Krieg in der Ukraine im News-Ticker: Ukrainische Armee verkündet Rückzug aus Lyssytschansk | «Viele Tote und Verletzte» bei russischem Angriff auf Slowjansk
Krieg in der Ukraine im News-Ticker – Ukrainische Armee verkündet Rückzug aus Lyssytschansk | «Viele Tote und Verletzte» bei russischem Angriff auf Slowjansk
Russland führt Krieg gegen die Ukraine. Wir berichten laufend.
Das Wichtigste in Kürze:
Prorussische Separatisten melden die Kontrolle über die Stadt Lyssytschansk – die Ukraine widerspricht jedoch.
Kiew wirft Moskau vor, bei Luftattacken am Freitag auf die Schlangeninsel zweimal Phosphorbomben verwendet zu haben.
Der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko droht dem Westen offen.
Die Ukraine exportiert nun Strom in die EU. Das soll einen Teil der Lücke schliessen, welche nach dem Ausfall russischer Gaslieferungen entstand.
Visuelle Übersicht – Der Ukraine-Krieg in Grafiken und Karten
Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski sieht die Stadt Lyssytschansk im Osten des Landes trotz des Rückzugs der ukrainischen Armee noch nicht als verloren an. «Wenn das Kommando unserer Armee Menschen von bestimmten Punkten der Front abzieht, wo der Feind den grössten Feuervorteil hat – insbesondere Lyssytschansk –, bedeutet das nur eins: Dass wir dank unserer Taktik, dank der verstärkten Versorgung mit modernen Waffen, zurückkommen werden», sagte er am Sonntag. Nach wochenlangem Abwehrkampf hatte die ukrainische Armee am Abend bekanntgegeben, dass sie aus Lyssytschansk abzieht. Der Montag ist für die Ukraine der 131. Kriegstag.
Der Rückzug sei zum Schutz der Soldaten erfolgt. «Wir holen alles zurück, wir bauen alles wieder auf.» Russland hatte zuvor gemeldet, dass es die Stadt eingenommen habe. Lyssytschansk war die letzte grössere Bastion der Ukrainer im Gebiet Luhansk. Dessen Eroberung gehört zu den von Russland benannten Kriegszielen. Die Angaben aus den Kampfgebieten lassen sich unabhängig kaum prüfen.
Präsident Selenski sagte, die ukrainische Armee bewege sich vorwärts – sowohl im Gebiet Charkiw im Osten, als auch im Gebiet Cherson im Süden und auf dem Schwarzen Meer. Die jüngst wiedererlangte Schlangeninsel sei ein gutes Beispiel dafür. «Es wird einen Tag geben, an dem wir dasselbe über den Donbass sagen werden», meinte er.
Tote und Verletzte durch Beschuss
Bei Raketenangriffen auf die ostukrainische Stadt Slowjansk wurden Bürgermeister Wadym Ljach zufolge sechs Menschen getötet und 15 verwundet. Ljach nannte die Attacke am Sonntag den «schwersten Angriff in jüngster Zeit» auf die Grossstadt in der Region Donezk. Unter den Toten sei ein Kind. Ljach zufolge wurden zivile Objekte getroffen – keine militärischen Einrichtungen. Beim Beschuss des ostukrainischen Gebiets Charkiw wurden dem regionalen Befehlshaber Oleg Sinegubow zufolge drei Menschen getötet und einer verletzt.
Kreml wirft Westen Kriegstreiberei vor
Russland warf dem Westen vor, Friedensverhandlungen mit der Ukraine zu verhindern und den Krieg damit in die Länge zu ziehen. «Jetzt ist der Moment, wo die westlichen Länder alles auf eine Fortsetzung des Kriegs setzen», sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. Unter Führung der USA erlaube der Westen den Ukrainern «weder an Frieden zu denken noch darüber zu reden oder ihn zu besprechen». Der ukrainische Präsidentenberater Mychajlo Podoljak reagierte mit den Worten, Russland kenne die Bedingungen für Verhandlungen: Waffenstillstand, Truppenabzug, die Rückkehr entführter Bürger, die Auslieferung von Kriegsverbrechern sowie ein Reparationsmechanismus und die Anerkennung der souveränen Rechte der Ukraine. «Die Zeit wird kommen, und wir werden sie auf Papier festhalten», meinte Podoljak.
