Verschärfte Hundegesetze bringen Tierheime in Nöte
Die Nachfrage nach Heimplätzen für sogenannte Kampfhunde steigt. Doch viele Tierheime wehren ab. Grund: Sie bekommen die Hunde kaum mehr los.
Kampfhunde und ihre Besitzer stehen seit Dezember 2005, als in Oberglatt ZH ein Knabe von Pitbulls getötet wurde, weit unten auf der politisch-medialen Achtungsskala. Zahlreiche Kantone haben nach dem tragischen Vorfall ihre Hundegesetze verschärft, manche (wie Zürich, Genf und Wallis) gar Listen mit verbotenen Rassen erstellt. Die Folgen bekommen nun die Tierheime zu spüren. Dies zeigt eine aktuelle Erhebung des Verbands Schweizer Tierschutz (STS), deren Resultate dem «Tages-Anzeiger» vorliegen.
Wie verschiedene STS-Sektionen festhalten, ist bei ihren Heimen der Bedarf an Plätzen für Listenhunde in jüngster Zeit klar gestiegen. Gemäss Fachleuten verlieren wegen des gesellschaftlichen Klimas immer mehr betroffene Hundebesitzer die Freude an ihrem Tier und wollen es daher loswerden. Bei anderen müssen die Behörden zum Mittel der Konfiszierung greifen, was das Platzangebot der Tierheime noch zusätzlich in Anspruch nimmt.
Ein Angebot freilich, das mit der Nachfrage nicht mithalten kann. Viele Tierheime lehnen die Aufnahme von Kampfhunden mittlerweile ab, wie aus der STS-Umfrage hervorgeht. In der Tat fanden im Jahr 2009 nur 139 zusätzliche Listenhunde in den erfassten Heimen Unterkunft (Vergleichszahlen für 2008 fehlen). Ursache der Zurückhaltung sind die Schwierigkeiten, für die geächteten Tiere neue Besitzer zu finden. Die Frage «Probleme beim Platzieren?» beantworten 23 STS-Sektionen mit Ja und nur 5 mit Nein.
Die Problemlage präsentiert sich dabei wegen des föderalistischen Gesetzes-Wirrwarrs regional sehr unterschiedlich - ein nationales Hundegesetz wird derzeit erst diskutiert. So stellt Béatrice Kirn vom Tierschutz beider Basel fest, dass sich Listenhunde derzeit fast nur in die Zentralschweiz vermitteln liessen. Dort gälten vergleichsweise liberale Regeln. Umgekehrt gibt es Kantone wie Thurgau, wo Kampfhunde «praktisch nicht platzierbar» sind, wie die STS-Sektion Kreuzlingen in der Umfrage schreibt.
Kantone sollen mehr Geld geben
Dem Geschäftsführer des STS, Hansuli Huber, bereitet die Entwicklung Sorgen, wie er auf Anfrage sagt: «Unsere Tierheime müssen die Konsequenzen tragen, die sich aus vorschnellen Massnahmen wie Listen mit verbotenen Rassen ergeben.» Zu diesen Folgen gehöre unter anderem ein erheblicher finanzieller Mehraufwand. Huber würde sich daher wünschen, dass die Kantone in Wahrnehmung ihrer Verantwortung wenigstens ihre finanziellen Beiträge an die Heime erhöhten.
In erster Linie jedoch macht den Tierschützern die ethische Komponente der Problematik zu schaffen. Noch haben erst 9 der angefragten Sektionen zum Mittel der Euthanasierung gegriffen. Mit fortschreitender Zeit könnte die Tötung unplatzierbarer Heimhunde als letztes Mittel aber vermehrt in den Vordergrund rücken - zumal Tierheime für sensible, auf menschliche Bezugspersonen angewiesene Rassen wie beispielsweise Dobermann denkbar ungeeignete Dauerdomizile sind, wie Marlies Widmer vom Aargauischen Tierschutzverein betont. «Solche Tiere», sagt Widmer, «drohen in Heimen lebendig begraben zu werden.» Feindbild Kampfhund: Rassen wie der Dogo Argentino sind gesellschaftlich verpönt. Foto: Fred Merz (Rezo)
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