Vergangenheitsbewältigung mal anders
Aufstieg und Fall der DDR sind beliebte Sujets der deutschen Gegenwartsliteratur. Simon Urban nähert sich dem Thema ebenfalls an – aber überraschend.

«Plan D» ist Politsatire, Tragikömödie und Krimi, eingebettet in das Negativ einer gesellschaftlichen Utopie. Die Deutsche Demokratische Republik schafft es bei Urban bis ins 21. Jahrhundert. 1989 gab es zwar Volksaufstände, zu einer Wiedervereinigung kam es allerdings nicht. Stattdessen läutete man mit der Wiederbelebung eine Reanimation des Sozialismus ein.
Mässig spannende Geschichte
Staatsratsvorsitzender Egon Krenz lenkt seit 22 Jahren die (Un- )Geschicke des maroden Landes. Zwar hat sich auch der Arbeiter- und Bauernstaat weiterentwickelt – es gibt ein funktionstüchtiges Mobiltelefon namens Minsk und als Trabi-Nachfolger den schicken Phobos – aber mittelfristig droht die Staatspleite.
Soweit das Setting, in das Urban eine mässig spannende Geschichte einbaut: Ein toter Ex-Berater von Krenz gibt Rätsel auf. Der wie eine Hinrichtung inszenierte Mord trägt die Handschrift des Staatsicherheitsdienstes - den es offiziell nicht mehr gibt.
Liebeskummer und starke Zweifel
Gerade jetzt ist das leidige Thema Stasi fehl am Platze, steht doch die DDR kurz vor lukrativen Verhandlungen mit der BRD, deren Kanzler Oskar Lafontaine zu Konsultationen über Gaslieferungen in Ost-Berlin erwartet wird.
Also muss Hauptmann Wegener ran, den neben grässlichem Liebeskummer auch starke Zweifel am DDR-Staatsapparat plagen. Amtshilfe von drüben erhält er vom Chef einer Westberliner Sondereinheit. Wegener soll die Ermittlungen so lenken, dass die Unbescholtenheit der DDR herauskommt. Denn der Gas-Pakt muss zustande kommen, damit die DDR zumindest wirtschaftlich gerettet wird.
Intelligent angelegte Geschichte
Urban, hauptberuflicher Werbetexter, liefert eine bissige Persiflage, die höhnische Version eines Wenderomans. Manch ein real existierender Politiker bekommt sein Fett weg, auch Ostikonen der Unterhaltung werden zu Satirezwecken reanimiert. Angesichts seines scharfzüngigen Einfallsreichtums verzeiht man Urban die Langatmigkeit, mit der er U-Bahnen kreischen und Tote Monologe über Hacksteaks halten lässt - die Ausschweifungen wirken bisweilen wie poetische Fingerübungen.
Schade nur, dass Urban die gute Story durch zu sentenzlastige Kapitel verbaut und das satirische Potenzial seiner intelligent angelegten Geschichte nicht voll ausschöpft.
dapd
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