Selenski trifft IOC-Chef Bach
Präsident Selenski begrüsste bei einem Treffen mit IOC-Präsident Thomas Bach in Kiew den Ausschluss russischer und weissrussischer Sportler aus vielen Turnieren. «Man darf nicht zulassen, dass ein Terrorstaat den Sport nutzt, um seine politischen Interessen und Propaganda zu fördern», sagte er einer Mitteilung zufolge am Sonntag. Er sei Bach für seine «unerschütterliche Position» bei diesem Thema dankbar. «Während Russland versucht, das ukrainische Volk zu zerstören und andere Länder Europas zu erobern, haben seine Vertreter keinen Platz in der Sportgemeinschaft der Welt», betonte Selenski.
Die ukrainische Armee hat ihren Rückzug aus der umkämpften Stadt Lissitschansk verkündet. «Um das Leben der ukrainischen Verteidiger zu schützen, wurde die Entscheidung getroffen, sich zurückzuziehen», teilte der Generalstab der ukrainischen Streitkräfte am Sonntagabend in einer Erklärung mit. Zuvor hatte Präsident Wolodimir Selenski die Angaben Russlands zur vollständigen Einnahme der Stadt noch zurückgewiesen. Der Generalstab verwies in seiner Erklärung auf die zahlenmässige und materielle Überlegenheit der russischen Armee. Eine weitere Verteidigung hätte daher «fatale Folgen».
Rund 1300 Menschen haben am Sonntag die Gedenkfeier zur Schlacht von Sempach von 1386 besucht. Nationalratspräsidentin Irène Kälin rief in ihrer Rede zu Solidarität mit der Ukraine und den Kriegsbetroffenen auf.
Als Festrednerin erinnerte Nationalratspräsidentin Kälin (Grüne/AG) an ihre Reise in die Ukraine. Sie sei vom Optimismus der Leute tief beeindruckt gewesen, sagte Kälin laut Redetext. «Trotz aller Gräuel des Krieges sind sie voller Hoffnung und Zuversicht, dass sich die Situation zum Besseren wenden wird.»
Ebenso beeindruckt, führte Kälin weiter aus, sei sie aber von der emphatischen Art, wie die Mitbürgerinnen und Mitbürger die Flüchtlinge aus der Ukraine aufgenommen hätten. «Lasst uns alle miteinander dafür Sorge tragen, dass unsere Solidarität bleibt und diesen Krieg überdauert.»

Bei einem russischen Angriff auf Slowjansk im Osten der Ukraine hat es nach Angaben des örtlichen Bürgermeisters «viele Tote und Verletzte» gegeben. Die Stadt in der Donbass-Teilregion Donezk sei am Sonntag mit Mehrfachraketenwerfern beschossen worden, sagte Bürgermeister Wadym Liach in einem bei Facebook veröffentlichten Video. Es seien die heftigsten Angriffe «seit langem» gewesen. Es gebe 15 Brände.
Slowjansk liegt bereits seit Tagen unter Raketenbeschuss. Bürgermeister Liach hatte Russland zuvor bereits vorgeworfen, bei den Angriffen auf die Stadt Streumunition eingesetzt zu haben. Streumunition ist durch internationale Verträge geächtet, welche Moskau allerdings nicht unterzeichnet hat.
Ein Dokumentarfilm zeigt, wie der französische Präsident mit Wladimir Putin und Wolodimir Selenski telefonierte. Er demonstriert die Arroganz des russischen Präsidenten – und hinterlässt offene Fragen. Lesen Sie mehr dazu: «Wladimir, wo hat denn dein Jurist Recht studiert?»

Russland hat dem Westen vorgeworfen, Friedensverhandlungen mit der Ukraine zu verhindern und den Krieg damit in die Länge zu ziehen. «Jetzt ist der Moment, wo die westlichen Länder alles auf eine Fortsetzung des Kriegs setzen», sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Sonntag im Staatsfernsehen. Unter Führung der USA erlaube der Westen den Ukrainern «weder an Frieden zu denken noch darüber zu reden oder ihn zu besprechen (Lesen Sie zu Putins Propaganda auch: Wie es ist, einen Tag lang russische Medien zu konsumieren). Damit reagierte Peskow auf Äusserungen westlicher Politiker, die Ukraine nicht zu Verhandlungen drängen zu wollen.
Derzeit gebe es offenbar keinen Bedarf an einer Befriedung der Lage, mutmasste der Sprecher von Präsident Wladimir Putin. Trotzdem werde der Moment für Verhandlungen kommen. Für einen Frieden müsse die Ukraine aber die russischen Forderungen annehmen, sagte Peskow.
Die Ukraine hat russischen Angaben widersprochen, wonach die Stadt Lyssytschansk im Osten des Landes von Russland erobert worden sei. Die Stadt stehe nicht unter vollständiger russischer Kontrolle, sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums in Kiew am Sonntag dem britischen Sender BBC. Die Situation sei seit einiger Zeit jedoch «sehr intensiv», russische Truppen griffen die Stadt permanent an.
«Für Ukrainer hat der Wert menschlichen Lebens oberste Priorität», sagte der Sprecher weiter. «Deshalb könnten wir uns manchmal aus gewissen Gebieten zurückziehen, um sie in der Zukunft zurückzuerobern.»
Der ukrainische Ministeriumssprecher sagte dazu, der Donbass sei nicht verloren, selbst wenn Russland ganz Luhansk erobere. Es gebe dort weitere grosse Städte, vor allem im Gebiet Donezk, die unter ukrainischer Kontrolle seien. «Diese Städte waren in den vergangenen Tagen Ziel schwerer Raketenangriffe und von Artilleriebeschuss. Aber der Kampf um den Donbass ist noch nicht vorbei.»
Die russische Armee hat nach eigenen Angaben die strategisch wichtige Stadt Lyssytschansk in der Ostukraine erobert. Damit sei die gesamte Donbass-Region Luhansk «befreit» worden, erklärte am Sonntag das Verteidigungsministerium in Moskau. Lyssytschansk war seit Tagen heftig umkämpft.
Verteidigungsminister Sergej Schoigu habe Präsident Wladimir Putin in dessen Funktion als Oberbefehlshaber der russischen Streitkräfte «über die Befreiung der Volksrepublik Luhansk informiert», erklärte das Ministerium. Russische Truppen und pro-russische Kämpfer hätten «die vollständige Kontrolle» über Lyssytschansk und nahegelegene Ortschaften übernommen. Die Nachrichtenagentur AFP konnte die Angaben zunächst nicht unabhängig überprüfen.
Wenige Minuten vor der Ankündigung des Ministers hatte der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow, noch mitgeteilt, dass in Lyssytschansk weiter gekämpft werde und die ukrainischen Truppen dort «vollständig» eingekreist seien. Der ukrainische Gouverneur von Luhansk, Serhij Gajdaj, hatte am Sonntag im Onlinedienst Telegram geschrieben,dass die Russen in Lyssytschansk weiter vorgerückt seien.
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Mit ihrem Auftritt in der «Arena» löste die Basler Nationalrätin und Grüne-Vizepräsidentin Sibel Arslan heftige Kritik aus. Die Sendung am Freitagabend befasste sich mit dem Thema «Schweizer Neutralitätspolitik». Seit dem Beginn des Krieges in der Ukraine wird vermehrt diskutiert, wie sich die Schweiz verhalten und ob an der Schweizer Neutralität festgehalten werden soll (Lesen Sie zum Thema auch: Volksbegehren zur Neutralität: Der Initiativtext steht – jetzt greift Blocher an).
