Strom abgestellt – Schweizer Salafisten in Istanbul unerwünscht
Die Konferenz des Islamischen Zentralrats wurde verhindert. Hat die Schweiz die Türkei vorgewarnt?

Wenn es nach dem Islamischen Zentralrat Schweiz (IZRS) geht, wird die Islamophobie in der Schweiz ein zunehmendes Problem für die hier lebenden Muslime. Der Lackmustest war die Weigerung der BVK-Personalvorsorge des Kantons Zürich, dem Islamrat für die Konferenz «Longing for peace» (Sehnsucht nach Frieden) Räume im Oerliker World Trade Center zu vermieten. Was lag da näher, als dem Kanton Zürich ganz den Rücken zu kehren und die Konferenz in ein muslimisches Land zu verlegen?
Der IZRS wählte deshalb kurzerhand Istanbul als Veranstaltungsort, während Jahrhunderten die Hauptstadt des islamischen Kalifats. Wie Pressesprecherin Janina Rashidi in einer E-Mail schreibt, versäumte es die mit der Konferenzorganisation beauftragte Firma jedoch, eine Bewilligung einzuholen. Dies wäre nötig gewesen, weil die Veranstaltung öffentlichen Charakter hatte. Die Polizei habe dann das Wyndham Grand Hotel am Vorabend der Konferenz auf das Fehlen der Genehmigung aufmerksam gemacht. Die Angelegenheit sei für den IZRS und die Konferenzteilnehmer ärgerlich gewesen, schreibt Rashidi weiter. «Ein bisschen mehr Flexibilität hätten wir von den türkischen Behörden sehr wohl erwartet.»
Bildstrecke – Geplant und abgesagt: ISZR-Veranstaltung in Zürich
Auffällig verhalten
Was sich nachfolgend abspielte, kann man einem ausführlichen Bericht des amerikanischen Komikers Aman Ali auf Facebook entnehmen. Ali hätte die Konferenz moderieren sollen. «Ich wurde am letzten Wochenende in der Türkei fast verhaftet, weil ich Witze erzählte. Jawohl, Witze.» Er sei kurz vor Konferenzbeginn eingetroffen, und da hätten ihm die Organisatoren gesagt, es gebe ein paar Probleme mit der Tonübertragung. «Ich fand dann heraus, dass diese Verzögerungen mit türkischen Polizisten zu tun hatten, die versuchten, die Veranstaltung zu stoppen, und das Hotel anwiesen, den Strom im Konferenzraum abzuschalten.»
Tatsächlich hatte der Islamrat seine Anhänger in der Schweiz, die nicht nach Istanbul reisen konnten oder wollten, damit vertröstet, dass man die Konferenz im Internet live mitverfolgen könne. Ohne Strom war das aber nicht möglich. Laut Komiker Ali sind die türkischen Behörden von der Schweiz vorgewarnt worden. Die Organisatoren hätten dann zwar noch versucht, beim türkischen Innenministerium zu intervenieren – aber ohne Erfolg.
Einschlägige Erfahrungen mit IZRS-Mitgliedern
Auf die Frage, ob der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) den Türken einen entsprechenden Hinweis gegeben habe, antwortete Pressesprecherin Isabelle Graber, dass sich der NDB grundsätzlich nicht zur Kommunikation mit seinen Partnerdiensten äussere.
Etwas aufschlussreicher waren die Ausführungen eines Beamten im türkischen Justizministerium. Der Mann ist nicht autorisiert, mit Medien zu sprechen, und möchte deshalb anonym bleiben. Zur Frage, ob Bern Ankara vorgewarnt habe, nahm er zwar ebenfalls nicht direkt Stellung. Er liess aber durchblicken, dass die Türkei so etwas nicht nötig habe. «Wir wissen, wer in unser Land einreist.» Und mit den Herren des Islamrats habe man schon einschlägige Erfahrungen gesammelt. So sei der Kommunikationsverantwortliche Qaasim Illi zusammen mit zwei weiteren IZRS-Mitgliedern 2013 kontrolliert worden, weil sich das Trio in der Türkei besonders auffällig verhalten habe. Die Polizei fand dann militärische Ausrüstungsgegenstände in ihrem Auto. Offensichtlich waren die Männer zur syrischen Grenze unterwegs. Weil man aber keine Waffen gefunden habe, seien sie wieder freigelassen worden, fügte der Beamte hinzu.
Islamophobe Türkei?
Als die Konferenzteilnehmer immer noch auf den Beginn der IZRS-Veranstaltung warteten, erzählte Aman Ali ein paar Witze zum Zeitvertreib. Bis ein Polizist ihm befahl, seine Darbietung sofort zu beenden. Andernfalls drohe Verhaftung. Der Komiker schlug den Organisatoren dann vor, seine Show auf einer Grünfläche vor Istanbuls berühmter Blauer Moschee fortzusetzen. Doch auch dort griff die Polizei ein mit der Begründung, dass öffentliche Aktionen des Islamrats in der Türkei nicht erlaubt seien. Laut Pressesprecherin Rashidi fand ein Teil der Veranstaltungen aber doch noch statt, zum Beispiel auf einem angemieteten Schiff, mit dem die Gesellschaft über den Bosporus fuhr.
Hätte sich der IZRS besser informiert, wäre ihm wohl klar geworden, dass die Regierung von Recep Tayyip Erdogan nach all den Terroranschlägen in der Türkei eine härtere Gangart gegenüber islamistischen Organisationen eingeschlagen hat. So wurde im März eine Veranstaltung von Hizb ut-Tahrir (Partei der Befreiung) in Istanbul verhindert. Dabei kam es auch zu Verhaftungen. Die Partei setzt sich unter anderem für das islamische Kalifat ein. Bleibt nur noch die Frage offen, ob sich das selbst ernannte Zentralorgan der Schweizer Salafisten nun auch über zunehmende Islamophobie in der muslimischen Türkei besorgt zeigen muss. Darauf blieb Pressesprecherin Rashidi eine Antwort schuldig.
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