Fast haben wir uns schon an diese neue Art von Terror gewöhnt: Männer, die mit Autos in Menschenmengen rasen und so viele wie möglich zu töten versuchen. Diese Woche traf es Toronto, Täter war der 25-jährige Alek M.. Wie beim islamistisch motivierten Terror dürfte auch er aus Hass getötet haben. Nicht auf Ungläubige, sondern auf Frauen.
Darüber wird zumindest spekuliert, nachdem ein dem Täter zugeordneter Eintrag auf Facebook entdeckt wurde: Mit dem Eintrag «Heil dem Gentleman Elliot Rodger» huldigte er dem kalifornischen Amokläufer, der 2014 in Isla Vista aus Frauenhass 6 Menschen getötet und 13 verletzt hatte. Alek M. schrieb weiter: «Die Incel-Rebellion hat schon begonnen. Wir werden alle Chads and Stacys stürzen!» Incel steht als Abkürzung für «unfreiwillig Zölibatäre». Gemeint sind Männer, die bei Frauen keinen Erfolg haben, aber glauben, dazu berechtigt zu sein. «Chad» und «Stacy» sind Codenamen für sexuell erfolgreiche Männer und Frauen und überhaupt alle «Normies», also Normalos. In der verqueren Logik dieser Amoktäter sind diese verantwortlich für ihr eigenes soziales Scheitern und sollen dafür büssen. Attraktive Frauen, werden als «Huren» abgewertet, offensichtlich gerade deshalb, weil sie eben nicht käuflich sind. Ihre Aggressionen gelten aber auch Männern, die bei solchen Frauen erfolgreich sind – ihr Hass gilt also all jenen, die keine Frauen hassen.
Radikalisiert in der Männersphäre
Man kann diese Männer als verwirrte, wohl auch kranke Geister sehen. Aber es stellt sich die Frage, ob man noch von einem zufälligen Phänomen sprechen kann. Gerade eben ist in Neuenburg ein Mann mit einer Axt auf Frauen losgegangen und im September 2016 zündete ein Mann in der St.Galler S-Bahn Frauen an und stach auf sie ein. Wie bei vielen Amokläufern dürften auch hier psychische Probleme den Anstoss gegeben haben: pathologischer Narzissmus, unverdaute Kränkungen, fehlende Frustrationstoleranz. Doch analog zum islamistischen Terror hat auch der Hass auf Frauen ein Fundament.
Beim Islamismus ist es eine klar umrissene Ideologie, die nur Gläubige überhaupt als Menschen anerkennt – und Gewalt gegen alle anderen legitimiert. Auch die Incels radikalisieren sich nicht von heute auf morgen – und vor allem nicht allein. Der britische Journalist Arshy Mann hat über diese Incels recherchiert und Folgendes herausgefunden: Incels sind Teil einer breiter organisierten virtuellen «Männersphäre», unter der sich Online-Maskulinisten mit jeweils verschiedenen Interessen und mehr oder weniger stark ausgeprägtem Frauenhass sammeln: Antifeministen, Aufriss-Artisten, Männerrechtsaktivisten.
Sie beginnen als «Pick-up Artists»
Anders als zum Beispiel Letztere argumentieren die Incels aber nicht mit Menschenrechten oder sonst rationalen Argumenten. Oft beginnen sie als Aufreisser («Pick-up Artists»). Wenn die frauenverachtenden Tricks dann nicht zum Erfolg führen, sind sie erst recht frustriert. Oft spielen sie in entsprechenden Foren gewalttätige Fantasien durch, Säureattacken auf Frauen oder Massenvergewaltigungen. Auch blanker Rassismus und Hass auf Paare unterschiedlicher Hautfarbe. Deshalb rechnet Arhy Mann die Incels letztlich auch zum Feld der sich hauptsächlich im Internet organisierenden White Supremacists.
Noch ist Alek M.'s tatsächliches Motiv nicht klar, doch die Incel-Szene feiert seine Tat jetzt schon im Internet. Der jüngste Anschlag zeigt einmal mehr, wie eng verwandt Frauenhass mit anderen Formen des Extremismus ist. Und sogar als Form des Terrors Gestalt annimmt. Davor sollten wir die Augen nicht verschliessen.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch
Terror aus Frauenhass
Wie Männerbewegungen sich im Internet zu terroristischen Anschlägen radikalisieren.