Arslan betonte, dass die Schweiz sich nicht in diesen Konflikt hineinziehen lassen dürfe. Dabei kritisierte sie vor allem die Nato, die sie als «Angriffsbündnis» und «Kriegsbündnis» bezeichnete. «Schon allein die Annäherung an die Nato seitens der Ukraine hat Russland so provoziert, dass man dort einen Krieg angefangen hat», sagte Arslan.
Die Verlautbarungen des Kreml treffen in Serbien auf ein aufnahmebereites Publikum. Ein allgemeiner Hass auf die Nato und die USA haben viele Menschen veranlasst, sich auf Moskaus Seite zu schlagen. Während der Grossteil Europas gegenüber russischen Nachrichtenportalen hart durchgreift, florieren sie in Serbien. Sogar staatliche Medien beten oft die Kreml-Aussagen nach.
Unter Präsident Aleksandar Vucic sind Serbiens Medien zunehmend auf Regierungslinie gebracht worden. Die wenigen verbliebenen unabhängigen Nachrichtenmedien sehen sich anhaltendem Druck durch die Behörden ausgesetzt.
Bereits im Vorfeld des Krieges druckte Serbiens führende Boulevardzeitung «Informer» lobhudelnde Artikel über Wladimir Putin. Und nur zwei Tage vor der russischen Invasion präsentierte sie ihren Lesern eine Titelgeschichte mit der Überschrift «Die Ukraine hat Russland angegriffen».
Journalismus-Experte Dinko Gruhonjic von der Universität Novi Sad sagt: «Serbiens regierungsfreundliche Propaganda-Medien haben einen Personenkult um Putin geschaffen.» Dieser übertreffe sogar den Kult um Präsident Vucic. Putin geniesse «praktisch göttlichen Status».
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Letzten Umfragen der in Belgrad ansässigen Nichtregierungsorganisation Crta zufolge fühlen sich zwei Drittel der Serben Russland «näher». Zwei Drittel der Bevölkerung glauben zudem, der Kreml sei von «den Expansionsabsichten der Nato» in den Krieg getrieben worden.
Dieselbe Umfrage suggeriert, dass 40 Prozent der Serben sich lieber mit Moskau verbünden würden, als den langjährigen Beitrittsprozess zur Europäischen Union weiter zu verfolgen. «Regierungsfreundliche Medien haben eine klar positive Einstellung zu Russland, sind der EU gegenüber neutral und der Ukraine gegenüber negativ», sagte Vujo Ilic, ein Autor der Studie.
Mit den unverminderten russischen Angriffen in der Ukraine wachsen die Zweifel an der Wirksamkeit der Sanktionen. Doch hinter den Kulissen werden die Schäden sichtbar. Lesen Sie mehr dazu: Der Abschwung ist auf Kurs

Die von russischen Truppen besetzte Grossstadt Melitopol im Süden der Ukraine ist in der Nacht zum Sonntag von Dutzenden Explosionen erschüttert worden. Mehr als 30 Geschosse seien auf einen der vier russischen Militärstützpunkte in der Stadt abgefeuert worden, teilte der ukrainische Bürgermeister von Melitopol, Iwan Fjodorow, am Sonntag in einer auf seinem Telegram-Kanal verbreiteten Videoansprache mit. Der Stützpunkt sei damit ausser Gefecht gesetzt worden. Unabhängig lassen sich diese Angaben nicht überprüfen.
Laut Fjodorow wurden Militärgerät und mehrere Treibstofflager getroffen. Daher hielten die Explosionen auch Stunden nach den Angriffen noch an. Tatsächlich sind in den sozialen Netzwerken Bilder und Videos aufgetaucht, die Rauchwolken über der Stadt zeigen. Zugleich wurde bekannt, dass Ein- und Ausfahrt aus der Stadt gesperrt wurden. Nach Aussagen Fjodorows wurde zudem ein russischer Zug zum Entgleisen gebracht. Dieser habe Nachschub für die russischen Besatzer in die Stadt bringen sollen.
Die russische Militärverwaltung der Stadt bestätigte am Morgen den Angriff auf Melitopol. Ihren Angaben nach wurden mehrere Wohnhäuser durch den Beschuss mit Raketenwerfern beschädigt. Zudem sei ein Zug beschossen worden, der Lebensmittel von der Krim in die Stadt gebracht habe.
Während die russischen Truppen nach Beginn ihrer Invasion Melitopol relativ schnell erobern konnten, gibt es in der zweitgrössten Stadt des Gebiets Saporischschja nach wie vor Widerstand gegen die russische Besetzung. So wurden zuletzt vermehrt Partisanenaktivitäten und Anschläge auf prorussische Beamte in der Region gemeldet (Lesen Sie zum Widerstand in der Ukraine auch: Partisanen bringen russische Soldaten in Bedrängnis). Die Front zwischen russischen und ukrainischen Truppen verläuft derweil rund 60 Kilometer nördlich der Grossstadt.
Angesichts der massiven Zerstörungen in der Ukraine hat Präsident Wolodimir Selenski nach mehr als vier Monaten Krieg internationale Hilfe beim Wiederaufbau seines Landes gefordert. Es seien «kolossale Investitionen, Milliarden, neue Technologien, bewährte Verfahren, neue Institutionen und natürlich Reformen» notwendig, betonte er.
«Es ist notwendig, nicht nur alles zu reparieren, was die Besatzer zerstört haben, sondern auch eine neue Grundlage für unser Leben zu schaffen – sicher, modern, komfortabel, barrierefrei» sagte Selenski in einer Ansprache in der Nacht zum Sonntag. Der ukrainische Staatschef verwies in diesem Zusammenhang auch auf ein Treffen von 40 potenziellen Geberländern am kommenden Montag im schweizerischen Lugano. Die ukrainische Regierung will bei der Veranstaltung erstmals ihre Prioritäten für den Wiederaufbau des kriegszerstörten Landes vorstellen.
Selenski erinnerte zudem daran, dass der Krieg noch lange nicht vorbei sei. «Seine Brutalität nimmt mancherorts zu.» Er appellierte an seine Landsleute, sich freiwillig für Kriegsopfer zu engagieren (Lesen Sie zum Thema auch: Ausländische Veteranen sind überrascht von der Brutalität im Ukraine-Krieg).
Separatisten vermelden Erfolge in Lyssytschansk – Kiew widerspricht
Prorussische Separatisten haben eigenen Angaben zufolge gemeinsam mit russischen Soldaten das Gebäude der Stadtverwaltung im schwer umkämpften ostukrainischen Lyssytschansk unter ihre Kontrolle gebracht. Das sagte der Separatistenvertreter Andrej Marotschko der russischen Agentur Interfax am Samstagabend. Ähnliche Mitteilungen über die strategisch wichtige Stadt im Gebiet Luhansk gab es auch von der russischen Nachrichtenagentur Ria Nowosti und vom Präsidenten der russischen Teilrepublik Tschetschenien, Ramsan Kadyrow. Die Ukraine stellte die Lage hingegen zuletzt anders dar.
Die ukrainische Seite sprach am Samstag auch von heftigen Gefechten, bezeichnete die Stadt aber weiter als umkämpft. Der Gouverneur des Luhansker Gebiets, Serhi Haidai, teilte mit, die Russen versuchten, Lyssytschansk von verschiedenen Seiten aus zu stürmen. Später am Tag bekräftigte der Sprecher der ukrainischen Nationalgarde, Ruslan Musytschuk: «In der Nähe von Lyssytschansk finden heftige Kämpfe statt, aber glücklicherweise ist die Stadt nicht umzingelt und steht unter der Kontrolle ukrainischer Truppen.»

Lyssytschansk ist der letzte grosse Ort im Gebiet Luhansk, den die ukrainischen Truppen noch gehalten haben. Die Eroberung des Gebiets ist eines der erklärten Ziele Moskaus in dem Krieg. In der letzten Woche hatte das ukrainische Militär die nur durch einen Fluss von Lyssytschansk getrennte Grossstadt Sjewjerodonezk aufgeben müssen.
