Volk steht hinter dem Bundesrat – Nationalrat unentschlossen
80 Prozent des Volks unterstützen den Entscheid des Bundesrats zum Atomausstieg. Gemäss einer Umfrage findet der Entschluss im Nationalrat jedoch nur eine hauchdünne Mehrheit.

Die Schweizer Bevölkerung war noch nie so klar für den Atomausstieg. Laut einer Isopublic-Umfrage unterstützen 80 Prozent der Schweizer die Politik des Bundesrates, die Atomkraftwerke am Ende ihrer Laufzeit nicht mehr durch neue AKW zu ersetzen.
Die Umfrage wurde im Auftrag der SonntagsZeitung unter 503 Stimmberechtigten durchgeführt.
Zustimmung direkt nach Fukushima tiefer
Vor zweieinhalb Monaten, kurz nach der Atomkatastrophe in Fukushima waren 74 Prozent für den Ausstieg. Inzwischen beträgt die Zustimmung in allen Bevölkerungsschichten und Regionen und bei beiden Geschlechtern und allen Altersgruppen über 75 Prozent, wie die SonntagsZeitung schreibt.
Auch Anhänger der Mitteparteien CVP, BDP und FDP sind demnach klar für einen Ausstieg. Sympathisanten von SP und Grünen sprechen sich fast zu 100 Prozent dafür aus. Bei SVP-Anhängern findet ein Ausstieg ebenfalls eine Mehrheit. Über 63 Prozent der Befragten finden den Entscheid trotz eines prognostizierten Anstiegs des Strompreises richtig.
Nationalrat: Hauchdünne Mehrheit für Atom-Ausstieg
Auf dem politischen Parkett, findet der Entscheid des Bundesrats, der am 8. Juni zur Abstimmung kommt, weniger Zustimmung. Die Nase vorn haben die AKW-Gegner, wie eine Umfrage der Zeitung «Der Sonntag» bei allen CVP-Nationalräten zeigt: 22 schliessen sich dem Bundesrat an und wollen am 8. Juni den Verzicht auf neue AKW ins Gesetz.
Grüne, Grünliberale, SP, EVP und BDP stimmen dem Ausstieg geschlossen zu. Zu ihnen gesellen sich mindestens drei FDP-Nationalräte: Peter Malama (BS), Otto Ineichen (LU) und Ruedi Noser (ZH). Die drei versichern der Zeitung «Der Sonntag» auf Anfrage, dass sie Ja stimmen wollen zu den Motionen von Roberto Schmidt (CVP) und Hans Grunder (BDP), welche den Grundstein für den Atom-Ausstieg legen. Damit sprechen sich heute total 99 von 200 Nationalräte für den Ausstieg aus.
CVP gibt sich siegessicher
Das Nein-Lager kommt auf maximal 96 Stimmen. Die CVP gibt sich siegessicher: «Ich bin zuversichtlich», sagt CVP-Präsident Christophe Darbellay. «Die CVP hat die Energiewende im Bundesrat geschafft. Jetzt werden wir alles dafür tun, dass das Parlament diesen Weg bestätigt.» Und er dürfte recht bekommen: Denn von den acht CVP-Nationalräten, die sich gegen den aus ihrer Sicht überhasteten Ausstieg wehren oder sich noch nicht äussern wollen, dürften sich letztlich mehrere der Stimme enthalten – aus Parteiräson und aus Rücksicht auf ihre Bundesrätin Doris Leuthard.
Auch aus den Reihen der FDP erhoffen sich die Ausstiegsbefürworter noch etwas Support. «Ich werde jedenfalls alles versuchen, die eine oder andere Stimme bei uns zu gewinnen», sagt Malama. «Das ist eine einmalige Chance – auch für die Wirtschaft.» Optimistisch gibt sich auch Ineichen. «Die FDP wird die Chance nutzen.» Anders sieht dies die Parteispitze. Sie denkt nicht daran, auf den Bundesrats-Kurs einzuschwenken.
FDP will offenbar Kernenergie retten
«Wir wollen kein Technologieverbot», sagt etwa FDP-Nationalrat und Energievordenker Filippo Leutenegger. Im Klartext: Die FDP will die Option Kernenergie retten. Als Kompromiss schlägt die Parteileitung deshalb ihren Mitgliedern an der Fraktionssitzung vom Dienstag vor, sich via Motion gegen den Neubau von AKWs des heutigen Typus auszusprechen. Im Gegenzug will sie AKWs einer neuen, sichereren Generation weiterhin zuzulassen, wie Nationalrat Jacques Bourgeois erklärt, der die parteiinterne Energiefachkommission leitet.
In einer zweiten Motion fordert die FDP zudem, dass im Jahre 2025 eine AKW-Volksabstimmung anzusetzen sei. Faktisch entspricht dies einem 15-jährigen Moratorium, auch wenn Bourgeois dieser Interpretation vehement widerspricht.
Fehler gefunden?Jetzt melden.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch