Trumps Richterkandidat wird zum Politikum
Die sexuellen Vorwürfe gegen Brett Kavanaugh sind politisch extrem brisant: In sieben Wochen sind Kongresswahlen.
Die Situation erinnert fatal an 1991: Damals beschuldigte die Anwältin Anita Hill den von Präsident George Herbert Walker Bush für das oberste Bundesgericht nominierten Berufungsrichter Clarence Thomas sexueller Belästigung. Es folgte ein öffentliches Spektakel im Washingtoner Senat, trotz der Anschuldigungen und eines Auftritts von Hill vor dem Senat wurde Thomas bestätigt.
Jetzt droht eine Wiederholung: Brett Kavanaugh, von Donald Trump für das Verfassungsgericht nominiert, wird von der Professorin Christine Ford sexueller Übergriffe beschuldigt. Zum Zeitpunkt des angeblichen Vorfalls waren beide Teenager, Kavanaugh sei «total betrunken» gewesen, so Ford. Der Beschuldigte wies den Vorwurf in Bausch und Bogen zurück, das Weisse Haus steht hinter ihm.
Statt Kavanaugh indes wie geplant im Eilverfahren durch den Senat zu schleusen – der Justizausschuss der Kammer wollte bereits am Donnerstag über seine Nominierung abstimmen - , muss die republikanische Mehrheit nun mindestens mit einer Verzögerung rechnen und schlimmstenfalls sogar mit einem Ende der Kandidatur Kavanaughs. Damit droht die Gefahr, dass kein konservativer neuer Richter in das oberste Gericht aufrücken und dort die politische Balance nach rechts verschieben könnte.
Vorsicht als politisches Kalkül
Denn in sieben Wochen sind Kongresswahlen, die knappe republikanische Mehrheit im Senat, der sämtliche Richternominierungen bestätigen muss, ist womöglich gefährdet. Noch schlimmer: Im Zeitalter von #MeToo kann sich die Partei nicht den Eindruck leisten, ihre überwiegend männlichen Senatoren behandelten die Vorwürfe gegen Kavanaugh als Petitesse.
Immerhin haben neun Kongressangehörige allein in diesem Jahr ihre Mandate wegen sexueller Anschuldigungen verloren. Auch zeigte die Wahlniederlage des republikanischen Senatskandidaten Roy Moore 2017 in Alabama, dass selbst lange zurückliegende sexuelle Übergriffe nichts von ihrer explosiven politischen Wirkung eingebüsst haben.
Dass das Weisse Haus sich bislang eher vorsichtig bewegt und Christine Fords Glaubwürdigkeit nicht mit brachialen Methoden zu zertrümmern versucht, entspringt politischem Kalkül: Nur Wochen vor den Mid Terms zeigen Umfragen, dass eine breite Mehrheit der Amerikanerinnen der Republikanischen Partei einen Denkzettel verpassen möchte für einen Präsidenten, den viele Frauen als eine Zumutung empfinden.
Vorwürfe gegen Trump
Trump mag die Anschuldigungen gegen Kavanaugh einmal mehr als Teil einer demokratischen Verschwörung begreifen, um ihm grösstmöglichen politischen Schaden zuzufügen. Der Präsident muss jedoch befürchten, dass sein eigenes Verhalten gegenüber Frauen im Sog einer öffentlichen Anhörung von Ford und Kavanaugh vor dem Senat neuerlich zum Thema wird: Mindestens 16 Frauen haben Donald Trump sexuelle Übergriffe und Belästigung vorgeworfen.
Und erst kürzlich entschied ein New Yorker Gericht, der Klage von Summer Zervos gegen Trump stattzugeben. Zervos wirft dem Prasidenten vor, sie 2007 sexuell belästigt zu haben, nun klagt sie wegen übler Nachrede, weil der Präsident sie als Lügnerin bezeichnete. Doch auch die Demokraten müssen vorsichtig agieren in den kommenden Tagen: Die Mütter amerikanischer Teenage-Boys werden sehr genau verfolgen, wie der Senat mit den Anschuldigungen gegen Brett Kavanaugh umgehen wird.
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