Lukaschenko droht dem Westen
Der russlandtreue Machthaber der Ex-Sowjetrepublik Belarus, Alexander Lukaschenko, drohte dem Westen. Sollte es einen Angriff auf Belarus geben, werde sein Land sofort reagieren, sagte Lukaschenko der staatlichen Nachrichtenagentur Belta zufolge. «Vor weniger als einem Monat habe ich den Einheiten der Streitkräfte den Befehl gegeben, die – wie man jetzt sagen kann – Entscheidungszentren in Ihren Hauptstädten ins Visier zu nehmen», sagte der 67-Jährige. Was genau er damit meinte, erläuterte er nicht. Ungeachtet der Tatsache, dass Russland selbst die Ukraine angegriffen hat, stellen sich Moskau und das verbündete Minsk immer wieder als Opfer vermeintlich feindlicher Politik des Westens und der Nato im Speziellen dar.
Das wird am Sonntag wichtig
In der Ukraine dürften die Kämpfe um Lyssytschansk weiter im Mittelpunkt des Kriegsgeschehens stehen.
Bei Explosionen in der russischen Stadt Belgorod nahe der Grenze zur Ukraine sind nach Angaben des Gouverneurs der Region drei Menschen ums Leben gekommen. Das schrieb Wjatscheslaw Gladkow am Sonntag laut Agentur Tass im Nachrichtendienst Telegram. Vier weitere Menschen seien verletzt worden, darunter ein zehnjähriges Kind. Darüber hinaus seien 50 Häuser beschädigt worden. Die Ursachen des Vorfalls würden untersucht, das Luftabwehrsystem werde voraussichtlich aktiviert. Die Angaben waren von unabhängiger Seite nicht überprüfbar.
Russland hat am 24. Februar einen Angriffskrieg gegen das Nachbarland Ukraine begonnen und beklagte seitdem wiederholt auch Angriffe auf sein eigenes Staatsgebiet. Neben Belgorod werfen auch andere russische Regionen – darunter Kursk und Brjansk – der ukrainischen Seite immer wieder Beschuss vor. Kiew äussert sich zu den Vorwürfen in der Regel nicht.
Angesichts der massiven Zerstörungen in der Ukraine hat Präsident Wolodimir Selenski nach mehr als vier Monaten Krieg internationale Hilfe beim Wiederaufbau seines Landes gefordert. «Es ist notwendig, nicht nur alles zu reparieren, was die Besatzer zerstört haben, sondern auch eine neue Grundlage für unser Leben zu schaffen: sicher, modern, komfortabel, barrierefrei», sagte er in einer Ansprache in der Nacht zum Sonntag.
Dies erfordere «kolossale Investitionen, Milliarden, neue Technologien, bewährte Verfahren, neue Institutionen und natürlich Reformen». Der ukrainische Staatschef verwies in diesem Zusammenhang auch auf ein Treffen von 40 potenziellen Geberländern an diesem Montag im schweizerischen Lugano. Die ukrainische Regierung will bei der Veranstaltung erstmals ihre Prioritäten für den Wiederaufbau des kriegszerstörten Landes vorstellen.
Selenski erinnerte daran, dass der Krieg noch lange nicht vorbei sei. «Seine Brutalität nimmt mancherorts zu.» Er appellierte an seine Landsleute, sich freiwillig für Kriegsopfer zu engagieren.
Sollte es einen Angriff auf Belarus geben, werde sein Land sofort reagieren, sagte Lukaschenko der staatlichen Nachrichtenagentur Belta zufolge am Samstag in einer Rede zum bevorstehenden Unabhängigkeitstag des Landes.
«Vor weniger als einem Monat habe ich den Einheiten der Streitkräfte den Befehl gegeben, die – wie man jetzt sagen kann – Entscheidungszentren in ihren Hauptstädten ins Visier zu nehmen», sagte der 67-Jährige. Was genau er damit meinte, erläuterte er nicht.
