SVP-Nationalrätin gegen 3GFür die kantonale SVP ist Geissbühlers Haltung kein Problem
Dass die ehemalige Polizistin Andrea Geissbühler sich hinter einen umstrittenen Skeptiker-Verein stellt, relativiert ihre Partei mit der Meinungsäusserungsfreiheit.

Die kantonale SVP sieht kein Problem in der Videobotschaft ihrer Nationalrätin Andrea Geissbühler auf der Website einer anonymen Polizistengruppe, die zu Selbstjustiz gegen die Corona-Massnahmen aufruft. Am Donnerstagmorgen wurde bekannt, dass Geissbühler auf der umstrittenen Website «Wir für euch» einer anonymen Vereinigung zu der auch massnahmenkritische Polizisten gehören, gegen das Covid-Gesetz wirbt.
Die anonyme Vereinigung hat Polizisten dazu aufgerufen, die Corona-Massnahmen nicht umzusetzen und Kollegen anzuzeigen, die dies tun. Sie bezeichnet das Covid-Gesetz als verfassungswidrig. Die Gruppe trat Anfang August zum ersten Mal in Erscheinung. Mitte Oktober publizierte sie ein Video, in dem Männer und Frauen mit schwarzen Kapuzen wie eine amerikanische Bürgerwehr auftraten, die Selbstjustiz gegenüber einem diktatorischen Staat übt. Soziologen bezeichneten die Bildsprache des Videos und seine Botschaft als «brandgefährlich». Die Berner Kantonspolizei, bei der Geissbühler bis 2013 arbeitete, distanzierte sich auf Twitter von ihrer ehemaligen Mitarbeiterin.
Kein Widerspruch zur Parteiparole
Nicht so die SVP. «Frau Geissbühler äussert sich im Rahmen der Meinungsäusserungsfreiheit», sagt die Geschäftsführerin und SVP-Grossrätin Aliki Panayides. Zum Inhalt von Geissbühlers Video will sich Panayides nicht äussern. Die Vereinigung sei nicht verboten und Geissbühlers Auftritt somit legal. Zudem stehe die Botschaft nicht im Widerspruch zur Nein-Parole der Partei. «Frau Geissbühler setzt sich im demokratischen Rahmen für ein Nein zum Covid-Gesetz ein.»
«Ich finde es sehr bedenklich, dass die Regierung gegen Verfassung und Gesetze verstösst»: Das Video-Statement von SVP-Nationalrätin Andrea Geissbühler beginnt steil. Gesunde Menschen würden wegen 3G diskriminiert, vom sozialen Leben ausgeschlossen, verlören ihre Stelle, fährt sie fort.
Die Regierung spalte die Gesellschaft, Familien würden auseinandergerissen, Freundschaften zerbrächen – in einem «völlig unnötigen Kampf», findet Geissbühler. «Und darum müssen wir dringend aufhören mit 3G», schliesst die Ex-Polizistin. Das sind Falschaussagen. Da jeder Mensch mit Impfung oder Test ein Covid-Zertifikat erlangen kann, wird niemand diskriminiert. Schlimmer noch, Geissbühler diskriminiert indirekt kranke Menschen, indem sie suggeriert, Gesunde würden in Gesundheitsfragen ungerecht behandelt.
Andrea Geissbühler ist nicht die erste nationale Politikerin, die sich mit «Wir für euch» solidarisiert. Mitte Oktober verbreitete Partei- und Nationalratskollege Andreas Glarner das umstrittene Video in den Sozialen Medien.
Auch linke Stadträtin bei Skeptiker-Polizisten
Unterstützung erhalten die Skeptiker-Polizisten auch von linker Seite. Die linke Berner Stadträtin Simone Machado (GaP) hat dort ebenfalls ein Video gegen das Covid-Gesetz aufgeschaltet. Anders als für die SVP-Nationalrätin hatten ihre Verbindungen zu den Massnahmengegnern bereits Konsequenzen. Sie wurde aufgrund ihres Engagements gegen das Covid-Gesetz von ihrer Fraktion im Stadtrat ausgeschlossen. In ihrer Partei ist das Engagement allerdings ebenfalls kein Thema. «Solange sie es im eigenen Namen tut, ist es kein Problem», sagt Altstadtrat und Parteigründer Luzius Theiler. Zum Covid-Gesetz haben die alternativen Grünen Stimmfreigabe beschlossen.
Fehler gefunden?Jetzt melden.