«Viele Frauen sind wütend»
Virginia Köpfli, 22-jährige Studentin aus Zug, hat sich im Vorfeld stark für den «Women's March» engagiert. Das hat auch persönliche Gründe.

Wie erlebst du den Marsch derzeit?
Ich bin gerade überwältigt von diesen vielen Menschen, die trotz des Regens heute gekommen sind. Es ist ein absolutes Glücksgefühl. All diese Menschen, die sich mit uns Frauen solidarisieren: Das gibt mir Kraft.
Weshalb braucht es denn einen Frauenmarsch in Zürich?
Themen wie Lohngleichheit, der hohe Anteil an Gratisarbeit, den Frauen leisten, sexuelle Gewalt, fehlende Rechte für LGBTQ-Menschen – dies sind Themen, die nicht auf der politischen Agenda stehen und nicht behandelt werden. Ich glaube, das ist unter anderem auch, weil unsere politische Öffentlichkeit so männlich geprägt ist. Deshalb braucht es diesen Marsch, denn viele Frauen sind wütend. Wir wollen, dass diese Themen angesprochen werden.
Lassen sich diese Probleme politisch lösen?
Ich glaube ja, denn ich sehe Politik als eine Auseinandersetzung mit der Gesellschaft, in der die Themen bis zum Individuum hinunter besprochen werden können. Das Rollendenken und die Stereotypen, die in unserer Gesellschaft verankert sind, könnten zum Beispiel über die Bildung angegangen werden.
Wie wurdest du zur Feministin?
Dies ist eine schwierige Geschichte: Zuerst waren mir die Feministinnen zu extrem. Aber ich musste selbst einen sexuellen Übergriff erleben und diese Erfahrung hat mich politisiert. Dieses Erlebnis, das sich nie mehr rückgängig machen lässt, hat mich zur Feministin gemacht. Ich spreche über diese Erfahrung, weil ich denen Mut machen möchte, die Ähnliches erlebt haben. Ich will zeigen, dass sexuelle Gewalt nicht gegen die Einzelperson gerichtet ist, sondern dass es in unserer Gesellschaft strukturell sexuelle Gewalt gibt.
Welchen Platz nimmt Feminismus in deinem Leben ein?
(lacht) Einen extrem grossen Platz. Ich glaube, Feminismus kann man nicht nebenher leben. Es reicht auch nicht, Feminismus nur politisch zu vertreten. Vielmehr hat es mit einem Lebensstil zu tun. Dazu gehört auch, sich mit dem Thema «Privilegien» zu beschäftigen: Ich bin eine weisse Frau die beispielsweise gegenüber transsexuellen Menschen privilegiert ist. Das zu wissen und für Gleichberechtigung zu kämpfen, mag unbequem sein, gehört aber auch zu meinem Feminismus.
Der Frauenmarsch in Zürich ist das Ende einer Veranstaltungsreihe, die unter dem Dach der «We can't keep quiet»- Bewegung stattgefunden hat. Wie geht es weiter?
Es ist noch vieles unklar. Zuerst müssen nun politische Inhalte miteinander ausdiskutiert werden. Es wird sicher in naher Zukunft Treffen geben, wo festgelegt wird, wo die politischen Schwerpunkte liegen. Wir träumen aber sicherlich von einer nachhaltige Bewegung hier in der Schweiz.
Wird es weitere Märsche geben?
Wir werden Personen, die in weiteren Städten einen Marsch organisieren wollen, sicherlich unterstützen. Ich glaube aber, dass Märsche nicht das einzige Mittel sind. Die heutige Veranstaltung war ein Startschuss, um nun politisch aktiv werden zu können. Aber wer weiss, vielleicht gibt es in ein paar Jahren wieder einen Marsch.
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