Ultrakapitalist und Kommunist
Chinas reichster Mann, Alibaba-Gründer Jack Ma, ist Mitglied der kommunistischen Partei. Eine Parteizeitung hat ihn geoutet.

«Sei loyal zur Partei, arbeite aktiv, kämpfe für den Kommunismus dein ganzes Leben lang, sei immer vorbereitet, alles für die Partei und das Volk zu opfern, und betrüge niemals die Partei.» Auf diesen Eid müssen Mitglieder der kommunistischen Partei Chinas (KPCH) schwören. Und dies hat auch Jack Ma getan. Der Gründer des Technologieriesen Alibaba ist offensichtlich Mitglied der KPCH. Dies geht aus einem Bericht der «Volkszeitung» hervor. Das Parteiorgan berichtete über eine Liste von 100 Personen, die geehrt werden sollen. Diese Leute haben das Land in seiner Reform- und Eröffnungspolitik der letzten 40 Jahre massgeblich vorangebracht.
Die «Volkszeitung» berichtete quasi nebenbei, dass der 54-jährige Ma KPCH-Mitglied ist. Seit wann genau der Alibaba-Gründer Parteimitglied ist, ist nicht bekannt. Alibaba wollte sich auf Anfrage der Nachrichtenagentur AFP nicht dazu äussern. Laut einem Bericht der «South China Morning Post» war Ma zu Studentenzeiten der Partei beigetreten. Ob aus Überzeugung oder Opportunismus: Das bleibt offen. Landesweit gehören heute rund 89 Millionen Menschen der kommunistischen Partei Chinas an. Das sind knapp sieben Prozent der chinesischen Bevölkerung.
«Die Regierung lieben, aber sie nicht heiraten»
Unternehmer und Geschäftsleute treten in der Regel aus Gründen der Zweckdienlichkeit in die Partei ein. Eine Parteimitgliedschaft bietet einen gewissen Schutz des Privateigentums, das nicht selten staatlicher Willkür ausgesetzt ist. Wer Geschäfte machen möchte, ist gut beraten, sich mit der Partei zu arrangieren.
Die Frage, wie er zur allmächtigen KP Chinas stehe, hat Ma nie klar beantwortet. «Meine Philosophie ist es, die Regierung zu lieben, aber sie nicht zu heiraten», sagte Ma zum Beispiel bei einem Auftritt am Weltwirtschaftsforum in Davos im Jahr 2007. Beim Börsengang von Alibaba in den USA im Jahr 2014 war von einer Parteizugehörigkeit des Konzernchefs Ma keine Rede gewesen. Allgemein hiess es in Medienberichten immer wieder, dass der Alibaba-Boss politisch neutral sei. Mit einem Vermögen von schätzungsweise 39 Milliarden Dollar ist Ma der reichste Mann Chinas. Der Ultrakapitalist Ma ist nun von einer KP-Zeitung als Kommunist geoutet worden.
Einzigartige Form des Kapitalismus
Auch andere superreiche Unternehmer sind Mitglieder der KPCH. So zum Beispiel Xu Jiayin, Chef der Evergrande-Gruppe, des zweitgrössten Immobilienentwicklers des Landes. Oder auch Wang Jianlin, Chef der Dalian-Wanda-Gruppe, eines Immobilien- und Unterhaltungskonglomerats. Kapitalist und gleichzeitig Kommunist – das geht in China, das sich selbst als sozialistischen Staat auf dem Weg zum Kommunismus sieht. Nirgendwo auf der Welt leben mehr Dollarmilliardäre als in China.
Seit dem Auftakt zur Reform- und Öffnungspolitik unter der Führung von Deng Xiaoping vor 40 Jahren hat sich in China eine Form des Kapitalismus herausgebildet, die einzigartig und voller Widersprüche ist. Es geht um Profit, es gibt Börsen und Banken, Konzerne gehen auf Shoppingtour im Westen. Trotzdem kontrollieren die KP Chinas und ihr Apparat, was im Land vor sich geht, von Politik und Wirtschaft bis zum Alltagsleben. Eine Entwicklung, die sich in den letzten Jahren wieder verschärft hat.
PR-Coup der kommunistischen Partei
Präsident Xi Jinping, der 2012 zum stärksten Mann Chinas aufgestiegen war, will den Einfluss der Partei auf die Privatwirtschaft ausdehnen. Zum Beispiel: In Unternehmen mit mehr als drei Parteimitgliedern sind diese angehalten, eine «Zelle» zu bilden. In drei von vier Unternehmen in China gibt es bereits eine Organisation der KP.
Alibaba-Gründer Ma ist ein Tech-Rockstar in China. Von dessen Popularität will auch die Partei profitieren. Um die Legitimität ihrer Machtfülle öffentlich sichtbar zu machen, rückt sie sich gern in die Nähe von Erfolgsunternehmen. Es ist beste Werbung für die kommunistische Partei, dass sogar der reichste Chinese zu ihren Mitgliedern gehört, wie dies das Parteiorgan «Volkszeitung» wohl gezielt enthüllt hat.
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