«Unhaltbare Zustände hinter den Kulissen»
Eklat an der Spitze der Solothurner Literaturtage: Die Direktorin Bettina Spoerri gibt die Leitung nach nur einem Jahr ab. Sie erhebt Vorwürfe gegen die Organisatoren.

Die Leiterin der Solothurner Literaturtage, Bettina Spoerri, wirft das Handtuch nach nur einem Jahr. Es sei ihr persönlicher Entscheid gewesen, sagte sie heute Samstag in der Sendung «Echo der Zeit» von Radio SRF.
Hinter den Kulissen herrschten unhaltbare Zustände, sagte sie im Radiobeitrag. «Es ist schwierig, dies in dieser Position psychisch und physisch auszuhalten», und unter solchen Druckverhältnissen zu arbeiten.
«Konfliktpotenzial unterschätzt»
Ihrer Meinung nach waren ihre Funktion und ihre Kompetenzen nicht klar definiert. Die Literaturwissenschaftlerin hatte im vergangenen Juli den Stab von Veronika Jaeggi übernommen. Jaeggi hatte die Leitung der Literaturtage seit deren Gründung während 34 Jahren inne.
Das Konfliktpotenzial bei einem solchen Profilwechsel sei unterschätzt worden, sagte Spoerri weiter.
Franco Supino, Mitglied der Geschäftsleitung der Solothurner Literaturtage, zeigte sich überrascht von Spoerris Entscheid. Die Leitung der Literaturtage sei eine Funktion, die viel Freiheit gebe. Es sei klar, dass diese Rolle nach über dreissig Jahren neu definiert werden müsse.
Premiere mit Bravour gemeistert
Dabei hatte die 45-jährige Spoerri ihre ersten Literaturtage im Mai 2013 unter dem Motto «Débuts.Anfänge.Inizi.Entschattas» mit Bravour über die Bühne gebracht. Die Reaktionen war positiv und auch beim Publikum waren die Literaturtage ein voller Erfolg: Die Besucherzahl lag mit 15'000 deutlich über den Zahlen der Vorjahre.
Spoerri mischte Altbewährtes und Neues. Eine Premiere war der Auftakt mit Bundesrat und Kulturminister Alain Berset. Dieser übergab persönlich die erstmals verliehenen Schweizer Literaturpreise.
Neue Impulse gegebem
Neu, ja beinahe revolutionär, war der Think Tank, dessen literaturpolitische «Solothurner Verlautbarung» am letzten Tag verlesen wurde. In ihren 16 Thesen forderten zehn Autoren und fünf Verbandsvertreter nicht nur, wie erwartet, mehr Fördergelder, beispielsweise für Übersetzungen, Verlage, Buchhandel und Veranstaltungen.
Auch Kurioses stand auf der Wunschliste: SBB-Lesewaggons analog der Kinderwaggons, ein täglicher TV-Literaturtipp, vorzugsweise vor oder nach dem Wetterbericht sowie eine neue Literaturgattung namens Stör, die alles versammelt, was nicht in die üblichen Genres passt.
Der Text sollte nach dem Wunsch Spoerris den Diskussionen um Autoren- und Literaturförderung und die Stellung der Schreibenden hierzulande einen kräftigen Schub geben. Solothurn soll «wieder verstärkt zu einem Impulszentrum für wichtige kulturpolitische Anliegen» werden, schrieb sie im Programmheft.
Ob dies nun Wirklichkeit wird, muss sich weisen. Die Literaturtage werden auch nächstes Jahr stattfinden. Unter wessen Ägide ist offen.
SDA/fko
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