Der krebskranke Senator John McCain brachte es in seiner emotionalen Rede im amerikanischen Senat diese Woche auf den Punkt. «Wir kriegen nichts hin», sagte McCain. Die Symbolik sprach bei seinem Auftritt Bände. Denn mit McCain sprach, ausgerechnet in einer Woche, in der über die Zukunft des Gesundheitssystems entschieden wird, ein an tumorerkrankter Mann über den Zustand dieses Landes.
Und seine Diagnose fiel vernichtend aus: «So wie jetzt, war es noch nie», sagte McCain, der seit 30 Jahren im Senat sitzt. Den Namen des Präsidenten erwähnte er nie, doch Donald Trump war natürlich der grosse Elefant im Raum, wie die Amerikaner sagen – der Mann, um den sich alles dreht.
Dabei hätte sich diese Woche eigentlich alles um die so entscheidende Gesundheitsreform drehen sollen, die Millionen von Amerikanern betrifft. Doch die vergangenen Tage eignen sich gut als Abziehbild der gesamten sechsmonatigen Präsidentschaft Donald Trumps. Es ist kein Kontinuum ersichtlich, sondern ein tägliches Chaos, das der Präsident mit seinen Tweets um sieben Uhr morgens entfacht.
Die USA unter Donald Trump – ein Land am Rande eines Nervenzusammenbruchs
Deshalb stimmt, was McCain sagte: Die Bestätigung von Neil Gorsuch an den Obersten Gerichtshof sei das Einzige gewesen, «was wir zustande brachten». Sonst sei da nichts, was sie dem amerikanischen Volk vorzuweisen hätten. Die Parteien würden sich über Personalfragen zerstreiten, statt gemeinsam an den grossen Fragen zu arbeiten – und über allem dröhne ein bombastischer Medienlärm.
Amerika unter Donald Trump, so die Diagnose McCains, ist ein Land am Rande eines Nervenzusammenbruchs.
Der Präsident hat auch diese Woche nichts dafür getan, das Land zu vereinen. Statt konstruktiv an Verbesserungen der Krankenversicherung zu arbeiten, attackierte er nicht nicht nur seinen Justizminister Jeff Sessions, sondern auch den interimistischen FBI-Direktor Andrew McCabe, dessen Frau gemäss Trump Gelder von Hillary Clinton erhalten haben soll, was den Tatsachen nicht entspricht. Trump prahlte vor jugendlichen Pfadfindern über seine Erfolge und über Cocktailpartys – und warnte seine Anhänger in der heruntergekommenen Stahlstadt Yorkstown Stunden später vor illegalen Immigranten, die mit Messern «amerikanische Mädchen» aufschlitzen.
Transgender-Verbot ist Trumps Knochen für die Medien
Auch an seinem Militärverbot für Transgender zeigt sich Trumps Arbeitsweise. Er verkündete den «Transgender-Ban» auf Twitter, noch bevor sein Verteidigungsminister oder irgendwer im Pentagon davon wusste, und argumentierte seinen Entscheid mit den «enormen medizinischen Kosten und der Störung», die Transgender-Menschen mit sich brächten. Doch bei insgesamt rund 2500 Transgenders in einem Militär von 1,3 Millionen Soldaten dürften Kosten wohl keine Rolle spielen.
Viel eher ist es Trumps Knochen für die Medien, die sich auf das Thema stürzten, um vom Obamacare-Debakel der Republikaner abzulenken. Zudem ist es Trumps Geschenk an die Konservativen, die den Präsidenten für seine Attacke an Justizminister Sessions kritisierten. Es ist ein rein politischer Entscheid auf dem Rücken einer Minderheit und zeigt Trumps Populismus in seiner ganzen Verlogenheit.
Trump sollte sich an John McCain ein Vorbild nehmen
Das eigentliche Thema ist, dass Trump mit dem Versprechen angetreten ist, den «Albtraum Obamacare» am ersten Tag im Amt zu beenden und durch ein «besseres System» zu ersetzen. Was ihm nicht gelang. Nun bleibt den Republikanern nur übrig, das bestehende Gesundheitssystem, das selbst Barack Obama als «nicht perfekt» bezeichnete, aber dennoch Millionen von Menschen einen Versicherungsschutz bot, stückchenweise abzutragen, bis es in sich zusammenfällt.
Senator John McCain gab an, nach einer kurzen Erholungsphase in Arizona wieder nach Washington zurückzukehren, um dem «amerikanischen Volk» zu dienen. Trump sollte sich an ihm ein Vorbild nehmen.
Bildstrecke - Donald Trump im Amt
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Trumps Populismus zeigt sich in seiner ganzen Verlogenheit
US-Präsident Donald Trump lenkt mit wilden Tweets von seinen Niederlagen bei der Gesundheitsreform ab. Dabei schreckt er vor nichts zurück.