Terrorzelle Trottel
Die Komödie «Four Lions» veralbert Dschihadisten, ohne sie zu verharmlosen – schrecklich lustig.
Eine Komödie über eine islamistische Terrorzelle – so etwas können fast nur Briten: Chris Morris' «Four Lions» veralbert liebevoll Dschihadisten, ohne sie zu verharmlosen – schrecklich lustig. Faisal unterrichtet erfolglos Kamikaze-Krähen. Waj hat das Beten dank einem sprechenden Teddy gelernt und den Rest aus dem Kinderbuch «Die Katze, die nach Mekka ging». Rapper Hassan reimt «creed» auf «died». Und Barry, der Konvertit, bestellt Silbernitrit bei Amazon oder platziert am 9. September einen Twin-Tower-Kuchen vor der Synagoge.
Barry ist nicht nur der Fanatischste, sondern auch der Paranoideste im Trottel-Team. Er entwickelt ständig völlig untaugliche «Überwachungsgegenmassnahmen» und lehrt die andern beispielsweise, SIM-Karten zu verschlucken; «darf ich meine vorher kochen?», fragt Waj.
Bye bye Bin Laden
Diese schwachsinnige Schrumpfkolonne bringt ihren Führer Omar fast um den Verstand. Er selber bekleckert sich allerdings während seiner Ausbildung im Terror-Camp in Pakistan auch nicht gerade mit Ruhm.
Nachdem sein bester Freund Waj Handy-Fotos in «Mujahedin-Style» von sich selber als «Paki-Rambo» in der Welt herumverschickt hat, werden die beiden am zweiten Tag unehrenhaft aus der Armee Allahs entlassen. Bevor sie gehen, sprengt Omar aber versehentlich noch das al-Qaida-Hauptquartier in die Luft.
Märtyrer oder Schaschlik?
Zurück in England, kommt es zu endlosen Diskussionen über das Ziel ihres Selbstmordanschlags. Aber nachdem Faisal versehentlich sich und ein Schaf in die Luft gesprengt hat – man weiss nicht, ist er jetzt «ein Märtyrer oder Lammschaschlik» – pressierts plötzlich, weil die Polizei Fährte aufnimmt.
In grotesken Kostümen und im Lieferwagen mit Omars Namen und Telefonnummer drauf, fahren die vier übriggebliebenen Gotteskämpfer völlig unauffällig zum Einsatz; und obwohl Omar in letzter Minute das Unrecht der Aktion einsieht, überlebt keiner.
Funktioniert wie ein Fussballclub
Der Film wird einmal mehr die Frage «darf man das?» aufwerfen; in Deutschland haben CSU-Politiker bereits sein Verbot beantragt, weil die Geschichte «Feuer ins Öl giessen» würde. Die Befürchtungen sind unbegründet.
Chris Morris – ein Erneuerer der britischen Radio- und TV-Satire – überzeichnet in seinem Kinoerstling einen Männerbund, der nach denselben Regeln wie andere funktioniert, mit Führer, Besserwissern und Idioten, die alles zerreden und nichts auf die Reihe kriegen. Ihre Unbedarftheit macht sie allerdings nicht harmlos.
Die Dummheit hat Morris nicht erfunden. Tatsächlich gab es einmal eine Terrorzelle, die mit einem mit Sprengstoff beladenen Bötchen ein amerikanisches Kriegsschiff versenken wollte; sie beluden ihre Schaluppe – sie sank.
Charme des Selbstgemachten
Was den Film gewöhnungsbedürftig macht, ist weder das gewagte Thema noch der britische Humor, sondern die Art und Weise, wie er aufgenommen ist: Mit wackligen Handkameraaufnahmen wird Authentizität suggeriert, so als ob die Bonsai-Terroristen ihn selber aufgenommen hätten. Da muss man schon bereit sein, seine Hollywood-geschulten Sehgewohnheiten abzulegen.
Neben dem Drehbuch, für das Morris einen Bafta erhielt, ist es vor allem das Schauspielensemble, das den Film sehenswert macht: Neben Riz Ahmed als Omar und Nigel Lindsay als Barry überzeugt vor allem Kayvan Novak als Dumpfbacke Waj.
SDA/phz
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