Er fügte hinzu: «Fassen Sie uns nicht an – und wir werden Sie nicht anfassen.» Ungeachtet der Tatsache, dass Russland selbst die Ukraine angegriffen hat, stellen sich Moskau und das verbündete Minsk immer wieder als Opfer vermeintlich feindlicher Politik des Westens und der Nato im Speziellen dar.
Der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko hat der Ukraine Raketenangriffe auf sein Land vorgeworfen. «Vor rund drei Tagen, vielleicht mehr, wurde von der Ukraine aus versucht, militärische Ziele in Belarus anzugreifen», sagte Lukaschenko am Samstag laut der staatlichen Nachrichtenagentur Belta. «Gott sei Dank haben unsere Luftabwehrsysteme alle Raketen abgefangen, die von den ukrainischen Truppen abgefeuert wurden», sagte er demnach.
«Wie ich vor mehr als einem Jahr gesagt habe, wir haben nicht die Absicht, in der Ukraine zu kämpfen», fügte er hinzu.
Nach dem Beginn der Offensive diente Belarus als Basis für die russischen Streitkräfte. Diese versuchten von dort aus die Hauptstadt Kiew einzunehmen, bevor sie sich Ende März wegen des ukrainischen Widerstands zurückzogen.
Angesichts massiver westlicher Sanktionen ist die Regierung in Minsk militärisch und wirtschaftlich stark abhängig von Russland. Vergangene Woche sicherte Kremlchef Wladimir Putin Lukaschenko die Lieferung von atomwaffenfähigen Raketensystemen «in den kommenden Monaten» zu.
Prorussische Separatisten haben nach eigenen Angaben die Stadt Lyssytschansk im ostukrainischen Gebiet Luhansk vollständig umzingelt. Am Samstag seien mithilfe der russischen Armee «die letzten strategisch wichtigen Höhen» besetzt worden, sagte der Separatistenvertreter Andrej Marotschko der russischen Agentur Interfax. Der Präsident der russischen Teilrepublik Tschetschenien, Ramsan Kadyrow, erklärte, Russlands Truppen seien schon ins Stadtzentrum von Lyssytschansk vorgedrungen. Unabhängig überprüfen liessen sich diese Angaben nicht.
Die ukrainische Seite sprach zwar auch von heftigen Gefechten, bezeichnete die Stadt aber weiter als umkämpft. Der Gouverneur des Gebiets, Serhij Hajdaj, teilte mit, die Russen versuchten, Lyssytschansk von verschiedenen Seiten aus zu stürmen. Ein ukrainischer Armeesprecher sagte am Samstag im Fernsehen, die Stadt sei «aber nicht eingekesselt und weiter unter Kontrolle der ukrainischen Armee».
Nach britischer Einschätzung setzt Russland in der Ukraine zunehmend auf ungenaue Raketen. Grund sei wohl, dass die Vorräte an modernen, zielgenauen Waffen schwinden, so das Verteidigungsministerium in London. Auf Überwachungsaufnahmen sei zu sehen, dass ein Einkaufszentrum in der ostukrainischen Stadt Krementschuk sehr wahrscheinlich von einer Rakete des Typs Ch-32 getroffen worden sei. Dabei handele es sich um eine Weiterentwicklung der sowjetischen Rakete Ch-22, die aber noch immer nicht dafür optimiert sei, Bodenziele genau zu treffen. In Krementschuk wurden bei dem Angriff am Montag mindestens 20 Menschen getötet.
Der ukrainische Präsidentenberater Mychajlo Podoljak sprach von einer veränderten Kriegsführung der russischen Armee. «Es ist eine neue Taktik Russlands: Wohnviertel zu attackieren und Druck auf westliche politische Eliten auszuüben, um die Ukraine zu zwingen, sich an den Verhandlungstisch zu setzen.» Moskau nehme keine Rücksicht darauf, wie die Welt auf «unmenschliche Angriffe» mit Marschflugkörpern auf Wohnviertel reagiere. Diese Taktik werde aber nicht aufgehen, sagte der Berater von Selenski.
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