Umstrittene Videoüberwachung der Polizei
Über einen Monat lang hat die Stadtpolizei das Rothaus an der Langstrasse gefilmt. Darin befindet sich auch die Redaktion der «Republik». Wurde das Redaktionsgeheimnis verletzt?

Die Ecke Militär-/Langstrasse ist an den Wochenenden einer der Hotspots für das Partyvolk in Zürich. Zahlreiche Menschen stehen dort jeweils auf der Strasse, trinken vor den verschiedenen Bars oder einem Kiosk, der die ganze Nacht geöffnet ist. Zur fortgeschrittenen Stunde kommt es in dieser Gegend auch immer wieder zu tätlichen Auseinandersetzungen.
Insbesondere das Rothaus ist in den Fokus der Polizei geraten. Es befindet sich an besagter Ecke und ist gemäss Stadtpolizei ein Treffpunkt von Fans des FC Zürich. Nach einem Vorfall im vergangenen Herbst, bei dem die Polizisten Reizstoff einsetzen mussten, weil die Einsatzkräfte bedrängt worden waren, entschied die Polizei, den Ort zu observieren. Dies berichtete heute Dienstag das Onlinemagazin «Republik», deren Redaktionsräume sich auch im Rothaus befinden.
Zu diesem Zweck installierte die Stadtpolizei eine Kamera gegenüber vom Rothaus. Demnach wurde die Observation von Polizeikommandant Daniel Blumer unterschrieben, befristet bis zum 31. Oktober. Ob die Kamera rund um die Uhr oder nur am Wochenende lief, will die Polizei auf Anfrage aus taktischen Gründen nicht sagen.
Schwere Vorwürfe gegen Polizei
Die «Republik» wirft der Polizei vor, nicht rechtmässig gehandelt zu haben. Sie bezieht sich dabei auf den Zürcher Datenschutzbeauftragten, beim Einsatz der Kamera handle es sich um die Videoüberwachung im öffentlichen Raum, die streng reglementiert und nur eingeschränkt möglich ist. Das Gesetz sieht unter anderem vor, dass die Öffentlichkeit auf Videoüberwachung hingewiesen werden muss und direkt Betroffene informiert werden müssen.
Weiter wirft das Onlinemagazin der Polizei vor, die Observation länger als die gestatteten 30 Tage durchgeführt zu haben. Die Stadtpolizei hält auf Anfrage entgegen, dass gemäss Polizeigesetz ein Offizier eine entsprechende Massnahme bis zu 30 Tagen bewilligen kann, der Kommandant könne aber auch – wie im vorliegenden Fall – eine länger dauernde Bewilligung erteilen.
Die «Republik» stört sich weiter an der Überwachung, weil sie das verfassungsmässig geschützte Redaktionsgeheimnis tangiert sieht. Die Kamera habe möglicherweise auch «Republik»-Journalisten gefilmt, die sich allenfalls mit Auskunftspersonen getroffen haben. Auch diesem Vorwurf widerspricht die Polizei: Im Sinne des Gesetzes seien weder die Journalisten noch andere unbeteiligte Personen von der Überwachung betroffen. Entsprechende Aufnahmen dürften deshalb nicht verwendet werden, und deshalb sei davon das Redaktionsgeheimnis nicht tangiert.
Gemeinderätin kritisiert Polizeikommandanten
An der Überwachung des öffentlichen Raums stören sich Christina Schiller (AL) und ihr Gemeinderatskollege Luca Maggi (Grüne) schon länger. Im Februar gingen sie zusammen durch die Langstrasse und zählten 49 private Kameras, die zum Teil den öffentlichen Bereich filmen. Auch Schiller kritisiert die Polizei und deren Kommandanten Blumer. Er sei mit seinen Plänen, mehr Kameras im öffentlichen Raum aufzustellen, an der Politik gescheitert und wolle seinen Willen nun auf diesem Weg durchsetzen. Diesen Vorwurf weist die Polizei zurück. Sie halte sich an die gesetzlichen Bestimmungen.
Die Behörden haben im vergangenen Herbst mit Kamerabildern einen Erfolg erzielt: Im Anschluss an das Europa-League-Spiel des FC Zürich gegen Bayer Leverkusen wurden drei deutsche Fans nach dem Spiel in der Langstrasse angegriffen. In der Folge wurden zehn FCZ-Fans verhaftet. Der Vorfall fällt in die Zeit, in der Blumer die Überwachung des Bereichs rund um das Rothaus bewilligt hatte.
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