Syrische Rebellen attackieren die Luftwaffe
Die Aufständischen sollen die Angriffe auf die Flughäfen des Landes verstärkt und ein Gebäude der Luftabwehr eingenommen haben. Der neue UNO-Gesandte für Syrien, Lakhdar Brahimi, ist seit heute offiziell im Amt.

Syrische Rebellen haben nach Oppositionsangaben heute Einrichtungen der Luftwaffe angegriffen. In Deir as-Saur im Osten des Landes wurde demnach ein Gebäude der Luftstreitkräfte erobert. Mehrere Soldaten seien gefangengenommen worden, teilte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit.
Präsident Baschar al-Assad setzt zunehmend die Luftwaffe im Kampf gegen die Aufständischen ein. Nach UNO-Angaben wurden innert einer Woche 1600 Menschen getötet, so viele wie noch nie in dem Konflikt in einem solchen Zeitraum.
Rebellenkämpfer hätten bei der Eroberung des Gebäudes in Deir as-Saur mindestens 16 Gefangene gemacht und mehrere Luftabwehrraketen erbeutet, sagte Rami Abdulrahman von der in London ansässigen Beobachtungsstelle für Menschenrechte.
Ein Angriff auf einen Luftwaffenstützpunkt in Abu Kamal an der Grenze zum Irak sei jedoch von Assad-Kräften zurückgeschlagen worden. Drei Tage zuvor hatten Rebellen die Luftwaffenbasis Taftanas in der Provinz Idlib attackiert und nach eigener Darstellung mehrere Helikopter beschädigt.
Damaskus unter Beschuss
In Damaskus nahmen die Truppen Assads heute laut Aktivisten mehrere Stadtviertel unter Beschuss. Die Beobachtungsstelle für Menschenrechte teilte mit, das Viertel Tadamon im Süden der Hauptstadt sei bombardiert worden, nachdem es dort zuvor zu Strassenschlachten gekommen sei. Laut den oppositionellen Lokalen Koordinationskomitees, wurde auch das benachbarte Viertel Hadschar Aswad bombardiert.
Nach Angaben der Beobachtungsstelle wurden heute in Damaskus und Umgebung die Leichen von mindestens 18 hingerichteten Männern gefunden. Die meisten seien erschossen worden, einige wiesen Folterspuren auf.
Aus Aleppo meldeten Aktivisten Strassenkämpfe. In einem Video, das der Fernsehnachrichtenagentur APTN vorlag, waren Kämpfer – zum Teil in ziviler Kleidung – zu sehen, die sich Feuergefechte mit Regierungstruppen lieferten. Kampfflugzeuge flogen Luftangriffe auf Aleppo und Artillerieeinheiten beschossen die Stadt mit Granaten, wie Aktivisten meldeten.
Die staatliche Nachrichtenagentur Sana berichtete dagegen, die Armee habe mehrere Posten der «Terroristen» zerstört, wie Oppositionelle von der Regierung bezeichnet werden. Eine Reihe von «Terroristen» sei in den Provinzen Idlib und Aleppo gefangen genommen und getötet worden. Die Angaben beider Seiten in dem Konflikt sind von unabhängiger Seite nicht zu überprüfen.
Zunehmender Einsatz der Luftwaffe
Assad-treue Kräfte setzen in den von Rebellen gehaltenen Gebieten zunehmend auf die Luftwaffe. Stellungen der Aufständischen werden mit Hilfe von Kampfflugzeugen und Helikoptern beschossen. Der Angriff auf die nordsyrischen Städte Asas und Anadan trieb viele Zivilisten dazu, sich in der Türkei in Sicherheit zu bringen. Dort leben bereits Zehntausende Flüchtlinge.
Die Türkei wirbt um ausländische Unterstützung für die Einrichtung einer Sicherheitszone in Syrien. «Wir können solche Massnahmen aber nicht ergreifen, wenn nicht der UNO-Sicherheitsrat dafür stimmt», sagte Ministerpräsident Tayyip Erdogan am Freitagabend im türkischen Fernsehen.
Zunächst müsse es eine Entscheidung über eine Flugverbotszone geben, dann erst könne es an die Einrichtung einer Pufferzone gehen. Er sagte jedoch nicht, dass eine Flugverbotszone mit einer Militärintervention beginnen würde.
