Südafrika plötzlich auf Platz 2 bei Schweizer Waffenexporten
Die Schweiz exportierte letztes Jahr deutlich weniger Kriegsmaterial als im Vorjahr. Die Rüstungsfirmen haben dafür neue Kunden entdeckt.

Die Schweiz hat letztes Jahr weniger Rüstungsgüter exportiert. Dies geht aus einem heute veröffentlichten Bericht des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) hervor. So lieferten Schweizer Unternehmen für 411,9 Millionen Franken Kriegsmaterial in 70 Länder. Dies entspricht im Vergleich zum Vorjahr einem Rückgang um 8 Prozent und einem Anteil von 0,14 Prozent an der gesamten Warenausfuhr der Schweizer Wirtschaft.
Gleichzeitig handelt es sich um den tiefsten Wert seit 2006. 2015 betrugen die Kriegsmaterialexporte noch 446,6 Millionen Franken, ein Jahr zuvor waren es 563,5 Millionen Franken. Im Vergleich zu 2011, als die Ausfuhren mit 872,7 Millionen Franken den höchsten Wert in den letzten 30 Jahren erreichten, haben sich die Ausgaben letztes Jahr mehr als halbiert.
Ausfuhren von Kriegsmaterial

Klicken Sie hier, um die Grafik zu vergrössern. Quelle: Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco)
Aufgeteilt nach Kontinenten, machten die Exporte nach Europa mit 51,9 Prozent immer noch die Mehrheit aus – allerdings mit sinkender Tendenz: 2015 betrug der europäische Anteil noch 53,87 Prozent (–10,7 Prozent). Hier waren Deutschland mit rund 93 Millionen Franken, Dänemark mit knapp 21 Millionen Franken sowie Schweden, Frankreich und Grossbritannien mit je etwa 17 Millionen Franken die wichtigsten Abnehmerländer. Praktisch unverändert blieben die Exporte nach Amerika mit aktuell 11,18 Prozent (–0,36 Prozent). In die USA betrug der Wert der Waffenexporte knapp 32 Millionen Franken.
Der asiatische Absatzmarkt ist mit einem Minus von 30 Prozent regelrecht eingebrochen und macht noch ein Viertel aller Schweizer Waffenexporte aus. Dennoch waren Indien mit 34,6 Millionen Franken und Pakistan mit 25,5 Millionen der dritt- respektive fünftgrösste Abnehmer von Schweizer Waffenprodukten.
Exporte nach Afrika explodiert
Hingegen sind die Exporte nach Afrika mit einem Plus von 207,16 Prozent geradezu explodiert: Letztes Jahr stieg der afrikanische Kontinent mit einem Anteil von 12,46 Prozent zum wichtigsten Absatzmarkt der Schweizer Rüstungsindustrie hinter Europa und Asien auf. Verantwortlich dafür ist in erster Linie die Lieferung von Feuerleitgeräten und Ersatzteilen zu Fliegerabwehrsystemen im Wert von 49,7 Millionen Franken nach Südafrika. Damit war Südafrika nach Deutschland der wichtigste Absatzmarkt. Im Vergleich dazu waren die Exporte in andere afrikanische Länder wie Kenia mit 3700 Franken praktisch bedeutungslos.
Trotzdem war heute nicht Südafrika im Fokus der GSoA-Kritik. «Südafrika ist momentan nicht in einen kriegerischen Konflikt verwickelt», sagt Eva Krattiger, Sekretärin der Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA), auf Anfrage. Dies sei aber im Falle Saudiarabiens sehr wohl der Fall. So stieg letztes Jahr Saudiarabien mit über 12 Millionen Franken in die Top 10 der Empfängerländer auf. Dabei handelt es sich laut dem Seco um Ersatzteile zu Fliegerabwehrsystemen.
Waffenembargo für die Golfregion gelockert
Dies ist offenbar eine direkte Folge des bundesrätlichen Beschlusses im letzten April, den Export in die Golfregion wieder teilweise zu erlauben. Noch 2015 legte der Bundesrat sämtliche Waffenexporte in Länder, die in den Jemen-Konflikt involviert waren, auf Eis. Abgelehnt wurden beispielsweise die Ausfuhr eines unbewaffneten Panzerwagens nach Katar zu Testzwecken oder der Verkauf einer grossen Zahl von Granaten und Handgranaten in die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE).
Im Vergleich zum Vorjahr haben sich 2016 die Kriegsmaterialverkäufe an Saudiarabien verdoppelt. Dass es sich dabei um defensive Waffensysteme handelt, spielt für die GSoA aber nur eine untergeordnete Rolle. «Saudiarabien ist an vorderster Front am Jemen-Konflikt beteiligt. Exporte in diese Region sind höchst bedenklich», sagt Eva Krattiger. Die SP kritisierte heute in einer Medienmitteilung zudem, dass der Rückgang der Kriegsmaterialexporte nicht darüber hinwegtäuschen dürfe, dass unter den Empfängerländern noch immer hochproblematische Staaten prominent vertreten seien. «So sind mit Indien, Pakistan und Saudiarabien gleich drei Staaten aus den Top Ten der Empfängerländer in Kriege verwickelt.» Auch würden insbesondere in Saudiarabien die Menschenrechte nicht eingehalten
Gesuche im Wert von 2,195 Milliarden Franken bewilligt
Letztes Jahr wurden dem Seco insgesamt 2499 neue Ausfuhrgesuche unterbreitet. Davon wurden 2395 Gesuche im Wert von 2,195 Milliarden Franken bewilligt. 29 Gesuche wurden abgelehnt. Die Differenz zwischen dem Wert der effektiven Ausfuhren und jenem der bewilligten Ausfuhrgesuche entstand dadurch, dass bewilligte Gesuche teilweise erst in der folgenden Berichtsperiode zur Ausfuhr gelangen. Bezogen auf den Mittleren Osten betrug der Gesamtwert der abgelehnten Gesuche rund 19 Millionen Franken, bewilligt wurden Geschäfte in der Höhe von etwa 185 Millionen Franken.
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