Trump provoziert Kanada und Mexiko
Der US-Präsident gibt den Nafta-Freihandelsvertrag zum Abschuss frei. Das Opfer einer Auflösung wäre die eigene Exportwirtschaft.

Die amerikanische Handelskammer ist alarmiert, die Regierungen in Mexiko und Kanada schütteln den Kopf, und US-Präsident Trump spielt mit dem Feuer. Sollte das Nafta-Abkommen scheitern, so wäre das «schön und gut», sagte er dem verblüfften kanadischen Premier dieser Tage. Die Schuld an einem solchen Debakel hätten laut Trump keinesfalls die USA, sondern die seit 23 Jahren im Freihandelsraum beteiligten Länder Mexiko und Kanada. Sie seien zu schwierige Verhandlungspartner geworden, und somit müssten sie eine Auflösung des Vertrags verantworten.
Neu sind solche Drohungen nicht. Die Auflösung des Nafta-Abkommens ist ein Dauerbrenner von Trumps «Make America Great Again»-Rhetorik. Was diesen jüngsten Attacken aber mehr Gewicht gibt, ist ihr Zeitpunkt. Der US-Präsident griff zu Beginn der vierten Nafta-Verhandlungsrunde ein. Sie wird als kritisch betrachtet, da sie zeigt, ob die drei Seiten konzessionsfähig sind und den Vertrag modernisieren wollen oder ob auf Abbruch zugearbeitet werden soll.
Mit Trumps Vorpreschen sei das Risiko eines Handelskriegs deutlich gestiegen, sagt Thomas Donohue, Präsident der US-Handelskammer. «Die Verhandlungen haben eine zu kritische Phase erreicht, als dass die Handelskammer nicht die Alarmglocken läuten müsste. Auf dem Verhandlungstisch liegen nun mehrere Giftpillen, die dem ganzen Deal den Todesstoss versetzen können.»
Vollbremsung für Autoindustrie
Sollte das Abkommen aufgelöst werden, so würde das gemäss der Boston Consulting Group den drei Ländern erlauben, wieder die Zölle einzuführen, die vor dem Vertrag galten. Das würde die USA mehr treffen als Kanada und Mexiko, da diese beiden Länder vor Nafta höhere Schutzzölle für ihre eigene Wirtschaft hatten. US-Bauern würden etwa wieder mit einer Abgabe von 25 Prozent auf Rindfleischexporte nach Mexiko belastet sowie von 75 Prozent auf Geflügel und den aus Mais gewonnenen Zuckersirup, der fast allen verarbeiteten Lebensmitteln beigefügt wird.
Nirgendwo würde die Politik von Trump härter einschlagen als in der Autoindustrie. Die amerikanischen Hersteller könnten bis zu 50 000 Jobs verlieren, wenn der Handelsvertrag aufgelöst wird. Für Kanada und Mexiko wäre dies ein Vorteil, weil sie auch in dieser Branche früher höhere Schutzzölle hatten als die USA. Damit sinkt der Anreiz, in den USA zu produzieren.
Selbst wenn es nicht zum Extremfall der Vertragsauflösung kommt, sind 24 000 Stellen in Gefahr. Denn Trump fordert, dass künftig 85 statt 62 Prozent der Autobestandteile aus Nordamerika kommen müssen, davon mindestens die Hälfte aus den USA. Das Risiko besteht, dass die US-Hersteller Bestandteile aus Tieflohnländern einführen und dafür lieber einen relativ günstigen Zoll bezahlen, statt die teureren Komponenten aus Nordamerika einzusetzen.
Diese 85-Prozent-Quote ist eine der Giftpillen, welche die Gespräche gefährden könnten. Explosiv ist auch die US-Drohung, dass der Vertrag nach fünf Jahren automatisch ausläuft, sollten die drei Seiten nicht permanent nachverhandeln. Inakzeptabel für Mexiko und Kanada ist zudem eine Klausel, nach der eigene Firmen sich nur noch beschränkt um US-Regierungsaufträge bewerben können.
Mexiko hält dagegen
Solche Forderungen seien ganz klar darauf angelegt, Kanada und Mexiko vor den Kopf zu stossen, sagte Michael Camuñez, stellvertretender Handelsdelegierter der Regierung Obama. Die US-Unterhändler wollten Trump einen Grund dafür verschaffen, «sich aus dem Vertrag zu verabschieden». Mexiko weiss das und hält dagegen. «Niemand sagt uns, was wir tun sollen. Wir müssen bereit sein, Nein zu sagen und das Abkommen zu verlassen», sagte Aussenminister Luis Videgaray.
Mexiko geht offenbar davon aus, dass Trump seine Glaubwürdigkeit schon stark untergraben hat und seine Drohung, den Nafta-Vertrag zu erledigen, nur leere Worte sind. Doch das mache den US-Präsidenten zu einem wachsenden Risiko, meint Tony Payan, Direktor des Mexiko-Zentrums an der Rice-Universität. «Wir haben gelernt, dass Trump ein Mann ohne Plan ist. Er versteht massiv weniger, als er weismachen will. Unternehmen haben begriffen, dass er keine Deals abschliessen kann. Wenn er nicht bekommt, was er will, macht ihn das erst recht gefährlich.»
Die Unsicherheit ist gewollt. Trump wolle mit seinem Hin und Her ein Klima schaffen, das US-Firmen davon abhalte, in Mexiko und Kanada zu investieren, sagen Berater des US-Handelsministeriums. «Die Regierung will den Entscheidungsprozess rund um die Auslagerung von Arbeitsplätzen und Investitionen verändern», zitiert sie das «Wall Street Journal». Der kanadische Premier Justin Trudeau macht vorderhand gute Miene zum bösen Spiel. Trump verhandle mit guten Absichten und wolle Nafta modernisieren, sagte er letzte Woche. Doch auch Trudeau ist gewarnt. «Die Umstände sind schwierig. Wir müssen auf alles gefasst sein; und wir sind es auch.»
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