Gefahr für GeflüchteteTürkei steht vor Annäherung an Diktator Assad
Präsident Recep Tayyip Erdogan strebt ein Bündnis mit Syrien und Russland an. Es wäre eine grosse politische Wende, eine Aufwertung für Bashar al-Assad – und gefährlich für Millionen in die Türkei geflüchtete Syrer.

Die alten Häuser haben bunte Fassaden und brüchige Balkone in dem Istanbuler Innenstadtviertel, in dem der syrische Journalist lebt, der sich schon seit Tagen nicht mehr auf die Strasse wagt. Eigentlich sollte sich der junge Mann sicher fühlen, schliesslich ist das hier Istanbul und nicht Idlib, wo er vor fünf Jahren bei einem russischen Militärschlag schwer verletzt und später von Islamisten in ein Gefängnis gesteckt wurde. Als er wieder frei war, floh er in die Türkei. Nun fürchtet er, die Türkei könnte ihn loswerden wollen, abschieben nach Syrien. Die Türkei, sagt der Journalist, «spielt mit der Schlange».
Die Schlange, das ist für ihn der Diktator in Damaskus, Bashar al-Assad. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan und Assad sind seit zwölf Jahren Erzfeinde. Seit Beginn des Bürgerkriegs 2011 hat die Türkei versucht dabei zu helfen, Assad zu stürzen, nicht nur mit Worten, sondern auch mit Waffen. Verletzte syrische Rebellen fanden in der Türkei Ärzte, syrische Journalisten durften in Istanbul Radios gründen, die nach Syrien senden, vier Millionen Flüchtlinge erhielten «vorübergehenden Schutz». Mehr als 700’000 syrische Kinder wurden in der Türkei geboren, «ein grosser Reichtum», sagte Innenminister Süleyman Soylu. Das war im vergangenen Juli. Inzwischen sind ganz andere Töne zu hören.