Suchtexperten drängen auf raschen Start von Cannabis-Versuchen
Die Pläne der Gesundheitspolitiker des Nationalrats stossen bei Präventionsfachleuten auf Zustimmung.

Es sei an der Zeit, «dass auch unser Land vorwärts macht». Die Schweiz brauche eine Cannabis-Regulierung, welche die Volksgesundheit schütze und den Schwarzmarkt eingrenze. Das fordert die Stiftung Sucht Schweiz im heute publizierten Suchtpanorama 2020.
Der Bericht war bereits im Druck, als die Gesundheitskommission des Nationalrats am Freitag einen zaghaften Schritt in genau diese Richtung unternahm: Im zweiten Anlauf gab sie grünes Licht für – örtlich und zeitlich begrenzte – Versuche zur kontrollierten Cannabis-Abgabe in der Schweiz. Sie sprach sich dafür aus, dass volljährige Kiffer und Kifferinnen im Rahmen von Pilotversuchen legal Cannabis beziehen dürfen – sofern es sich um Schweizer Biohanf handelt. Der Nationalrat wird voraussichtlich in der Frühjahrssession über den Experimentierartikel beraten, der die Grundlage für Cannabis-Versuche schaffen soll.
In den letzten Jahren haben zahlreiche Staaten ihre Cannabis-Politik neu ausgerichtet. So legalisierte zu Beginn dieses Jahres Illinois als elfter US-Bundesstaat Erwerb und Konsum für über 21-Jährige, in Kanada darf seit etwas mehr als einem Jahr legal gekifft werden, in Uruguay schon seit 2014. In Europa bereitet sich Luxemburg auf die Hanflegalisierung vor, während in niederländischen Coffeeshops das Rauchen von Joints schon seit Jahrzehnten geduldet wird.
Jugendschutz gewährleisten
«Dass 2020 endlich auch bei uns Bewegung in die Debatte kommt, ist höchst begrüssenswert», findet Markus Meury, Sprecher von Sucht Schweiz. «In der Schweiz ist so viel Cannabis im Umlauf, dass es schlicht aussichtslos ist, mit polizeilichen Massnahmen dagegen ankämpfen zu wollen.» Stattdessen brauche es ein Modell, das den Jugendschutz gewährleiste. Er räumt ein, dass das nicht in allen Ländern mit liberalisierten Cannabis-Gesetzen der Fall sei. «Ist eine Regelung zu liberal und lässt beispielsweise umfassende Werbemassnahmen zu, kann dies den problematischen Konsum im Gegenteil sogar pushen.»
Gegen den Experimentierartikel stellen sich die SVP sowie eine Mehrheit der Mittefraktion. Auch sie argumentieren mit dem Jugendschutz. Zudem sei es widersprüchlich, beim Rauchen laufend strengere Regeln zu erlassen und gleichzeitig Versuche mit Kiffern zu fördern.
Laut repräsentativen Daten hat der Cannabis-Konsum in der Schweiz zuletzt zugenommen: Gaben 2012 noch 2,9 Prozent der Wohnbevölkerung an, im letzten Monat gekifft zu haben, waren es 2017 4 Prozent. Einen leichten Anstieg verzeichnet das Suchtpanorama auch beim Konsum von Kokain. Während beim Alkohol der Pro-Kopf-Konsum seit Jahren abnimmt, zeigen die Daten gleichzeitig eine Zunahme des Rauschtrinkens – insbesondere bei jungen Frauen unter 24 Jahren.
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Schweizer Suchtpanorama 2020: Das sind die aktuellen Trends im Suchtbereich. (Video: Tamedia)
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