Unterirdischer Bus-Terminal? «Das rechnet sich nicht»
Bus-Terminals sollten zentral liegen, fordert Bern. Diese Vorgabe erfüllt der Zürcher Carparkplatz. Kann dieser also gar nicht anders – etwa für ein Kongresszentrum – genutzt werden?

Am Dienstag hat der Nationalrat ohne Gegenstimme eine Motion überwiesen, welche verlangt, dass Bus-Terminals nicht im Niemandsland an den Stadträndern liegen sollen, sondern in den Zentren, gut angeschlossen an Bahn und Bus. Folgt man dieser Logik, ist in Zürich ein Standort besonders prädestiniert: der aktuelle Carparkplatz, unmittelbar neben dem Hauptbahnhof gelegen.
Die Krux dabei: Der gleiche Carparkplatz ist Objekt der Begierde ganz unterschiedlicher Kräfte. Der gemeinsame Nenner: Der Carparkplatz ist die letzte grosse Brache der Zürcher Innenstadt – und damit ein Grundstück, das zu wertvoll ist, um nur fürs Zu-, Aus- und Umsteigen genutzt zu werden.
«Motion stört uns nicht»
Auf der einen Seite steht die IG Kongress-Stadt Zürich. In ihr sind bürgerliche Politikerinnen und Politiker sowie Vertreter von Gewerbe, Hotellerie und Tourismus vertreten. Sie möchten mit einer Volksinitiative erreichen, dass auf dem Carparkplatz ein Kongresshaus entsteht. Steht die nationalrätliche Motion diesem Ansinnen im Weg?
Nicole Barandun, Präsidentin der kantonalen CVP und des städtischen Gewerbeverbands sowie im Vorstand der IG Kongress-Stadt, gibt sich entspannt: «Diese Motion stört uns überhaupt nicht.» Sie sei völlig einverstanden mit der Forderung, dass ein Bus-Terminal gut erreichbar sein müsse. Doch diese Bedingung erfülle nicht nur der heutige Carparkplatz. Auch ein Terminal am Flughafen wäre ideal an den öffentlichen Verkehr angeschlossen – und hätte überdies den Vorteil, dass die Busse nicht in die verstopfte Innenstadt fahren müssten. Sie könnten direkt von der Autobahn zum Terminal und von diesem wieder zurück auf die Autobahn gelangen.
Dass man auf dem Areal des heutigen Carparkplatzes ein Kongresszentrum mit einem unterirdischen Bus-Terminal kombinieren könnte, hält Nicola Barandun dagegen für unrealistisch. «Das käme sehr teuer. Da wir ein privat finanziertes Kongresshaus wollen, würde das bedeuten: Ein privater Investor müsste für die Stadt einen Bus-Terminal bauen. Das rechnet sich nicht und ist daher unrealistisch», so Barandun.
Offen für Kombination
Auf der anderen Seite hat der Gemeinderat mit den Stimmen von SP, Grünen und Grünliberalen sowie der AL eine Motion überwiesen, welche verlangt, dass der Stadtrat eine Neunutzung des Carparkplatzes prüft, diese «partizipativ» mit der Anwohnerschaft verhandelt und dann «quartierverträglich» plant.
Im Klartext ist dies vor allem eine Absage an ein privat realisiertes Kongresszentrum. Nach dem Willen des Parlaments soll der Stadtrat andere Nutzungsmöglichkeiten prüfen, etwa den Bau günstiger Wohnungen, Gewerberäume und Geschäfte.
Durchkreuzt die nationalrätliche Motion diese Forderung? SP-Gemeinderat und Mit-Motionär Simon Diggelmann schickt voraus: «Es kann nicht sein, dass Bern oder die private IG Kongress-Stadt über die Zukunft des Areals entscheidet. Dafür liegt es zu zentral.» Gleichzeitig sei es zu früh, um sich auf eine bestimmte Nutzung festzulegen. «Wir fordern in der Motion den öffentlichen Dialog. Mit Ausnahme eines Kongresshauses bin ich sehr offen über das Resultat.» Allerdings, so Diggelmann, habe das Areal definitiv mehr Potenzial als für eine reine Carparkplatz-Nutzung wie heute.
Eine Kombination von Wohnüberbauung und Bus-Terminal – analog zur Kalkbreite, welche Wohnraum und Tramdepot verbindet – hält Diggelmann für interessant. Dafür sei er offen, «in welcher Kombination auch immer».
Der grüne Gemeinderat Matthias Probst ergänzt: «Was die nationalrätliche Motion schlussendlich bewirkt, ist erst klar, wenn diese in eine rechtliche Form gegossen ist.» Klar sei für ihn dagegen: «Wenn der Bund mitreden will, muss er sich auch an den Kosten beteiligen.» Für Probst ist der Carparkplatz «bis auf weiteres ein ergebnisoffener Raum». Dass ein derart attraktiver Standort sehr viele Begehren wecke, liege in der Natur der Sache. Ein Kongresshausprojekt stehe auf seiner persönlichen Begehrensliste allerdings «ziemlich weit hinten». Er finde, so Probst, dass der Carparkplatz derzeit nicht auf lange Frist verplant werden sollte – jedenfalls nicht, solange derart vieles unklar sei.
Viele Unklarheiten
Und was meint die Stadt, der das Carparkplatz-Areal gehört? Patrick Pons, der Sprecher des Finanzdepartements, gibt sich betont zurückhaltend: «Die Stadt Zürich hat die Motion zur Kenntnis genommen.» Man prüfe nun, was diese bedeute.
Geplant, so Pons, sei aktuell eine Aufwertung des Parkplatzareals. Die Busstation befinde sich in einem unbefriedigenden Zustand, weshalb der Stadtrat im Mai 2017 eine Weisung verabschiedet habe, mit der mehrere Verbesserungen hätten realisiert werden sollen – konkret wolle die Stadt für Aufenthaltsräume, Toiletten und einen Kiosk sorgen.
Das Geschäft sei derzeit bei der zuständigen Gemeinderatskommission, doch habe diese die Behandlung unterbrochen, weil zu viele Unklarheiten (etwa bezüglich der Mindeststandards oder der Rolle der nationalen Fernbuslinien) bestünden.
Mit anderen Worten: Die nationalrätliche Motion ergänzt die bereits heute epische Diskussion um den Carparkplatz um ein weiteres Kapitel. Sie scheint aber die Ausgangslage nicht fundamental verändert zu haben.
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