Zürcher VerwaltungsgerichtGericht kippt Nothilfe für Kitas
Im April entschied der Zürcher Regierungsrat per Notverordnung, Kitas zu unterstützen. Nicht rechtens, sagt jetzt das Verwaltungsgericht. Der Kanton sieht es gelassen.

Der Bund ging beim Geldverteilen grosszügig vor. Firmen, Kulturinstitute, Medien – viele profitierten von den Notkrediten aus Bern. Nur die Kitas gingen vorerst leer aus.
Ende April versprach der Kanton den darbenden Betreuungsinstituten nun Hilfe in Form einer Notverordnung. «Sobald die Massnahmen im Zusammenhang mit Covid-19 aufgehoben sind, werden die gesamten Betreuungskapazitäten wieder benötigt», so die Begründung. «Deshalb hat der Regierungsrat eine Notverordnung erlassen, um die privaten Betreuungseinrichtungen finanziell zu unterstützen und das Betreuungsangebot damit sicherzustellen.»
Kanton hat Kompetenzen überschritten
Diese Notverordnung hat das Zürcher Verwaltungsgericht nun überraschend einkassiert. Die Begründung: Der Kanton hat nicht die Kompetenz, Notverordnungen zum Schutz vor einem sozialen oder wirtschaftlichen Notstand zu erlassen. Es fehle schlicht die gesetzliche Grundlage. Das Verwaltungsgericht zieht eine enge Grenze für die Notverordnungskompetenzen des Regierungsrats. Sie beschränkten sich «auf Massnahmen zum Schutz der sogenannten klassischen Polizeigüter», wozu insbesondere Leib und Leben, Eigentum sowie die Freiheit zählen.
Gegen den Kanton geklagt hat die Gemeinde Oberglatt. «Unsere Beschwerde beim Verwaltungsgericht richtete sich nicht gegen Kitas», sagt Gemeindepräsident Roger Rauper auf Anfrage. «Wir wollen uns nicht vom Kanton Kosten aufzwingen lassen.» Wie hoch diese sein könnten und wer dafür aufkommen muss, hat der Kanton vorgerechnet. Die Unterstützung der etwa 20’000 Betreuungsplätze in den 700 Kitas sowie die rund 400 Plätze in Tagesfamilien veranschlagen demnach Kanton und Gemeinden je bis zu 13 Millionen Franken pro Monat.
«Wir möchten nicht flächendeckend Geld verteilen»
Gehen Kitas nun doch wieder leer aus? «Der Entscheid spielt für uns praktisch keine Rolle», sagt André Woodtli, Chef des Amts für Jugend und Berufsberatung. Sie hätten sich ohnehin überlegt, die Verordnung aufzuheben.
Der Grund: Der Bund hat letzte Woche eine nationale Kita-Hilfe beschlossen und 65 Millionen in Aussicht gestellt. Für die Kitas und Tagesfamilien ändere sich in der Praxis kaum etwas, da die Bundeslösung jener des Kantons Zürich ähnele, so Woodtli.
Wie stark sich die Gemeinden und der Kanton nun finanziell beteiligen müssen, ist noch unklar. Aktuell erarbeitet der Regierungsrat eine neue Verordnung. Gut möglich, dass Oberglatt trotzdem wieder zahlen muss.
Simon Huwiler ist Redaktor und Entwickler beim «Tages-Anzeiger» mit Fokus auf datengetriebene Recherchen.
Mehr Infos@simon_huwilerPatrice Siegrist ist stellvertretender Leiter Zürich Politik & Wirtschaft. Er schreibt für Geschichten auch Code. An der Universität Zürich studierte er Politikwissenschaften und ist seit 2015 beim «Tages-Anzeiger».
Mehr Infos@pasiegristFehler gefunden?Jetzt melden.