Trump will politisch neutrale Social Media
Amerikanische Konservative werden von Social-Media-Plattformen benachteiligt. Eine Verordnung soll das ändern.

In den USA laufen Bestrebungen, Social-Media-Plattformen politisch zu disziplinieren. Laut Medienberichten kursiert derzeit im Weissen Haus eine geplante sogenannte Exekutiv-Anordnung, die den grossen Social-Media-Seiten ideologische Ausgeglichenheit vorschreiben will.
Die Verordnung trägt den Titel «Schutz der Amerikaner vor Online-Zensur». Wie CNN aufgrund einer Zusammenfassung berichtet, soll die Verfügung klären, wann Google, Facebook, Twitter, Instagram und andere grosse Plattformen noch den Schutz vor Gerichtsklagen verdienen, wenn sie nicht genehme Inhalte vom Netz nehmen.
Die neue Regelung gilt nur für Firmen, deren monatliche Nutzerbasis ein Achtel der US-Bevölkerung von derzeit rund 330 Millionen Menschen überschreitet. Die Verordnung beauftragt die Fernmeldebehörde Federal Communications Commission (FCC) damit, die Geltung von Abschnitt 230 des Communications Decency Act neu zu interpretieren. Dieses aus dem Jahr 1996 stammende Gesetz bezeichnet Social-Media-Seiten als neutrale Plattformen, die für Nutzer-Postings nicht verantwortlich sind.
Bisher dürfen die Firmen anstössige Inhalte entfernen, selbst wenn dies staatlichen Behörden wegen des Zensurverbots in der US-Verfassung nicht erlaubt wäre. Die FCC soll nun abklären, ob der Schutz auch noch gilt, wenn die Unternehmen Inhalte «ohne Vorwarnung» auf «wettbewerbsfeindliche, unfaire oder betrügerische» Weise entfernen. Im Verbund mit der Fernmeldebehörde soll der Handelsausschuss Federal Trade Commission (FTC) eine Anlaufstelle schaffen, bei der sich betroffene Netznutzer melden können.
Tausende Beschwerden
Mit der Verordnung reagiert die US-Regierung auf eine grosse Zahl von belegten Beispielen für eine negative Behandlung von konservativen Beiträgern auf Social-Media-Plattformen. Im Mai richtete das Weisse Haus eine Website für Beschwerden ein, auf der sich in der Folge 15'000 Nutzer meldeten. Im Juli lud US-Präsident Donald Trump ein paar Dutzend konservative Stimmen zu einem Social-Media-Gipfel ins Weisse Haus ein. Er befahl seiner Verwaltung, alle «regulatorischen und gesetzgeberischen Lösungen zu erkunden, wie die freie Rede und die Redefreiheit aller Amerikaner geschützt werden können».
In Medien werden Berichte über die Diskriminierung Konservativer gern als anekdotisch und unbewiesen abgetan. Ein Fall, bei dem Twitter mit unterschiedlichen Ellen messen soll, wird derzeit heiss diskutiert. Der für die politische Meinungsbildung zentrale Kurznachrichtendienst entfernte einen vom Büro des republikanischen Senatsführers Mitch McConnell stammenden Tweet mit einem Handy-Video, worin Demonstranten lautstark den Tod des Senators fordern. Das sei ein Aufruf zur Gewalt, argumentierte Twitter und sperrte McConnells Konto. Auf der anderen Seite liess die Plattform zu, dass der Hashtag #MassacreMitch als Bezeichnung für McConell zum nationalen Trend wurde. Erst unter dem Druck von Protesten gab Twitter nach und stellte den Zugang zu McConnells Konto wieder her.
Beim ideologischen Machtkampf könnte am Ende die Meinungsfreiheit im Netz verloren gehen.
Den Verdacht vieler Konservativer, systematisch benachteiligt zu werden, bestätigte letzte Woche ein Whistleblower mit Bezug auf Google. Der langjährige Software-Entwickler Zach Vorhies übergab der Enthüllungsorganisation «Project Veritas» über 900 von ihm gesammelte interne Google-Dokumente. Sie sollen belegen, dass der Suchmaschinenkonzern seit der Wahl Trumps eine Strategie verfolgt, dessen Wiederwahl zu verhindern. Unter den Dokumenten ist eine schwarze Liste von mehrheitlich konservativen Websites, bei denen Google dafür sorgt, dass sie unter dem Suchbalken von Android-Handys nie auftreten.
Trumps Verordnung wird zweifellos vor Gericht angefochten werden. Tritt sie in Kraft, positioniert sie die betroffenen Konzerne zwischen Hammer und Amboss. Google und Co. werden politisch nämlich nicht nur von Trump-Freunden bedrängt, sondern noch mehr von Aktivisten der Gegenseite. Anhänger der Demokraten innerhalb und ausserhalb des Unternehmens verlangen Massnahmen gegen Hetze sowie gegen rassistische, frauen- und LGBTQ-feindliche Postings auf den Plattformen. So forderten letzte Woche 600 Googler, ihr Unternehmen solle jede Zusammenarbeit mit den US-Grenzbehörden unter Trump aufkündigen. Beim ideologischen Machtkampf könnte am Ende die Meinungsfreiheit im Netz verloren gehen, warnt im «Wall Street Journal» der Investor Andy Kessle. Der Titel seiner Kolumne: «Wer Abschnitt 230 killt, killt das Internet.»
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