Vollmond über Erlenbach
Einmal im Monat treffen sich Leute von weither an der Goldküste zur Meditation. An exklusivster Lage. Möglich macht dies Verleger-Gattin Regula Curti, die hier das spirituelle Zentrum Seeschau betreibt.
Erlenbach - Auf den ersten Blick sieht alles so aus, wie man sich das klassische Refugium der Schönen und Reichen an der Goldküste vorstellt: Vor neugierigen Blicken geschützt durch eine graue Mauer, erstreckt sich an bester Lage ein Garten bis direkt an den See. Mittendrin stehen ein mächtiger Baum und ein Haus, das direkt aus einer Architekturzeitschrift entsprungen scheint. Nüchterne Formen, Minimalismus aus Beton, Holz und Stahl, grosse Glasfronten, helle Farben.
Doch das Haus an der Seestrasse 106 in Erlenbach ist ein Spezialfall. Haus der klingenden Leere heisst es, bekannt ist es auch unter dem Namen Seeschau. An diesem milden Abend flackern im zentralen Raum die Kerzen, es liegt eine erwartungsvolle Spannung in der Luft. Man hört gedämpfte Stimmen, Bekannte werden begrüsst, einige sitzen schweigend. Es ist Vollmond. Das hat Besucher von weither angelockt, nicht nur von der Goldküste, aus der ganzen Schweiz - vereinzelt sind sie sogar extra aus Deutschland angereist. So wie jeden Monat, wenn Silke Schäfer zur Vollmond-Meditation lädt.
Eine Vision wird verwirklicht
Nicht Schäfer ist aber die Hausherrin hier, sondern ihre prominente Kollegin Regula Curti, die Frau des Unternehmers Beat Curti. Vor 10 Jahren hat sie auf ihrem Privatgrundstück die Seeschau eröffnet. Finanziert habe den Bau zwar ihr Mann, mittlerweile sei das Zentrum jedoch selbsttragend. Es ist der Ort, an dem sie ihre Vision einer «zeitgemässen Spiritualität» realisiert.
Angefangen hatte alles während einer Asienreise, als Curti, ursprünglich Pädagogin und Musikerin, erstmals mit Yoga in Kontakt kam. Sofort war ihr klar, dass sie diese Techniken auch beherrschen wollte. «Ich war fasziniert von diesem Streben nach Harmonie zwischen Geist und Körper», erinnert sie sich. Zweifellos schwebte ihr auch das Vorbild ihres Grossvaters vor: «Er lebte fast wie ein Yogi, stand früh auf, machte seine Übungen und legte viel Wert auf eine gesunde Lebenshaltung.»
Uranus und Vulkanausbruch
Das möchte sie weitervermitteln: Regula Curti will ihren Beitrag leisten zu einem verantwortungsvollen Miteinander und zu mehr Achtsamkeit im Alltag. Zusammen mit drei anderen Lehrerinnen leitet sie in der Seeschau Yoga-Kurse. Ihre Kollegin Silke Schäfer übernimmt den Part der Meditationslehrerin.
Diese ist mittlerweile vor ihr Publikum getreten. Das Getuschel verstummt. Es sind überwiegend Frauen gekommen, ein paar Dutzend, aber auch der eine oder andere Ehemann ist dabei. Wie lernbegierige Schüler lauschen sie alle gebannt Schäfers Ausführungen, als diese über das Tierkreiszeichen des Stiers spricht, über mögliche Zusammenhänge des Weltgeschehens mit der jetzigen Sternenkonstellation. Den Vulkanausbruch in Island sieht sie «im Spannungsfeld zwischen Uranus und Saturn», und sie betont, wie verletzlich unsere hoch entwickelte Technologie sei. Dann spricht sie die Worte: «Ich sehe, und wenn das Auge geöffnet ist, ist alles erleuchtet.» Die Meditation beginnt. Es wird still in der Seeschau, nur manchmal hört man ein unterdrücktes Husten.
Schäfer, eine Norddeutsche, die aus der TV-und Filmbranche kommt, hatte ihre entscheidende Eingebung eines Tages in der australischen Wüste. «Über mir sah ich den riesigen Sternenhimmel», sagt sie, «da durchfuhr es mich wie ein Blitz: Ich wusste plötzlich, dass ich mich mit den Sternen befassen musste.» Das macht sie mit offensichtlichem Erfolg. Er finde es toll, wie Silke das mache, sagt etwa Urs Dieter, der jeweils extra aus Zug anreist, um an der Meditation teilzunehmen. Er komme nach Erlenbach, um Kraft zu teilen, sagt er. Er vermittle auch beruflich «spirituelle Werte», und zwar in Unternehmen.
«Das Haus ruft die Menschen»
Das dürfte Regula Curti darin bestärken, dass die Seeschau ein vorhandenes Bedürfnis abdeckt. Es seien Menschen aus allen sozialen Schichten, die nach Erlenbach kämen. «Ich glaube, das Haus ruft die Menschen, denn ich mache keine Werbung», sagt sie und lächelt. Ganz besonders am Herzen liegt ihr Yoga für Kinder und Jugendliche.
Sie wählt ihre Worte sorgfältig, um das zu erklären: «Unsere Kinder stehen unter enormen Leistungsdruck und laufen Gefahr, in einer fiktiven Welt den Bezug zur Menschlichkeit zu verlieren.» Ihrem Wunsch nach Toleranz und Frieden hat sie unlängst auch musikalisch Ausdruck verliehen - mit prominenter Unterstützung: Seit Jahren zählt Curti die Wahl-Küsnachterin Tina Turner zu ihrem Freundeskreis, dank dem gemeinsamen Interesse an Spiritualität. Im Verbund mit der Tibeterin Dechen Shak-Dagsay nahmen sie die CD «Beyond» auf, auf der sie tibetische Mantras und christliche Gebete verbinden. Bald schon wird ein Nachfolger erscheinen, und auch an «Beyond for Children» arbeitet Regula Curti derzeit. Der Seeschau geht die Energie offensichtlich noch lange nicht aus - Vollmond hin oder her.
Heute Donnerstag, 27. Mai, 19.30 Uhr erneut Vollmond-Meditation in der Seeschau. Es ist allerdings eine Anmeldung notwendig. www.seeschau.ch, www.silkeschaefer.com. Regula Curti vor dem grossen Baum im Garten des Hauses der klingenden Leere. Foto: Daniel Kellenberger
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