Terror schreckt Touristen ab – Paris streicht Sommeraktivitäten
Die Angst vor Attentaten hält Touristen von Reisen nach Frankreich ab, besonders an die Côte d'Azur. Aber auch in Paris reagiert man nach dem Anschlag in Nizza.
Der farbenprächtige Markt auf dem Cours Saleya in Nizza, die von schicken Hotels gesäumte Croisette in Cannes oder der Jetset-Tummelplatz Saint-Tropez: Die Côte d'Azur ist seit Jahrzehnten und ungeachtet aller Moden ein Touristenmagnet der besonderen Klasse.
Viele Menschen an der französischen Riviera leben vom Fremdenverkehr, arbeiten in Restaurants oder Hotels. Deshalb befürchten die Branche und die Regierung in Paris nach dem verheerenden Anschlag von Nizza mit 84 Todesopfern nicht nur einen Imageverlust für das Reiseziel am tiefblauen Mittelmeer, sondern auch konkrete wirtschaftliche Einbussen.
Unmittelbar nach der Lastwagen-Attacke vom 14. Juli gab es Absagen von Reisenden. Dem örtlichen Tourismusamt liegen aber noch keine detaillierten Informationen über die Entwicklung nach dem Angriff vor, wie die Nachrichtenagentur dpa am Mittwoch in Nizza erfuhr.
«Es gibt keine grosse Flucht von Touristen», berichtet ein Sprecherin. In der besten Ferienzeit sind nicht Europäer an der «Côte» mit den atemberaubenden Küstenstrassen unterwegs, sondern auch US-Amerikaner, Russen, Japaner oder Chinesen.
Wirtschaftsminister besorgt
In der fernen Hauptstadt Paris ist das sensible Thema Tourismus Chefsache. Der ehrgeizige Wirtschaftsminister Emmanuel Macron, dem Ambitionen auf eine Kandidatur für die Präsidentschaftswahl 2017 nachgesagt werden, berichtet von zurückgehenden Reservierungen.
Nichts sei kritisch, so der Minister, gibt aber zu bedenken: «Wir wissen nicht, ob dieser Rückgang von Dauer ist, aber in einigen Bereichen gibt es einen Rückgang zwischen 20 und 30 Prozent.» Macron lässt grosszügig offen, worauf sich diese Zahlen konkret beziehen.
Paris annulliert Veranstaltungen
Die Pariser Polizei hat heute angekündigt, einige geplante Sommeraktivitäten müssten abgesagt werden, etwa «autofreie Champs-Élysées», Open-Air-Kinos und ein Basektball-Turnier. Man könne die Sicherheit nicht aussreichend garantieren, hiess es zur Begründung.
Nach dem Attentat von Nizza habe man das Sicherheitsdispositiv einer Reihe von Veranstaltungen in Paris und in der Region einer eingehenden Analyse unterzogen. Man sei zum Schluss gekommen, bei einigen Veranstaltungen die Sicherheitsvorkehrungen zu verstärken und einige zu annullieren.
Wachstumsziele in Gefahr
Frankreich, das gerade die Fussball-EM ausrichtete, ist Tourismus-Weltmeister mit den meisten ausländischen Besuchern (84,5 Millionen in 2015). Der Fremdenverkehr trägt mit immerhin 7,4 Prozent zur Wirtschaftsleistung bei.
Eigentlich setzt das Land Hoffnungen in ein weiteres Wachstum und hat sogar das Ziel ausgegeben, bis 2020 die Marke von 100 Millionen ausländischen Besuchern pro Jahr zu knacken.
Sorge um ganzes Land
Ressortchef Macron sorgt sich deshalb um Auswirkungen über die Côte d'Azur hinaus. «Das Attentat von Nizza hat natürlich eine Schockwelle ausgelöst. Diese beeinflusst die Region Provence-Alpes-Côte d'Azur (Paca), aber möglicherweise auch die grossen Touristenattraktionen in Frankreich, die Pariser Region.»
Der Vize-Chef des Hotelierverbands UMIH, Hervé Becam, sagte der Zeitung «Journal du Dimanche»: «Man muss jetzt eine Ansteckung verhindern, damit nicht die ganze Côte d'Azur davon eingeholt wird oder sogar (...) alle Badeorte des Landes.»
Die Beherbergungsbranche im Land der feinen Küche und guten Weine steht bereits seit den Pariser Terroranschlägen vom 13. November 2015 unter Druck. In den ersten drei Monaten (2016) schrumpfte die Zahl der Übernachtungen im Grossraum Paris im Jahresvergleich um sechs Prozent.
Unterstützung für Tourismus-Sektor
«Es ist ruhig», meint die Angestellte eines einfachen, aber gepflegten Hauses im Herzen der Hauptstadt bei 35 Grad Hitze. Das Aussenministerium richtete ein Notfall-Komitee ein - es tagte erstmals einen Tag vor dem Anschlag von Nizza.
Wirtschaftsminister Macron sagt dem strategisch wichtigen Sektor nun Unterstützung zu. Versprochen sind Fristverlängerungen für das Zahlen von Sozialabgaben und Steuern und die Möglichkeit von Teilzeitarbeit.
Die Attacke von Nizza zeigt, dass die Euphorie der Fussball-Europameisterschaft schnell verflogen ist. Während des Turniers im Juni und Juli waren die Hotels in den Ausrichterstädten von Lille bis Marseille oft ausgebucht.
«Eine grossartige Erfahrung», jubelte Aussenminister Jean-Marc Ayrault nach Abschluss der EM. Nun muss Frankreich sein Bild als Perle des internationalen Tourismus wieder neu aufpolieren.
sda/AFP/kat
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