Video soll Explosion der Bombendrohne zeigen
Die Fluggeräte, die in der Nähe von Präsident Nicolás Maduro explodierten, wurden offenbar von Kameras festgehalten.
Wenn Venezuelas Staatschef Nicolás Maduro eine Rede hält, werden die Medien oft in «Ketten» gelegt (Spanisch: «cadena»). Dann werden die Signale aller nationalen TV- und Radiosender unterbrochen und die Ansprache des Präsidenten übertragen. Gemäss Zahlen der NGO «Monitoreo Ciudadano» übernimmt der Präsident so durchschnittlich viermal pro Woche für 50 Minuten Venezuelas TV- und Radiokanäle.
Und so wurde am Samstag ein mutmasslicher Anschlagsversuch auf den venezolanischen Diktator als «cadena» über alle nationalen Kanäle ausgestrahlt. Eine Explosion schnitt Maduro mitten in der Rede das Wort ab: «Die Stunde der wirtschaftlichen Erholung ist gekommen und wir brauch...»
Man sah, wie Maduros Ehefrau Cilia Flores zusammenzuckte und wie beide in den Himmel blickten. Dann wurde eine Totale der Militärparade übertragen, die zeigte, wie Hunderte Soldaten panisch ihre Formation aufbrachen. Auf der Audiospur waren noch Maduros Bodyguards zu hören, die den Präsidenten mit kugelsicheren Schilden schützten: «Zudecken, zudecken, zudecken!» Dann brach die offizielle Übertragung ab.

Zwei Tage nach dem Vorfall sind nun Videoaufnahmen aufgetaucht, die die Version der Regierung teilweise zu belegen scheinen, wonach zwei mit Sprengstoff beladene Drohnen explodiert waren. Der Ex-Militär und Sicherheitsberater Cesar Guardiola veröffentlichte ein erstes Video, das eine fliegende Drohne zeigt, während im Hintergrund Maduros Stimme zu hören ist. Dann explodiert das Fluggerät vor laufender Kamera. (Oben sehen Sie beide Videos nebeneinander synchronisiert.)
Die Authentizität des Videos liess sich bislang nicht unabhängig bestätigen. Mehrere Augenzeugen bestätigten am Sonntag verschiedenen Journalisten vor Ort allerdings, diese erste Explosion gesehen zu haben. «Wir sahen Funken, als ob ein Transformator explodiert wäre, und dann hörten wir die Explosion», sagte zum Beispiel ein Augenzeuge zur Reuters-Reporterin Alexandra Ulmer.
Eine zweite Explosion ereignete sich bei einem Wohnblock in der Nähe – offenbar nur wenige Minuten nach der ersten Explosion. Die Nachrichtenagentur AP berichtete, dass gemäss Feuerwehrleuten ein Gastank im Haus explodiert war. Am Sonntag sprachen Journalisten mit mehreren Augenzeugen, die diese Version dementierten. Ein Anwohner sagte der Korrespondentin der «Washington Post», er habe gesehen, dass eine Drohne abgestürzt und explodiert sei. Diese Explosion habe das Feuer verursacht. «Es war keine Gasexplosion», versicherte der Mann.
Reporter der Lokalmedien «Runrunes» und «Efecto Cocuyo» hatten Zugang zum Wohnblock und berichteten ebenfalls, dass gemäss den Anwohnern die Drohne gegen die Fassade des Gebäudes prallte, dann explodierte und so das Feuer verursachte.
Dem TV-Sender Telemundo liegt ein Video vor, das den Absturz dieser zweiten Drohne festhält. Im bislang veröffentlichten Ausschnitt ist allerdings nicht zu sehen, was nach dem Absturz passierte und das Feuer verursachte.
Zwei Augenzeugen haben später gesehen, wie Sicherheitskräfte einen schwarzen Chevrolet anhielten und drei Männer verhafteten, berichtete Reuters-Reporterin Ulmer. Sie hätten dem Auto Objekte entnommen, die «wie Fernbedienungen, Computer und Tablets» aussahen.
