Umstrittene Zürcher StrassennamenSchilder bei Nacht und Nebel abmontiert
Aktivistinnen und Aktivisten aus dem Umfeld der Juso haben eine Brücke und eine Strasse kurzerhand umbenannt – als Zeichen gegen Antisemitismus, Rassismus und Kolonialismus.

Mitten in der Nacht verwandelte sich in der Stadt Zürich die Rudolf-Brun-Brücke in die Minne-Brücke. Und aus der Alfred-Escher-Strasse wurde die Tubmanstrasse. Die Schilder waren aber nicht von den Behörden ausgewechselt worden, sondern von den Juso, die dies am Sonntagmorgen auch begründeten: «Die Juso Stadt Zürich ändern rassistische Strassennamen.» Die Stadtpolizei ist laut einem Sprecher wegen des Vorfalls ausgerückt und klärt nun den Sachverhalt ab.
Brun und Escher, so die Juso, seien zwei Persönlichkeiten mit stark antisemitischen und rassistischen Ansichten und Handlungsweisen gewesen. «Es ist nicht akzeptabel, dass die beiden Figuren auch noch mit einer gewidmeten Strasse dermassen geehrt werden», sagte Juso-Vorstandsmitglied Jascha Harke. Über die Umbenennung der Strassen hinaus sei es das grundsätzliche Anliegen der Juso, dass Antisemitismus, Rassismus und Kolonialismus in Zürich aufgearbeitet würden.
Auch Brunngasse soll umbenannt
Alfred Escher sei «direkter Profiteur der Sklaverei» gewesen, weil sein Vater auf Haiti eine Plantage mit Sklaven betrieben habe. Deshalb solle sein Name durch jenen von Harriet Tubman ersetzt werden. Die vor etwa 200 Jahren geborene, spätere Krankenschwester war selber Sklavin gewesen. Sie verhalf unzähligen Sklaven zur Flucht aus den Südstaaten der USA in den Norden oder nach Kanada.
Mit der Umbenennung von Strassen nehmen die Juso vorweg, was auch ein Postulat verlangt, das die Alternative Liste Ende Januar 2022 im Zürcher Gemeinderat eingereicht hat. Darin fordert sie die Umbenennung der Rudolf-Brun-Brücke, die bis 1951 Uraniabrücke hiess, in Frau-Minne-Brücke. Zudem soll die Brunngasse in Moses-ben-Menachem-Gasse umbenannt werden. Damit, so die AL, soll die «mittelalterliche Geschichte der jüdischen Gemeinschaft, ihre Leistungen und ihre Auslöschung im Jahr 1349 zur Zeit des Bürgermeisters Rudolf Brun im Stadtbild wahrnehmbar gemacht werden».
Postulat am 23. November traktandiert
Frau Minne war laut Postulat eine jüdische Geschäftsfrau und ihr Sohn, Moses ben Menachem, ein Rabbiner. Beiden gehörte das Haus samt Synagoge an der Froschaugasse 4, das im Zuge des von der Obrigkeit tolerierten Massakers an der jüdischen Bevölkerung im Februar 1349 entschädigungslos an diese Obrigkeit ging. Ein Jahr später habe Rudolf Brun die Liegenschaft zu einem symbolischen Preis erworben.
Stadtpräsidentin Corine Mauch war im Februar bereit, das Postulat zur Prüfung entgegenzunehmen. Weil aber Stephan Iten im Namen der SVP-Fraktion einen Ablehnungsantrag stellte, konnte das Geschäft nicht diskussionslos überwiesen werden. Es ist jetzt für den 23. November traktandiert.
Was den nächtlichen Strassenumbenennungs-Aktivisten rechtlich droht, ist unklar. Diebstahl wird sich schwerlich vorwerfen lassen. Denn das Rudolf-Brun-Brücke-Schild wurde am Pfosten hingestellt, das Schild Alfred-Escher-Strasse in einem Gebüsch platziert.
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