Thomas Matter öffnet ein Hintertürchen
Der SVP-Nationalrat verlangt die Aufteilung der Steuer-AHV-Reform. Dann stimme ein Teil der SVP vielleicht doch zu.

Seit Dienstag wird die SVP von allen Seiten kritisiert: von links und rechts und sogar von den eigenen Regierungsräten. Den Zorn zog die Partei auf sich, weil sie die Steuer-AHV-Vorlage am Mittwoch im Nationalrat angreifen will. Ihre wichtigsten Wirtschaftspolitiker haben dazu einen vernichtenden Rückweisungsantrag formuliert. Entsetzt sind vor allem die Wirtschaft und die Kantone, weil sie die Reform der Unternehmenssteuern, die 2017 schon einmal gescheitert ist, für ausserordentlich wichtig und dringend halten.
Gratis-Europapark für alle?
An der Dringlichkeit zweifelt auch SVP-Nationalrat Thomas Matter nicht, eine der treibenden Kräfte hinter der Rückweisung. «Mir ist bewusst, dass die Firmen endlich Rechtssicherheit brauchen», sagt der Zürcher. Warum bekämpft er die Vorlage trotzdem, die gerade für Zürich so wichtig ist? «Weil ich meine Grundsätze habe.» Der «Kuhhandel» – die Verknüpfung der Steuerreform mit einer Finanzspritze für die AHV – sei ein Sündenfall, der nicht Schule machen dürfe. «Am Schluss verknüpfen originelle Köpfe das EU-Rahmenabkommen mit Europapark-Gratistickets für alle.» An der Urne werde eine Mehrheit den AHV-Deal als Erpressungsversuch sehen und Nein stimmen.
Ein Hintertürchen lässt Matter aber offen: «Weil die Steuervorlage wirklich sehr wichtig ist, könnte ich diesem Deal allenfalls doch noch zustimmen, wenn das Parlament wenigstens zwei separate Vorlagen daraus macht.» Man kann das als Kompromissangebot an die «Kuhhändler» von SP, FDP und CVP sehen. Die Idee einer Aufteilung fand in der Kommission keine Mehrheit, kommt im Nationalrat aber noch einmal aufs Tapet. Konkret würde das bedeuten, dass das Parlament gleichzeitig und getrennt voneinander die Steuerreform und die AHV-Vorlage beschliesst. Rechtlich wären sie aber immer noch verbunden: Die eine Vorlage tritt nur in Kraft, wenn auch die andere eine Mehrheit findet.
Differenzierte Abstimmung
Die jeweiligen Gegner links und rechts könnten das Referendum gegen den Teil des Deals ergreifen, der sie stört. Am Schluss fände eine Abstimmung über die eine oder andere Vorlage statt oder über beide zusammen. Im zweiten Fall müsste das Volk zweimal Ja stimmen, damit das ganze Paket in Kraft tritt. «Damit könnte ich leben», sagt Matter. So könne das Volk wenigstens seinen Willen differenziert ausdrücken. Für seine Parteikollegen könne er nicht sprechen, sagt Matter, aber: «Ich denke, es gibt eine beträchtliche Chance, dass ein Teil der Fraktion bei einer Aufteilung doch noch zustimmen kann.»
Am liebsten wäre Matter aber ein Neuanfang ohne Verknüpfung. «Es braucht eine Steuervorlage, die in sich überzeugt – ohne AHV-Nutella.» Dieses Ziel hatten viele im Parlament, doch sie fanden keinen gemeinsamen Nenner. Das Dilemma: Nachdem die Linke 2017 die Unternehmenssteuerreform (USR) III verhindert hat, pocht sie besonders auf eine Gegenfinanzierung, vor allem über eine schärfere Dividendenbesteuerung. Dies kommt jedoch für Gewerbler und Familienunternehmer nicht infrage, notabene auch für Matter nicht. Er verweist stattdessen auf den Vorschlag, den die SVP am Dienstag präsentierte. Die SP hat darauf aber schroff reagiert und sofort mit dem Referendum gedroht. Matter sagt, er verstehe das nicht, die USR III sei für die Firmen steuerlich attraktiver gewesen als der neue Vorschlag der SVP. Dieser sieht auf Bundesebene keine neuen Steuererleichterungen für Unternehmen vor. Eine Gegenfinanzierung aber hält Matter für unnötig. «Bei jeder Steuerreform redet man im Vorfeld von Steuerausfällen und merkt nachher, dass Mehreinnahmen resultierten, da neue Unternehmen zugezogen sind.»
Fragt sich nur, ob die Politik dies dem Volk im zweiten Anlauf glaubhaft machen kann.
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