Von der Antarktis ist keine Hilfe zu erwarten
Das klang verheissungsvoll: Weil es am Südpol häufiger als früher schneit, wird Wasser gebunden – und der Meeresspiegel steigt weniger stark an. Nun sind Forscher aber zu einem unerwarteten Resultat gekommen.

Eine Hoffnung weniger: Die Antarktis taugt offenbar doch nicht zum natürlichen Puffer gegen den klimabedingten Meeresspiegelanstieg, wie aus einer neuen Untersuchung des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) hervorgeht. Zwar wird der Treibhauseffekt am Südpol zu mehr Schneefall führen und so jede Menge Wasser binden, teilte das Institut am Donnerstag in Potsdam mit. Durch das zusätzliche Gewicht wird das Eis aber schneller ins Meer gedrückt, wo es schmilzt. Dieser bisher unterschätzte Effekt mache dann einen grossen Teil der erwarteten «Rückhaltewirkung» wieder zunichte.
«Wir wissen jetzt, dass der Schneefall in der Antarktis uns nicht vor dem Anstieg des Meeresspiegels retten wird», erklärte der Mitverfasser der Studie und PIK-Forschungsbereichsleiter Anders Levermann. Er und seine Kollegen des PIK-Autorenteams kamen aufgrund eisphysikalischer Computersimulationen zu dem Schluss, dass zwischen 30 und 65 Prozent des schneefallbedingten Eiszuwachses durch den beschleunigten Abfluss ins Meer gleich wieder verloren gehen wird. «Der Meeresspiegel steigt – das ist Tatsache. Jetzt müssen wir verstehen, wie viel Zeit uns bleibt, um die Infrastruktur an unseren Küsten anzupassen.»
Klimawandel führt zu mehr Schneefall
Der Klimawandel führt in der Antarktis Prognosen zufolge zu deutlich mehr Schneefall, weil wärmere Luft generell mehr Feuchtigkeit speichern kann als kältere. Stärkere Niederschläge werden auch anderswo eine Begleiterscheinung des erwarteten Temperaturanstiegs durch die Emission von Treibhausgasen wie CO2 sein. Die Staatengemeinschaft will die Erderwärmung möglichst auf zwei Grad begrenzen. Es gilt angesichts schleppender internationaler Verhandlungen aber als zunehmend unwahrscheinlich, dass dieses Ziel noch erreicht werden kann.
Bislang hatten zumindest einige Klimaexperten gehofft, dass dem globalen Wasserkreislauf durch die Ablagerung des neuen Eises auf der riesigen Landmasse des antarktischen Kontinents derartig grosse Volumen entzogen würden, dass der globale Meeresspiegelanstieg für die nächsten 100 Jahre gebremst werden könnte. Die Zusammenhänge sind offenbar aber erheblich komplizierter, wie die nun in der renommierten Fachzeitschrift «Nature» veröffentliche PIK-Studie nahelegt.
Der Meeresspiegelanstieg gilt als eine der potenziell katastrophalsten Folgen des Klimawandels. Durch das Abschmelzen riesiger Eisschilde vor allem auf dem wesentlich temperaturempfindlicheren Grönland nahe dem Nordpol werden allein im kommenden Jahrhundert neuen Studien zufolge bis zu einem Meter höhere Pegel erwartet. Da weltweit Hunderte Millionen Menschen in dichtbesiedelten Küstengebieten leben und dort ein Grossteil der Weltwirtschaft konzentriert ist, hätten Überflutungen mutmasslich verheerende Auswirkungen auf die Stabilität dieser Länder.
AFP/mw
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