SVP und EDU fordern ein Hymnenobligatorium
Der Zürcher Kantonsrat will den Schweizerpsalm nicht in den Lehrplan aufnehmen.

Fussballspieler, die mit Inbrunst und Stolz die Nationalhymne singen, gewinnen häufiger. Diese von EDU-Kantonsrat Hans Egli (Steinmaur) gestern in der Kantonsratsdebatte geäusserte Beobachtung bedürfte wohl einer vertieften Studie. Immerhin steuerte Jürg Trachsel (SVP, Richterswil) zur Bekräftigung dieser These ein Beispiel bei: Der französische Fussballstar Kylian Mbappé habe schon als 10-Jähriger den Ball jonglierend lauthals die Marseillaise, also die französische Hymne, gesungen. Und siehe da: Er schoss am vergangenen Samstag mit zwei Treffern Frankreich ins Achtelfinale. «Das nenne ich gelungene Integration», schloss Trachsel.
Es ging bei dieser Debatte nur vordergründig um die singende oder eben nicht singende Schweizer Nationalmannschaft. Egli und Trachsel verlangten in einer Motion ein Hymnenobligatorium. Das Volksschulgesetz soll das Erlernen und Singen des Schweizerpsalms vorschreiben. Denn dieser bringe die «unersetzbare Wurzel echter Schweizer Werte wie Solidarität, Freiheit und Demokratie» zum Ausdruck. «Gerade beim Zuwachs von Menschen aus völlig anderen Kulturen ist es wichtig, dass diese sich mit unseren Werten auseinandersetzen», argumentierte Egli weiter.
Zürcher Tracht und Tell
Bildungsdirektorin Silvia Steiner (CVP) liess sich ob solch grosser Worte nicht aus der Fassung bringen. Sie argumentierte trocken mit jenem Paragrafen, der vorschreibt, dass der Bildungsrat und nicht der Regierungsrat den Lehrplan festlege. Allerdings, so wurde mehrfach angeführt, wird die Nationalhymne im viel diskutierten Lehrplan 21 bereits namentlich erwähnt – als Musikbeispiel, dessen Funktion die Schülerinnen und Schüler erkennen sollen.
Prisca Koller (FDP, Hettlingen) outete sich als glühende Anhängerin der Schweizer Nationalmannschaft, störte sich aber trotzdem daran, dass viele Spieler vor dem Anpfiff nicht «Trittst im Morgenrot daher» schmettern. Allerdings bezweifelte sie, ob dieser Psalm tatsächlich geeignet sei, die echten Schweizer Werte zu vermitteln. Das sah auch Andreas Erdin (GLP, Wetzikon) so. Schillers «Wilhelm Tell» gebe da weitaus praktischere Anstösse, so etwa: «Redlichkeit gedeiht in jedem Stande.»
Einen grossen Auftritt legte die Grüne Regula Kaeser hin. Sie erschien in der Zürcher Werktagstracht und schaffte es in ihr gar nicht so langes Votum sage und schreibe 27 von 36 Versen des Psalms zu verweben. Das tönte dann beispielsweise so: «Ob im Morgenrot oder Alpenglühn, im Nebelflor oder wilden Sturm – wir Grünen lehnen die verlangte Ergänzung des Volksschulgesetzes ab.»
«Lied der Herzen»
Der Applaus blieb aus, dafür erntete Laura Huonker (AL, Zürich) Gelächter, bevor sie richtig loslegte – einfach nur, weil sie ganz ernst sagte: «Die AL will die Motion nicht überweisen.» Doch während vonseiten der SVP gemutmasst wurde, sie fordere nun ein Obligatorium für die «Internationale», erklärte Huonker den Schweizerpsalm zum «Lied der Herzen». Von der Melodie her sei er nicht ein Marsch wie viele andere Nationalhymnen, sondern ein Choral. «Und er preist Gott und Heimat, ohne Waffengewalt zu erwähnen.»
Mit einem praktischen Hinweis wartete Hanspeter Hugentobler (EVP, Pfäffikon) auf: Er habe eine Nationalhymnen-App auf dem Handy und sei daher immer sattelfest im Text. Die frommen und nicht frommen Seelen ahnen: Die Motion fand keine Mehrheit – sie wurde mit 51 gegen 108 Stimmen abgelehnt.
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