Bald 25 Jahre ist es her, seit die damals 20-jährige Pfadiführerin Pasquale Brumann sterben musste. Ihre Leiche wurde nackt und mit mehreren Messerstichen im Hals im Waldboden verscharrt auf dem Zollikerberg gefunden. Ein paar Tage später endete in Zürich eine gross angelegte Suchaktion der Polizei. Sie konnte den wegen elf Vergewaltigungen und zwei Sexualmorden zu lebenslanger Zuchthausstrafe verurteilten Erich Hauert stellen. Er war auf Hafturlaub.
Danach fand in der Schweiz ein Umdenken beim Umgang mit Sexual- oder Gewaltstraftätern statt. Statt der Resozialisierung der Täter stand immer mehr der Schutz von möglichen neuen Opfern im Vordergrund. Vor 14 Jahren sagte auch das Stimmvolk mit klarer Mehrheit Ja zur Volksinitiative «Lebenslange Verwahrung für nicht therapierbare, extrem gefährliche Sexual- und Gewaltstraftäter». Gemäss Initiativtext sollen die Täter, wenn sie in den Gerichtsgutachten als extrem gefährlich erachtet und als nicht therapierbar eingestuft werden, wegen des hohen Rückfallrisikos bis an ihr Lebensende verwahrt werden. Frühzeitige Entlassung und Hafturlaub sind ausgeschlossen.
«Die Täter werden erst freigelassen, wenn sie alt und ungefährlich sind.»
Nächste Woche startet der Prozess um den grausamen Vierfachmord von Rupperswil AG. Der Täter Thomas N. wird aller Voraussicht nach ebenfalls verwahrt werden. Wird er aber auch wirklich nie mehr freikommen? Wahrscheinlich nicht, und das, obwohl die Initiative nicht buchstabengetreu umgesetzt worden ist. Gerade letzte Woche kippte das Bundesgericht wieder eine lebenslange Verwahrung. Es bestätigte zwar die lebenslängliche Freiheitsstrafe gegen den Mann, der 2013 die junge Marie getötet hat. Doch es befand: Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine lebenslängliche Verwahrung seien nicht erfüllt. Wird der Volkswille damit wie etwa bei der Alpen- oder der Masseneinwanderungsinitiative einmal mehr nicht umgesetzt?
Wahrscheinlich doch. Eine Untersuchung zeigt nun zum ersten Mal, wie viele verwahrte Straftäter in den letzten Jahren aus dem Gefängnis kamen. Es sind äusserst wenige, und sie werden obendrein erst dann freigelassen, wenn sie alt, krank und nicht mehr imstande sind, ein schweres Delikt zu begehen, stellt Studienautor Thomas Freytag, Vorsteher des Amtes für Justizvollzug des Kantons Bern, fest. Bei Richtern und Gutachtern herrsche heute eine Null-Risiko-Mentalität. Damit kommt die Justiz zwar nicht dem Buchstaben, aber dem Geist der Initiative nach. Traurig bleibt, dass es bei den Experten für diese Einsicht mehrere Todesfälle und Vergewaltigungen sowie eine Volksinitiative brauchte.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch
Traurig, dass es für diese Einsicht Morde brauchte
Dass bei Richtern und Gutachtern heute eine Null-Risiko-Mentalität herrscht, wurde durch das Entsetzen über die Untaten angetrieben.