Versteckte Kameras sorgen bei Wahl in Israel für Ärger
Die Likud-Partei hat Mitglieder mit Kameras ausgestattet. Aber eine Richterin hat das Filmen in Wahllokalen untersagt.

Versteckte Kameras sorgten am israelischen Wahltag für Aufregung. Die rechtsnationale Likud-Partei bestätigte am frühen Dienstagnachmittag Meldungen, dass sie 1200 Parteimitglieder und Wahlbeobachter mit Kameras ausgestattet hat. Sie waren vor allem in Wahllokalen unterwegs, die von arabischen Israelis zur Stimmabgabe aufgesucht werden. Nach Angaben der Partei soll damit Wahlbetrug dokumentiert werden.
Ein Likud-Vertreter erklärte, «das Problem liegt im Verhalten von Leuten in der arabischen Gemeinschaft», nicht in den Massnahmen seiner Partei. Auch Parteichef Benjamin Netanyahu, der von Journalisten damit konfrontiert wurde, verteidigte das Vorgehen als notwendig, «um faire Wahlen sicherzustellen». Nach Ansicht des Premierministers sollten «überall Kameras sein, nicht nur versteckte».
Der juristische Vertreter der Likud-Partei, Koby Matza, behauptete, die Kameras seien «nicht versteckt, sondern gut sichtbar» gewesen. Sie seien «in Gemeinden platziert worden, wo es grosse Bedenken wegen Betrugs gegeben» habe. Er beschwerte sich darüber, dass Likud-Vertreter «aus Wahllokalen vor allem im arabischen Sektor geworfen werden».
Richtlinie der Richterin
Zuvor hatten die Polizei und mit der Abwicklung der Wahl betraute Personen festgestellt, dass Hunderte Likud-Anhänger versteckt Kameras am Körper trugen oder diese in Wahllokalen zu installieren versuchten. Die Vorsitzende des zentralen Wahlkomitees, Richterin Hanan Melcer, veröffentlichte nach Beschwerden eine Richtlinie, wonach das Filmen von Wählern bei der Stimmabgabe in einem Wahllokal illegal sei. Ein Mann wurde festgenommen.
Die Wahlbeteiligung lag zu Mittag um rund 2 Prozent niedriger als 2015 zu diesem Zeitpunkt. Vor allem arabische Israelis, die rund 20 Prozent der Bevölkerung ausmachen, dürften diesmal in geringerem Ausmass zu den Urnen gehen – ein Teil begründet den Boykott als Protesthaltung.
Netanyahu hatte während der Wahlkampagne erklärt, Israel sei ein Staat nur für Juden. Sein Herausforderer Benny Gantz hatte eine Koalition mit einer der beiden Listen der arabischen Parteien ausgeschlossen. In einem auf Facebook veröffentlichten Video warnte noch am Wahltag die Likud-Partei vor einem «geheimen Deal» zwischen dem blau-weissen zentristischen Bündnis von Gantz und arabischen Parteien. Das Bündnis bezeichnete die Behauptungen umgehend als «Lüge» und «Verschwörungstheorie».
Wahlgesetz aus den Fünfzigerjahren
Der Likud nutzte damit eine Lücke im Wahlgesetz, das aus den Fünfzigerjahren stammt. Dort wird explizit Werbung am Wahltag in Radio und Fernsehen verboten – soziale Medien gab es damals noch nicht, diese werden deshalb in dem Gesetz nicht erwähnt. Eine Gesetzesänderung, die eine Aufnahme der sozialen Medien, wie vom zentralen Wahlkomitee empfohlen, vorgesehen hätte, hatte der Likud knapp vor der Wahl verhindert.
Netanyahu, der zum fünften Mal Premierminister werden möchte, zeigte sich bei der Stimmabgabe ebenso siegesgewiss wie sein Herausforderer Gantz. In den letzten Umfragen, die vor der Wahl publiziert wurden, lag Gantz vorne, aber Netanyahu werden bessere Chancen auf eine Regierungsbildung zugebilligt. Rechte Parteien dürften die Mehrheit der 120 Sitze in der Knesset erobern.
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