Uhrengeschäfte schiessen schon wie Pilze aus dem Boden
Im Schweizer Tourismussektor herrscht Aufbruchstimmung. Grund ist der explosionsartige Gästezuwachs aus China. Der Branchenverband überlegt sich zusätzliche Mittel, um den Profit optimal abzuschöpfen.

Im letzten Jahr sind mehr Touristen aus China in die Schweiz gekommen als aus traditionellen Gästenationen wie Italien, der Niederlande oder Japan. Das schreibt die «NZZ am Sonntag» unter Berufung auf den Verband Schweiz Tourismus. «Wir rechnen mit 830'000 bis 840'000 Übernachtungen, die chinesische Gäste 2012 in der Schweiz verbracht haben», sagt Verbandssprecherin Daniela Bär. Insgesamt besuchten über 600'000 Touristen aus dem Reich der Mitte die Schweiz. Das sind 25 Prozent mehr als im Vorjahr.
Am meisten Touristen reisen zwar noch aus Deutschland an. Weil ihre Zahl rückläufig ist, dürfte sich das jedoch bald ändern. «Die rasch wachsende Mittelschicht in China bietet ein enormes Potenzial für die Schweiz, die dort ein hervorragendes Image geniesst», sagt Bär. «Wir halten eine Vervierfachung der Touristenzahl aus China in zehn Jahren für realistisch.» Das würde 2,4 Millionen Besuchern entsprechen. Gemäss einer Statistik der Beratungsstelle KPMG gehört die Schweiz zu einem der beliebtesten Reiseziele für Chinesen: 12 Prozent der Befragten gaben an, dass das kleine Land für sie eine bevorzugte Reisedestination sei.
Tourismus soll aufs ganze Land verteilt werden
Bisher beschränkte sich der Profit durch die reisefreudigen Chinesen auf wenige, ausgewählte Regionen. Es handelt sich um Ortschaften wie Genf, Zürich, Interlaken oder Luzern, die den Chinesen bereits bekannt sind. Schweiz Tourismus möchte, dass künftig auch andere Regionen vom Ansturm profitieren: «Wir organisieren neue Touren durch unser Land, damit auch andere Regionen profitieren können, etwa Engadin, Wallis, Tessin und das Appenzellerland», sagt Bär gegenüber der «NZZ am Sonntag». In diesem Winter kooperiert der Tourismusverband erstmals mit zwei grossen chinesischen Reiseveranstaltern. Und die Perspektiven sind hervorragend: Gemäss einer Studie des Reiseanbieters TUI dürften bis 2020 jährlich 16 Millionen Chinesen nach Europa reisen. Im Jahr 2010 waren es noch 3,8 Millionen.
Nebst den Ortschaften sind es auch einzelne Branchen, die massgeblich von den kauffreudigen Touristen profitieren, welche hauptsächlich der chinesischen Oberschicht entstammen. Allen voran die Uhrenindustrie. Wie die «NZZ am Sonntag» berichtet, würden sich derzeit ganze Strassenzüge in Städten wie Luzern verändern: «In Luzern eröffnet eine Uhrenboutique nach der anderen, in Zürich zählt man an der Bahnhofstrasse bereits 28 Geschäfte.»
Nicht zurück ohne Uhr
Gemäss einer Studie der KPMG ist die Aufbruchstimmung berechtigt: So soll sich der Anteil der Chinesen, die ihre Uhr im Ausland kaufen, seit 2009 auf 25 Prozent verfünffacht haben. Nur noch 37 Prozent (gegenüber 64 Prozent im Jahr 2009) der Befragten gaben an, ihren Armschmuck im Inland zu kaufen. Diese Entwicklung ist zum einen auf den gesteigerten Tourismus zurückzuführen: Chinesen, die sich vornehmen, nicht ohne wertvolles Souvenir in ihr Heimatland zurückzukehren. Was eignet sich dafür besser als der Kauf einer Schweizer Luxusuhr?
Zum anderen verhängt China für Uhren Importzölle von 31 bis 43 Prozent, wie KPMG schreibt. Wird die Uhr im Ausland gekauft, kommt dies den Käufer nicht nur günstiger, sondern er schützt sich gleichzeitig davor, eine Fälschung zu kaufen, von welchen es in China nach wie vor viele gebe, schreibt die «NZZ am Sonntag».
Gute Konjunkturdaten
Hoffnung dürfen die hiesigen Uhrenmacher auch aus den neusten chinesischen Wirtschaftszahlen schöpfen: Nach dem schwächsten Wachstum seit 13 Jahren mehren sich in Chinas Wirtschaft die Anzeichen für eine allmähliche Rückkehr zu alter Stärke. Der offizielle Einkaufsmanagerindex (PMI) für den Dienstleistungssektor stieg im Januar leicht auf 56,2 Punkte von 56,1 Zählern im Dezember, wie das Statistikamt heute mitteilte.
Damit lag das Barometer für die in der zweitgrössten Volkswirtschaft der Welt immer wichtiger werdende Branche den vierten Monat in Folge über der Schwelle von 50 Punkten, ab der ein Wachstum angezeigt wird. Experten sehen in dem aber nur minimalen Zuwachs einen neuen Hinweis darauf, dass Chinas Wirtschaftsmotor zwar moderat beschleunigt, aber weiterhin auf Anschub durch Regierung und Zentralbank angewiesen sein dürfte.
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