein.»
Die Regierung schlägt dem Kantonsrat zwei wichtige Änderungen vor, um den Einfluss des Kantons auf den Strassenbau in den Städten zu vergrössern.
Strassenbauprogramm: Es ist bisher nur auf drei Jahre angelegt, und der Kantonsrat kann es jedes Jahr lediglich zur Kenntnis nehmen. Neu würde der Kantonsrat alle vier Jahre Grundsätze im Strassenbau beschliessen. Auf dieser Basis müsste der Regierungsrat dann eine Strassenplanung mit einem Planungshorizont von 12 Jahren erstellen, und der Kantonsrat könnte diese alle zwei Jahre genehmigen. Neu wären die überkommunalen Strassen in Winterthur und Zürich Teil dieser Planung.
Geld: Der Regierungsrat will den Städten, entgegen seiner ursprünglichen Absicht, weiterhin Bau- und Unterhaltspauschalen zahlen. Derzeit sind das für die Stadt Zürich rund 40 und für Winterthur rund 13 Millionen Franken. Damit überlässt der Kanton die Federführung bei allen Neubauprojekten, die dem Kanton weniger als 3 Millionen Franken Kosten verursachen, den Städten. Bei teureren Projekten muss der kantonale Beitrag speziell bewilligt werden. Bei gebundenen Ausgaben, wie etwa der Sanierung der Hardbrücke, müsste der Regierungsrat den Kantonsbeitrag sprechen. Die Planung würde aber bei den Städten bleiben. Bei über 3 Millionen Franken teuren Neubauten würde der Kanton auch die Projektierung bis zum Ausgabenbeschluss übernehmen. Diesen müsste der Kantonsrat fällen. Die Ausführung von diesen Grossprojekten müssten die Städte übernehmen. Keinen Einfluss mehr auf Grossbauprojekte wie den Waidhaldetunnel hätten die Stadtparlamente.
Städte protestieren
Die Stadtregierungen von Zürich und Winterthur reagierten gestern postwendend und scharf auf die regierungsrätliche Vorlage. Die Stadt Zürich wehrt sich gegen die «Zentralisierungspläne» und fühlt sich «massiv» in ihren Kompetenzen im Strassenbau beschnitten. Die heute einwandfrei funktionierende Aufgabenteilung zwischen Stadt und Kanton werde ohne Not auf den Kopf gestellt.
Für die Zürcher Bauvorsteherin Ruth Genner (Grüne) hat der Regierungsrat die Vorlage gar verschärft. Dass der Kanton nicht nur über Grossprojekte entscheiden, sondern sie auch noch planen wolle, sei neu. Genner: «Damit habe ich enorme Mühe.» Der Bau von Strassen werde in Zürich viel komplizierter und teurer. Bevor sie abschliessend urteilt, will Genner die Vorlage analysieren und mit dem Stadtrat über das weitere Vorgehen diskutieren. Sie schliesst den Rechtsweg nicht aus. Genner ist überzeugt, dass die Vorlage das verfassungsmässige Recht der Gemeindeautonomie verletzt.
Die Stadt Winterthur ist mit der Revision des Strassengesetzes ebenso wenig zufrieden und spricht in einer Mitteilung von «Entmachtung». Sie fürchtet insbesondere neue Schnittstellen und einen höheren Verwaltungsaufwand. Die Limite von 3 Millionen Franken ist für Winterthur «inakzeptabel niedrig».
Auch SVP unzufrieden
Die Grünen sind mit der Strassengesetzrevision mehrheitlich zufrieden. Der Regierungsrat überlasse den Städten die Hoheit beim Strassenbau und sei dem «dümmlichen Wahlkampfgetöse der SVP» nicht gefolgt. Kritik und Lob äussert die SP. Sie begrüsst die Beibehaltung der Pauschalen und die demokratische Einbindung des Kantonsrats, kritisiert aber den Eingriff in die Planungshoheit der Städte. Die CVP freut sich, dass sich die Regierung nicht auf «den Rachefeldzug der SVP» gegen die Städte eingelassen hat. Auch die Grünliberalen sehen die Eigenständigkeit der Städte gewahrt. Die FDP ist erleichtert, dass der links-grüne Gemeinderat den Waidhaldetunnel nicht mehr verhindern kann. Und für die SVP ist der Regierungsrat vor den Forderungen der Städte «voll eingeknickt». Die angestrebte Verbesserung der Planungsabläufe sei mit den neuen Ausgabenkompetenzen illusorisch.
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