Frankreichs Aussenminister Laurent Fabius hatte gesagt, gemeinsam mit der Türkei habe man «befreite Zonen» im Norden und Süden Syriens ausgemacht, die nicht mehr von Assad kontrolliert würden. Hilfe für diese Gebiete könne dazu beitragen, dass weniger Menschen in die Nachbarländer flüchten.
Der Aufstand gegen Assad hält seit Mitte März 2011 an, während neun Monaten protestierte die Bevölkerung ausschliesslich mit friedlichen Demonstrationen, inzwischen haben auch Zivilisten zu den Waffen gegriffen. Die UNO geht von bisher 20'000 Toten aus, Oppositionsgruppen geben höhere Zahlen an. Bis zu 300'000 Syrer sind aus ihrem Land geflohen. Die syrischen Rebellen konzentrieren sich in ihrem Kampf gegen die Truppen von Präsident Baschar al-Assad nach Angaben der Opposition zunehmend auf deren Luftwaffe und die Flughäfen des Landes. In der Nacht auf heute hätten Aufständische ein Gebäude der Luftabwehr in der Stadt Bukamal in der östlichen Provinz Deir Essor eingenommen, erklärte die in London ansässige Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte. Auch seien dort der Sitz des Militärgeheimdiensts und der Armeeflughafen angegriffen worden.
In den Provinzen Idlib im Nordwesten und Hama im Zentrum Syriens zerstörten die Rebellen den Angaben zufolge Strassensperren der Armee. Landesweit seien dutzende Soldaten der Regierungstruppen getötet, verletzt oder festgenommen worden, hiess es. In den vergangenen Tagen hatten die Aufständischen berichtet, mehrere Hubschrauber von Assads Armee zerstört zu haben. Ausserdem kontrollieren sie nach eigenen Angaben einen Teil des Flughafens Abu al-Sohur in Idlib.
Lawrow: Assad wird nicht aufgeben
Russlands Aussenminister Sergej Lawrow nannte es indes «naiv», wenn der Westen und die arabische Welt erwarteten, dass Assad den Kampf um wichtige Städte als erster aufgeben werde. Wer Assad aufrufe, seine Truppen zurückzuziehen und die Waffen niederzulegen, dies von den Aufständischen aber nicht verlange, verfolge «ein unausführbares Modell». «Entweder sind diese Leute naiv, oder das ist eine Art Provokation», sagte Lawrow in Moskau.
Heute trat auch der neue Sondergesandte von Vereinten Nationen und Arabischer Liga für Syrien, Lakhdar Brahimi, sein Amt an. Der 78-Jährige übernahm das Mandat vom früheren UN-Generalsekretär Kofi Annan. Dieser hatte nach erfolglosen Bemühungen um eine Waffenruhe in Syrien Anfang des Monats seinen Rücktritt zum 31. August erklärt.
Annan beklagte unter anderem eine mangelnde Unterstützung des in der Syrien-Frage zutiefst zerstrittenen UNO-Sicherheitsrats. Die Vetomächte Russland und China blockierten dort bereits mehrfach eine Resolution zur Verurteilung der Gewalt seitens der syrischen Führung. Den Vorsitz im Sicherheitsrat hat seit heute für einen Monat Deutschland inne.
Jordanien fordert Finanzhilfe für die vielen syrischen Flüchtlinge
Jordanien und das UNO-Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR) haben angesichts der steigenden Zahl der syrischen Flüchtlinge in dem Königreich finanzielle Unterstützung in Höhe von 700 Millionen Dollar gefordert.
Der jordanische Planungsminister Dschafaar Hassan erklärte heute, das Geld werde gebraucht, um den 240'000 Flüchtlingen und anderen Syrern im Land zu helfen. Die Wasser- und Energieressourcen in Jordanien seien ohnehin schon knapp. Der Flüchtlingsstrom stelle eine zusätzliche Belastung dar.
Rund 5000 Syrer überquerten diese Woche innerhalb von 24 Stunden die Grenze nach Jordanien. Mehr als 180'000 Syrer fanden bislang in Jordanien vor dem Bürgerkrieg in ihrem Land Zuflucht. UNHCR-Vertreter Andrew Harper sagte, es sei noch mit weitaus mehr syrischen Flüchtlingen in Jordanien zu rechnen.
AFP/fko
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