«Hier ist die ganze Küste untergegangen»
Das Hochwasser in Venedig steht 187 cm über dem Meeresspiegel. Der Bürgermeister spricht von einer «Katastrophe».
Untergangsszenarien gibt es für Venedig seit jeher. Jetzt sind die Bewohner der Unesco-Welterbestadt eindrücklich daran erinnert worden, wie fragil die wohl schönste Stadt der Welt ist. Ein verheerendes Hochwasser hat Venedig heimgesucht.
«Wir haben es mit apokalyptischen Zerstörungen zu tun», befand der Präsident der Region Venetien, Luca Zaia. Von einer «Katastrophe» sprach Bürgermeister Luigi Brugnaro und machte den Klimawandel dafür verantwortlich. Er wollte den Notstand ausrufen.
Es sind erschreckende Bilder: Wasserbusse schleuderte der starke Wind ans Ufer und versenkte einige, mindestens 60 Schiffe wurden beschädigt. Gondeln und Boote wurden aus Vertäuungen gerissen und trieben durch Kanäle. Hotels wurden überschwemmt. «Hier ist die ganze Küste untergegangen», erklärte der Regionalpräsident des Verbandes Confturismo und Federalberghi Veneto, Marco Michielli. «Die Schäden sind derzeit nicht zu beziffern, die Touristenunterkünfte stehen vor Tausenden Problemen, während die Strandbäder dem Erdboden gleichgemacht wurden.»
Wasser flutete auch den Markusdom, bis zu 1,10 Meter hoch soll es gestiegen sein. Die Krypta glich einem Schwimmbad. Nach Angaben des Domprokurators Pierpaolo Campostrini wurden Nachtwachen eingerichtet, um den Wasserpegel zu kontrollieren. Der Eingang des im Jahr 1063 errichteten Wahrzeichens von Venedig ist der tiefste Punkt des gesamten Stadtkerns. Auch das Opernhaus «La Fenice» stand laut Medien in Teilen unter Wasser.
Auf dem Markusplatz - einer der bekanntesten Touristenattraktionen der Welt - stiefelten am Dienstag noch schaulustige Besucherinnen und Besucher durch das hüfthohe Wasser. Doch dann wurde es zu gefährlich, Polizisten fuhren mit Booten über den Platz.
Ein Mensch starb beim Versuch, als er versuchte, die Entwässerungspumpe in seinem überfluteten Haus wieder in Gang zu setzen, meldete die Nachrichtenagentur Ansa. Ein weiterer Bewohner der Insel sei tot in seinem Haus gefunden worden; eine natürliche Todesursache werde aber nicht ausgeschlossen.
Video: So sieht Venedig momentan von oben aus
Die Wassermassen machen der Lagunenstadt grosse Probleme. (Video: Vigili del Fuoco via Twitter)
Um kurz vor Mitternacht war das Wasser - angetrieben durch starken Wind - auf 187 Zentimeter über dem normalen Meeresspiegel gestiegen. Das sei der höchste Wert seit der verheerenden Überschwemmung im Jahr 1966, als 194 Zentimeter erreicht wurden, teilte die Gemeinde mit.
Auch Bürgermeister Brugnaro watete durch die Wassermassen. Er ist wütend und besorgt, dass die Stadt den Wassermassen bald nicht mehr gewachsen sein wird. «Venedig wurde in die Knie gezwungen», sagte er. Brugnaro macht den Klimawandel für die Katastrophe verantwortlich.
Wissenschaftler warnen seit langem vor den Folgen des Erderwärmung für die Welterbestadt, die in einer Lagune an der Adria liegt. Schmelzen Eis und Gletscher, so erhöht sich der Meeresspiegel. Je mehr der Meeresspiegel steigt, desto höher ist das Risiko von Überflutungen. Auch sackt der Boden in Venedig ab.
«Venedig werden wir verlieren, das ist nicht umstritten», sagte vor einem Jahr Anders Levermann vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. Die Frage sei nur wann. «Es kann Jahrhunderte dauern.» Die Entwicklung sei langsam aber «unaufhaltsam». Es gebe zwar Anpassungsmöglichkeiten. Diese müssten jedoch sehr gross angelegt sein.
«Wir werden Venedig verlieren.»
Am Mittwochabend besuchte der italienische Ministerpräsident Giuseppe Conte die überschwemmte Basilica di San Marco. Conte kam in die Lagunenstadt, um sich ein Bild der Situation nach den schweren Überschwemmungen zu machen. Der Regierungschef sprach von einer «dramatischen Lage» in Venedig.
«Venedig ist ein Erbgut Italiens und der ganzen Menschheit. Wir müssen eine Reihe historischer Probleme lösen», sagte Conte am Ende eines Treffens mit Bürgermeister Brugnaro und dem Präsidenten der Region Veneto. Der Regierungschef kündigte für Donnerstag eine Ministerratssitzung an, bei der die Regierung Finanzierungen zur Behebung der schweren Schäden in Venedig beschliessen will. Conte versprach, sich für die rasche Fertigstellung des Dammsystems «Mose» einzusetzen.
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Artikel: Hochwasser-Gefahrenkarte der Schweiz

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SDA/red
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