Tiefere Steuern für saubere Autos
Im Kanton Zürich sollen energieeffiziente Autos einen Steuerrabatt von 80 Prozent erhalten. Den Linken geht der Regierungsrat mit dieser Idee zu wenig weit, die SVP vermutet eine sozialistische Umverteilung.
Zürich - 286 Millionen Franken nimmt der Kanton jährlich mit Verkehrsabgaben ein, die er für Bau und Unterhalt von Strassen und Radwegen verwendet. Dazu trägt jeder Zürcher Autobesitzer bei: Der Fahrer eines VW Golf 1600 bezahlt heute 330 Franken im Jahr. Diese Autosteuer gilt unverändert seit 1966 und ist laut Regierung vom System her veraltet. Sie stützt sich allein auf die Grösse des Motors und berücksichtigt weder Verbrauch noch Gewicht des Autos. Sicherheitsdirektor Hans Hollenstein (CVP) hat gestern ein neues Modell vorgestellt.
Neu sollen Hubraum und Gesamtgewicht eines Fahrzeugs je zu 50 Prozent in die Autosteuer einfliessen.
Die Höhe der Steuer hängt neu von der Energieetikette ab, die auf jedem Neu- und Occasionswagen prangt. Fahrzeuge der Klasse A erhalten für vier Jahre einen Rabatt von 80 Prozent.
Autos mit Etikette B erhalten für vier Jahre einen 50-Prozent-Rabatt.
Zusatzbedingung für einen Rabatt ist ein maximaler CO2-Ausstoss von 140 Gramm pro Kilometer. Das entspricht einem Verbrauch von etwa 6 Litern pro 100 Kilometer.
Lastwagen sollen nicht mehr nach Nutzlast, sondern neu nach Gesamtgewicht und Sauberkeit des Motors besteuert werden. Das gilt auch für Cars.
Motorräder werden nicht mehr bloss nach Hubraum, sondern neu zusätzlich nach Emissionen besteuert.
Gefährliche Klippe umschifft
Wenn Regierungsrat Hollenstein mit dieser Vorlage durchkommt, schreibt er Geschichte. Seine Vorgänger sind schon sechsmal gescheitert. Ihr Hauptanliegen war allerdings meistens eine Erhöhung der Abgaben. Dieser gefährlichen Klippe ist Hollenstein jetzt ganz bewusst ausgewichen. «Das neue Gesetz kostet die Zürcher Autofahrer insgesamt nicht mehr», versprach er vor den Medien. Durch die Berücksichtigung des Gewichts kosten leichte Autos weniger und schwere mehr. Das Rabattsystem für die beiden Energiekategorien A und B dürften nach heutigem Bestand etwa 20 000 Autos betreffen und zu Mindereinnahmen von 4 Millionen Franken im Jahr führen. Strassenverkehrsamtschef Rolf Grüninger rechnet aber damit, dass durch den steigenden Fahrzeugbestand (10 000 pro Jahr) jährlich 3 Millionen Franken dazukommen und die Rabatte bald ausgeglichen werden.
Die Formel als Balanceakt
Ein von allen als gerecht empfundenes Steuersystem für Autos entspricht den Anforderungen an eine «eierlegende Wollmilchsau». Es muss - so zeigte die Vernehmlassung - verursachergerecht, ökologisch, saldoneutral und einfach umsetzbar sein, darf die Wirtschaft nicht benachteiligen und muss - vor allem - mehrheitsfähig sein. Ökologisch ist es, weil die Motorgrösse mit dem Verbrauch zusammenhängt. Und weil schwere Fahrzeuge die Strassen viel stärker belasten. Ein Hummer-Offroader zum Beispiel kostet neu 4000 statt wie bisher 1000 Franken. Einfach umzusetzen ist es, weil Gewicht, Hubraum und Kategorie aller 800 000 Fahrzeuge im Strassenverkehrsamt gespeichert sind.
Einen Makel hat Hollensteins Formel: Wer seinen VW Golf das ganze Jahr in der Garage lässt, zahlt gleich viel wie ein Vielfahrer. Die Lösung wäre eine verbrauchsabhängige Abgabe. «Mit 32 Rappen pro Liter Treibstoff könnten wir die Autosteuer ersetzen», sagt Rolf Grüninger. Weitere Möglichkeit: eine Abgabe pro Kilometer. Die Grünen haben gestern eine Selbstdeklaration gemäss eigenem Kilometerzähler vorgeschlagen.
Regierungsrat Hollenstein betont, dass eine verbrauchsabhängige Abgabe zwar gerecht, in einem kantonalen Gesetz heute aber noch nicht umsetzbar sei. «Messgeräte wie die Zähler für die Schwerverkehrsabgabe in Lastwagen wären viel zu teuer.» Und der eigene Kilometerzähler wäre viel zu leicht manipulierbar. «Mit einer Bohrmaschine geht das ganz einfach», sagte Grüninger. Eine Treibstoffabgabe, ebenfalls gerechter als die Fixsteuer, müsste vom Bund koordiniert werden.
Die Parteien zeigten gestern die erwarteten Reaktionen: Linke und Grüne fordern eine fahrleistungsabhängige Lösung und einen tieferen Grenzwert für Rabatte als 140 Gramm CO2. Die Mitteparteien bis hin zur FDP sprechen von einem Optimum. Grundsätzliche Gegnerschaft kommt nur von der SVP. Diese spricht von einer gewerbefeindlichen Vorlage, weil Lieferwagen und Kleinbusse teurer würden. Das Rabattsystem führe zudem zu einer «sozialistischen Umverteilung». Mit der neuen Autosteuer würde das Fahren von schweren und hubraumstarken Offroadern teurer. Foto: Gaetan Bally (Keystone)
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