Insgesamt scheint sich also zu bestätigen, dass tatsächlich zwei mit Sprengstoff beladene Drohnen explodiert waren. Hinsichtlich der Urheberschaft herrscht allerdings weiterhin Unklarheit.
«Sie haben versucht, mich umzubringen»
Der Präsident selbst gab sich bereits Stunden nach dem Vorfall sicher: «Es war ein Anschlag, um mich zu töten. Heute haben sie versucht, mich umzubringen», sagte Maduro kurze Zeit nach dem Zwischenfall in einer zweiten «cadena». Er habe «keinen Zweifel», dass «ultrarechte» Kreise in Venezuela und Kolumbien dahintersteckten.
Letztlich trage der scheidende kolumbianische Präsident und Nobelpreisträger Juan Manuel Santos die Verantwortung für den mutmasslichen Anschlagsversuch, so Maduro. «Diese Drohne galt mir. Aber es gab ein Schutzschild der Liebe», sagte der venezolanische Präsident. «Ich bin mir sicher, dass ich noch viele Jahre leben werde.» Die «Geldgeber» des «Attentats» sässen in den USA, «im Bundesstaat Florida».

Kolumbien wies Maduros Äusserungen zurück. Das Aussenministerium in Bogotá bezeichnete sie als «absurd» und erklärte, die Anschuldigungen entbehrten jeder Grundlage. Auch Donald Trumps Nationaler Sicherheitsberater John Bolton erklärte, es gebe «keinerlei Beteiligung» der US-Regierung an dem Vorfall.
Unprofessionelle Reaktion der Sicherheitskräfte
Zur Unklarheit trug das vermeintliche Bekenntnis einer bislang unbekannten Rebellengruppe bei. Die «Soldados de Franelas» (T-Shirt-Soldaten), die sich als «patriotische Militärs und Zivilisten» bezeichneten, bezeichneten sich auf Twitter als Autoren des Drohnenanschlags.
Ehemalige Militärs zeigten sich verwundert über die Umstände des Vorfalls. So sei auf der Strasse Avenida Bolívar niemals zuvor eine Militärparade abgehalten worden, weil der Ort schlecht zu schützen sei. Auch die Reaktion der Sicherheitskräfte nach den Detonationen sei unprofessionell gewesen, sagte der frühere General Gonzalo García Ordóñez der Zeitung «El Nacional». Der General zeigte sich erstaunt, wie schnell die Regierung von einem Attentat sprach.
Systematischer Verstoss gegen Menschenrechte
Die demokratische Opposition befürchtet, dass Maduro aus der Situation Nutzen zieht und nun massiv gegen sie vorgeht. Es sei auch zu befürchten, dass die Unterdrückung und der systematische Verstoss gegen Menschenrechte noch ausgeweitet würden, war zu hören. Die wichtigsten Oppositionsführer sind im Gefängnis, im Exil oder wurden von der Abstimmung ausgeschlossen. Die Wahl wurde von der Europäischen Union, den USA und vielen Nachbarstaaten nicht anerkannt.
Nach dem möglichen Anschlag haben die Sicherheitskräfte eine Grossfahndung nach den Tätern eingeleitet. Sechs Verdächtige seien bereits festgenommen worden, sagte Innenminister Néstor Reverol am Sonntag (Ortszeit). Sieben Nationalgardisten erlitten nach offiziellen Angaben teils schwere Verletzungen.
Venezuela leidet seit langem unter einer schweren Wirtschafts- und Versorgungskrise, internationale Organisationen warnen vor einer humanitären Notlage. Das Land mit den grössten Ölreserven der Welt kämpft mit einer Hyperinflation – die Preise explodieren, und damit verliert das Geld rasant an Wert.
(Mit Informationen der Nachrichtenagentur SDA)
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch