«Unsicherheit» und Druck treiben Vincenz zum Rücktritt
Knall bei Helvetia: Präsident Pierin Vincenz tritt per sofort zurück. Die Gründe, die Reaktionen, die Börse.

Der ehemalige Raiffeisen-Chef Pierin Vincenz tritt als Verwaltungsratspräsident bei Helvetia zurück, wie die Versicherung mitteilt. Grund: Das laufende Verfahren der Finanzmarktaufsicht Finma gegen ihn dauert an. Die Behörde führt derzeit eine Untersuchung gegen Vincenz im Zusammenhang mit seiner früheren Tätigkeit bei Raiffeisen.
«In den letzten Tagen ist klargeworden, dass sich das Finma-Verfahren nicht beschleunigen lässt und damit bis zur kommenden Generalversammlung von Helvetia im April 2018 nicht abgeschlossen sein wird», erklärt Vincenz in einer Mitteilung. «Die anhaltende Unsicherheit und die medialen Begleiterscheinungen, die dieses Verfahren mit sich bringen, haben mich deshalb bewogen, im Interesse des Unternehmens per sofort zurückzutreten. Damit kann Helvetia unbelastet meine Nachfolge planen».
Aktie im Plus
Der Helvetia-Verwaltungsrat hat Vizepräsidentin Doris Russi Schurter als neue Präsidentin bestimmt. Sie wird die Amtsgeschäfte bis zur Wahl einer definitiven Nachfolge an der ordentlichen Generalversammlung im April 2018 führen.
Die Helvetia-Aktie reagierte positiv auf die Meldung: Nach Eröffnung der Börse stieg das Papier um 1,1 Prozent im Vergleich zum Vortag (Stand 10:00 Uhr). Die Helvetia-Investoren seien nicht mit allen strategischen Entscheiden des Verwaltungsrates einverstanden gewesen, schreibt die ZKB in einem Kommentar.
Für die Investoren werde nun relevant sein, wer der definitive Nachfolger von Vincenz sein werde. «Als intere Lösung würde bei den Investoren voraussichtlich gut ankommen, wenn Ivo Furrer übernimmt», so die Einschätzung der ZKB. Furrer ist seit April 2017 im Verwaltungsrat und verfügt über langjährige Erfahrung in der Versicherungsbranche. Als externer Nachfolger wäre laut ZKB aus Investorensicht vorteilhaft, wenn Stefan Loacker zurückkehren würde. Er war lange bei Helvetia, zuletzt als CEO.
Interessenkonflikte bei Beteiligung
Ende Oktober hatte die «Sonntagszeitung» publik gemacht, dass die Finma ein Enforcement-Verfahren gegen die Bank Raiffeisen eingeleitet hat. Dabei ging es um die Zeit von Pierin Vincenz als CEO der drittgrössten Schweizer Bank. Er war von 1999 bis im September 2015 Chef der Raiffeisen Gruppe. Vincenz erklärte zunächst, nicht im Visier der Aufsicht zu stehen. Kurz darauf gab er dann bekannt, dass auch gegen ihn persönlich eine solche Untersuchung laufe.
Basis für das Verfahren ist ein Untersuchungsbericht der Revisionsgesellschaft von Deloitte. Darin steht, dass es bei der Beteiligung von Raiffeisen und Vincenz an der Private-Equity-Gesellschaft Investnet zu Interessenkonflikten kam, die nicht entsprechend den Vorgaben der Finma gehandhabt wurden.
Eigener Governance-Check
Laut früheren Aussagen des jetzigen Raiffeisen-Chefs Patrik Gisel stehen nach einem eigenen Governance-Check die Entscheidungsprozesse, die zu der Beteiligung geführt haben, im Fokus. Es gehe darum, wie die Verträge gestaltet und aufgegleist wurden, sagte Gisel im Interview mit der «Finanz und Wirtschaft». Die heute verantwortlichen Personen von Raiffeisen Schweiz stünden nicht im Fokus dieser Untersuchung.
Investnet berät kleine und mittlere Unternehmen und versorgt sie mit Investitionskapital. Vincenz hält privat einen Anteil von 15 Prozent an der Raiffeisen-Tochter Investnet.
Auch Aduno nimmt Vincenz unter die Lupe
Zuletzt hatten sich die Untersuchungen im Umfeld von Vincenz ausgeweitet: Die Kreditkartengesellschaft Aduno hatte mitgeteilt, Vincenz Tätigkeiten ebenfalls unter die Lupe zu nehmen. Vincenz war lange VR-Präsident bei Aduno, bis er im letzten Sommer zurücktrat. Die Raiffeisen ist mit 25,5 Prozent der Anteile grösste Aktionärin der Gesellschaft.
Bei dieser Untersuchung geht es offenbar um den Kauf der Firmen Commtrain und Eurokaution. Aduno ist nicht direkt der Finma unterstellt. Darum untersucht die Anwaltskanzlei Baumgartner Mächler, ob es zu Interessenkonflikten gekommen ist. Besonders heikel soll die Übernahme von Commtrain Card Solutions gewesen sein. Die Firma hat eine Software zum kontaktlosen Zahlen mit der Kreditkarte entwickelt. Der Vorwurf steht im Raum, dass sich Vincenz im Vorfeld der Übernahme an Commtrain beteiligt hat.
Raiffeisen wusste von Interessenkonflikten
Genährt werden die Vermutungen durch Kontobewegungen zwischen Vincenz, dem späteren Aduno-Chef Beat Stocker und Commtrain. Von diesen hatte der Finanzblog «Inside Paradeplatz» vor einem halben Jahr berichtet.
Zuletzt berichtete die Sonntagszeitung, dass die Raiffeisen offenbar von den Interessenkonflikten ihres Chefs wusste. Sie gab damals demnach drei Gutachten in Auftrag, die den Fall von verschiedenen Seiten her beleuchten sollten.
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