
Kaum fällt Arbeit an, wird eine Arbeitsgruppe gebildet. Ob bei der neuen Website, dem Firmenjubiläum oder der Produkteinführung – oft wird eine ganze Gruppe bemüht. Zusammen sein, reden, auf Flipcharts malen fühlt sich halt gut an. Aber Gruppenarbeit wird überschätzt: Reibungsverluste und Motivationseinbussen lassen die Arbeitskraft von Teams verpuffen. Leider wissen das viele Chefs nicht. Schon unsere Urahnen arbeiteten im Team. Das mussten sie auch, denn sie waren zu schwach, um alleine zu jagen. Also schlossen sie sich zusammen. Sie jagten und sammelten gemeinsam, als Gruppe waren sie stark. Gruppenarbeit ist zutiefst menschlich.
So menschlich, dass Menschen unglücklich werden, wenn sie nicht mit anderen zusammenarbeiten können. Aber die meisten von uns sind halt nicht Jäger oder einzelgängerische Digital-Nomaden, sondern Mitarbeiter in Organisationen. Und hier ist Gruppenarbeit häufig fehl am Platz: Die Gruppenleistung ist in der Regel geringer als die zusammengezählte Leistung der Einzelnen.
Gruppenarbeit befriedigt zwar das Bedürfnis nach Anschluss, aber oft wird das Anschlussbedürfnis wichtiger als die zu erledigende Arbeit. In vielen Arbeitsgruppen gibt es Trittbrettfahrer (die absichtlich eine ruhige Kugel schieben) und soziale Faulenzer (die sich unbewusst zurücklehnen). Vermuten Gruppenmitglieder Trittbrettfahrer, so kommt es zum Sucker-Effekt: Sie reduzieren ihren Einsatz, um nicht ausgebeutet zu werden. Gruppen sind konfliktanfällig: Manche könnens nicht miteinander, andere können inhaltliche Differenzen nicht überwinden. Unklare Rollen oder Hierarchierangeleien bremsen Gruppen bis zum Stillstand. Introvertierte fühlen sich in Gruppen eher unwohl. Extravertierte eher zu wohl.
Kommt Ihnen das bekannt vor? Sie sind nicht allein.
Auch das Denken leidet unter Gruppenarbeit. Teams könnten theoretisch mehr Informationen verarbeiten als Einzelne. Doch in der Praxis löst sich dieser Vorteil in Luft auf: Koordinationsprobleme, Reibungsverluste. Brainstorming zum Beispiel. Es macht Spass, bringt aber insbesondere bei einfacheren Themen weniger, als wenn die Gehirne alleine losgestürmt wären. Gruppen verhindern oft das Finden der besten Lösung: Wenn nur eine Person die richtige Antwort kennt, so hat sie Mühe, sich gegenüber der Mehrheit zu behaupten. In homogenen, abgeschotteten Teams besteht die Gefahr des Gruppendenkens: Mitglieder geben ihre eigene Meinung zugunsten der Gruppenmeinung auf, besonders unter Stress und wenn Einmütigkeit erwartet wird.
Kommt Ihnen das bekannt vor? Sie sind nicht allein. Viele wünschen sich lieber mehr Zeit zur Bearbeitung individueller Aufgaben als noch eine Besprechung mehr mit dem Team. Kein Wunder: Am Schluss zählt, was der Einzelne effektiv geleistet hat. Nicht, wie viele Post-its er in Sitzungen an Korktafeln gepinnt hat.
Sicher, manchmal ist Gruppenarbeit sinnvoll. In Management und Verwaltung hingegen wird es mit der Gruppenarbeit übertrieben. Hier diagnostizieren die Organisationspsychologinnen Natalie Allen und Tracy Hecht eine irrationale Teamromantik, genährt aus dem heimeligen Gruppengefühl. Bloss: Was nützt Romantik, wenn die Arbeit liegen bleibt? Seien wir also unromantisch, setzen uns hin und erledigen unsere Arbeit. Allein.
Wenn sich Teamarbeit aber nicht vermeiden lässt? Dann beachten Sie folgende Punkte: Achten Sie auf stimmige Zusammensetzung und Abwechslung zwischen Gruppen- und Einzelarbeit. Prüfen Sie kontinuierlich die Resultate der Gruppe. Pflegen Sie das Wissen, die Beziehungen und die Kommunikation der Gruppe. Teamwork und Teamführung kann man lernen: Lesen Sie Bücher, besuchen Sie Kurse. Sind Sie Chef? Bilden Sie weniger Arbeitsgruppen. Sie sind Mitarbeiter? Schicken Sie diesen Artikel Ihrem Chef.
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Teamwork wird masslos überschätzt
Warum Gruppen das Finden der besten Lösung oft verhindern.