Stück für Stück zugegeben und jetzt heftig unter Druck
Sheryl Sandberg passte eine Davoser WEF-Rede nicht. Nun kommen Details einer Reaktion von Facebook ans Licht – und Rücktrittsforderungen werden laut.

Facebooks Vorzeigemanagerin Sheryl Sandberg steht zunehmend unter Druck. Es geht um eine Schmutzkampagne der Lobbyfirma Definers gegen den demokratischen Geldgeber George Soros. Die PR-Experten brachten ein Papier in Umlauf, in dem suggeriert wird, dass der liberale Milliardär Anti-Facebook-Bewegungen finanziere. Sandberg, Co-Geschäftsführerin von Facebook und Autorin des Karriereratgebers «Lean In», beteuerte zunächst noch, nichts von der Kampagne gewusst zu haben.
Am US-Erntedankfest Thanksgiving teilte Sandberg dann plötzlich mit: Sie habe von der Diffamierung kritischer Stimmen gewusst. In einer Mitteilung auf der Facebook-Seite schrieb Sandberg, sie habe tatsächlich «eine kleine Anzahl von E-Mails erhalten, in denen auf Definers verwiesen wurde». Damit nicht genug: Wie ein Bericht der «New York Times» heute enthüllt, soll Sandberg selbst den Auftrag gegeben haben, Soros' finanzielle Interessen an Facebook zu durchleuchten.
Direkter Auftrag von Sandberg
Im Januar, kurz nach dem Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos, soll sie in einem E-Mail an einen leitenden Angestellten darum gebeten haben. Das Mail sei an weitere leitende Kommunikations- und Policymitarbeiter weitergeleitet worden. Die «New York Times» zitiert drei anonyme Quellen, die von der E-Mail wissen wollen, aus Furcht vor Konsequenzen aber nicht offen mit der Zeitung sprechen wollten. Bislang hatte Facebook-Kommunikationschef Elliot Schrage, der das Unternehmen verlässt, die Verantwortung für den Skandal übernommen.
Am WEF hatte Soros das Unternehmen attackiert und Facebook und Google als Bedrohung für die Gesellschaft bezeichnet, sowie zu weiterer Regulierung der Unternehmen aufgerufen.
Untersuchung der finanziellen Interessen
Sandberg hatte ebenfalls am Forum teilgenommen, Soros' Rede aber nicht direkt mitverfolgt. Nach der Veranstaltung habe sie wissen wollen, wieso Soros die Firmen attackiert hatte und ob er davon finanziell profitieren könnte.
Facebook erklärte daraufhin, die Untersuchung habe bereits vor der Rede von Soros in Davos begonnen, und auch bevor Sandberg den Auftrag dafür gegeben hatte. «Soros ist ein prominenter Investor, und wir haben seine Investitionen und Handelsaktivitäten im Zusammenhang mit Facebook untersucht», teile das Unternehmen der «New York Times» mit. «Diese Nachforschung war bereits im Gange, als Sheryl eine E-Mail schickte und fragte, ob Soros mit Aktien von Facebook short gegangen ist.» Sprich: Ob er auf sinkende Kurse des Unternehmens gewettet hat.
«Sandbergs ständig ändernde Geschichten»
Das Unternehmen teilte mit, Sandberg übernehme zwar die volle Verantwortung für alle Aktivitäten, die unter ihrer Aufsicht stattgefunden hätten. Sie hätte aber persönlich keine Nachforschung über Freedom from Facebook angeordnet. Diese Gruppe wurde später von der Lobbyagentur Definers angegriffen.
Der Sprecher von Freedom from Facebook zeigte sich gegenüber der «New York Times» skeptisch über diese Aussage: «In Anbetracht von Sandbergs sich ständig verändernder Geschichte über die Soros-Stiftung gibt es keine Möglichkeit, dass ihre Leugnung über den Angriff auf andere Kritiker für bare Münze genommen werden kann», sagte Eddie Vale. «Facebook muss unverzüglich alle E-Mails und alle Nachforschungen in Bezug auf Freedom from Facebook und andere Organisationen veröffentlichen.»
Rufe nach Rücktritt
Sandberg gerät durch die Berichte zunehmend unter Druck. Erste Rufe, Sandberg zu feuern, werden laut. Mitte November forderte etwa Yale-Professor Jeffrey Sonnenfeld einen Führungswechsel bei Facebook. Sandberg sollte «vermutlich ersetzt werden», sagte Sonnenfeld zum Nachrichtensender CNBC. Sie sei «völlig entbehrlich». Chef Mark Zuckerberg solle als Verwaltungsratspräsident zurücktreten, sich auf sein Amt als CEO und auf die Schadensbegrenzung konzentrieren.
CNBC-Kommentator Jim Cramer sagte, die Facebook-Aktie würde steigen, wenn Sandberg gehen oder entlassen würde. «Facebook ist in den letzten zwei Jahren auf spektakuläre Weise gescheitert, und die von Sandberg betreuten Gruppen waren der Kern dieser Misserfolge», schreibt auch das Wirtschaftsportal «Business Insider». «Für den Erfolg von Facebook hat sie übermässige Anerkennung gefunden. Es wäre nicht unfair, Verantwortung für ihre Misserfolge zu übernehmen.»
«Der Bock endet bei Zuckerberg»
Allerdings solle Sandberg nicht alleine als Sündenbock genutzt werden, so «Business Insider». Sandberg rapportiere an Zuckerberg, der das Unternehmen kontrolliere. «Was auch immer Sandbergs Schuld an den Skandalen ist: Die Verantwortung trägt letztendlich Zuckerberg. Auch er sollte zurücktreten.»
Dieser Meinung ist auch Scott Galloway, Marketing-Professor an der New York University. Sowohl Sandberg als auch Zuckerberg sollten dafür gefeuert werden, dass sie erlaubt hätten, Facebook in etwas zu verwandeln, das die Demokratie auf der ganzen Welt gefährde, sagte Galloway zum «San Francisco Chronicle». «Führungskräfte werden jeden Tag für einen Bruchteil der Verstösse, die diese beiden begangen haben, entlassen.»
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